Mein Leben in 80 B
Inhaltsübersicht]
19. Kapitel
Ich überlegte kurz, es so zu machen wie Samantha in
Sex and the City
und mich mit Sushi bedeckt nackt auf den Küchentresen zu legen. Aber angesichts der Jahreszeit kam ich wieder davon ab und entschied mich für den Klassiker: Überall verteilte ich Kerzen, ließ frühzeitig eine gute Flasche Rotwein vor sich hin atmen, besorgte Blumen und stellte sie in die große Bodenvase neben dem Tisch. Tatsächlich gelang es mir mit Hilfe meiner Kochbuchsammlung und zwei Telefonaten mit Oma Etti, etwas zusammenzustellen, das Ähnlichkeit mit einem Menü hatte.
Jetzt saß ich mit einem Glas Sherry in einem eleganten kleinen Schwarzen und meinen heißesten roten Dessous (so wie die Italienerinnen, die zum Jahreswechsel als Glücksbringer rote Unterwäsche trugen) auf dem Sofa. Ich starrte in das brennende Kaminfeuer und versuchte, mir vorzustellen, wie der Abend verlaufen würde. Noch immer hatte ich keinen blassen Schimmer, wie ich reagieren sollte, wenn Toni mir angesichts meines festlichen Auftritts eine große Beichte über seine außerehelichen Aktivitäten ablegte. Noch weniger wusste ich, wie ich damit klarkommen würde, wenn er mich weiter belog.
Zum Glück wurden meine Grübeleien bald durch das Geräusch des Schlüssels in der Tür, ein Rumpeln, als Toni seine Tasche auf den Boden im Flur fallen ließ, und ein fröhliches «Hallooo, jemand zu Hause?» unterbrochen.
Kurz darauf stand Toni mit einem Gesichtsausdruck zwischen Überraschung und Erschrecken im Eingang zum Wohnbereich. Er schnupperte dem Duft aus dem Backofen nach und lächelte mich verlegen an, als ich auf ihn zukam.
«Hab ich was vergessen? Hochzeitstag? Jahrestag? Haben wir im Lotto gewonnen?»
Ich küsste ihn auf beide Wangen und hauchte «Willkommen zu Hause» in sein Ohr. «Ich wollte uns mal wieder einen romantischen Abend machen», erklärte ich ihm. «Setz dich doch, ich habe eine Kleinigkeit vorbereitet.»
«So kenne ich dich ja gar nicht. Du bist doch sonst nicht gerade begeistert, was Menüfolgen angeht. Erkenne ich da den Einfluss einer gewissen Freundin? Hat Elissa dir etwa beigebracht, dass essen mehr ist als bloße Nahrungsaufnahme?» Toni ging zu dem alten schwarzen Apothekerschrank, in dem wir die Gläser und Spirituosen aufbewahrten, und schenkte sich einen Malt-Whisky ein. «Das riecht phantastisch. Sind die Kinder nicht da?» Er deutete mit dem Kinn in Richtung Tisch, auf dem nur zwei Gedecke standen.
«Wir sind ganz für uns. Nur du und ich und unsere Geheimnisse.» Bildete ich mir das ein, oder überzog Tonis Gesicht eine ganz leichte Röte? Hatte er nicht eben auffallend hastig noch einen Schluck Malt gekippt, um mich nicht ansehen zu müssen? Ich ging hinter den Küchenblock, um im Ofen nach dem Rinderfilet zu sehen.
Toni blickte in sein Glas, schenkte sich nach und starrte dann mit leerem Blick aus dem Fenster in unseren dunklen Garten. Ja, mein Lieber, nun lass dir schnell etwas einfallen, wie du aus der Nummer wieder herauskommst, dachte ich. Wäre ich nicht so unglaublich verletzt gewesen, hätte mir dieser Abend sogar Spaß gemacht.
«Setz dich, es gibt gleich die Vorspeise. Möchtest du ein Glas Champagner oder lieber Weißwein? Ich habe Krabben und Thai-Spargel auf einem Bett von Rote-Bete-Sprossen vorbereitet, dazu passt beides.»
Toni lachte. Er lachte mich und meine Bemühungen um einen kulinarisch erleuchteten Abend einfach aus.
«Du klingst wie diese Typen in den Restaurants, wo meine Geschäftsessen stattfinden. ‹Auf einem Bett von› oder ‹im Sößchen aus› … Werde ich heute Abend auch satt? Ich habe nämlich riesigen Hunger.» Toni fläzte sich in seinen Stuhl am Esstisch, und ich hatte Mühe, die Ruhe zu bewahren.
Vielleicht war es doch keine gute Idee, diesen Mann an meiner Seite halten zu wollen? Wie konnte ich jemanden lieben, der meine Anstrengungen um unsere Beziehung nicht einen Hauch zu schätzen wusste? Wieso wollte ich einen Kerl, der sich über meine Kochkünste lustig machte, wenn ich selbst mit einer Dose Ravioli glücklich sein konnte? Einen Moment war ich kurz davor, den Herd abzuschalten, meinen Koffer zu packen und ganz weit weg zu fahren.
Aber dann sah ich Tonis lachende Augen, seine vom Alkohol geröteten Bäckchen und seine Vorfreude auf das Essen und wusste wieder, warum ich ihn geheiratet hatte und seine Frau bleiben wollte.
«Ich nehme Champagner! Wenn ich schon in den besonderen Genuss komme, dass meine Frau mir ein Sternemenü kocht, will
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