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Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Titel: Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bud Spencer
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hatten, kamen wir dank des Ersparten »unter dem Kopfkissen« und dank meiner Mutter über die Runden. Sie wurde spontan zur Schneiderin und bestickte Taschentücher, die dann verkauft wurden, mit dem Abbild des Kolosseums. So hatten wir die eine oder andere Lira, später auch die »AM-Lira«: Das war die Währung, die die Amerikaner für ihre in Italien stationierten Truppen druckten. Allerdings hatte diese Währung nur kurzen Bestand. Die italienische Regierung protestierte gegen sie, weil ihre Emission im Handumdrehen zu einer Inflation des Marktes führte; außerdem waren diese Banknoten sehr leicht zu fälschen.
     
    *
     
    Meine Mutter war wunderschön, sie hatte blondes Haar und zwei leuchtend blaue Augen. Ohne Frage war sie es, die die Familie im Gleichgewicht hielt, denn mein Vater, der seinen Betrieb verloren hatte, verfiel in Depressionen. Ich selbst schlug mich - wie sehr viele andere - mit kleineren Diebstählen durch.
    Mich erreichte die Nachricht, dass im Stadtviertel Settebagni ein unbewachter und vollbeladener Zug stand.
    Etliche Leute aus dem Viertel Salario setzten sich in diese Richtung in Bewegung, um den Zug zu plündern. Auch ich kam mit, und zwar auf meinem Fahrrad von der Marke Bianchi, das mein Vater mir geschenkt hatte. Auf dem Gepäckträger nahm ich einen Freund mit. Wir räumten die Waggons aus, aber es gelang uns nur, einen einzigen Sack Mehl unter großen Mühen davonzuschleppen, der mindestens sechzig Kilogramm wog. Auf unserem Heimweg stellte sich uns aber plötzlich ein Typ in den Weg, der uns mit vorgehaltener Waffe den Sack wieder abnahm.
    Aber da der Transport des Mehls so mühsam gewesen war, waren wir im Grunde genommen ganz erleichtert, dass uns jemand unser Diebesgut gleich wieder abgenommen hatte.
    Wir fuhren zum Zug zurück, wo ich mir schnell einen zylinderförmigen Behälter schnappte, ohne vorher hineinzuschauen.
    Mein Freund blieb noch dort, weil er auf der Suche nach Stoffen und Tüchern war, und ich machte mich auf den Heimweg. Auf der Höhe von Urbe, wo heute der Flughafen liegt, wurde ich erneut aufgehalten, aber diesmal von einem deutschen Kontrollposten - und zwar von den SS-Fallschirmjägern! Diesmal durchfuhr mich ein gewaltiger Schrecken, zum einen, weil es SS-Männer waren, aber auch, weil ich ein schlechtes Gewissen hatte, da ich gestohlen hatte. Sie hielten mich an, nahmen mir den Behälter ab, öffneten ihn ... und lachten los. Ich hatte eine Packung Knöpfe gestohlen. Auch das Fahrrad nahmen sie mir weg, weil sie glaubten, ich hätte das auch geklaut. In meinem rudimentären »Makkaroni-Deutsch« (Danke, Rosa Polacek!) fing ich an, zu heulen und zu jammern, dass dies aber mein Fahrrad sei, ein Geschenk meines Vaters, bis sie mich schließlich aus Mitleid - kein Witz, auch SS-Männer konnten ein Herz haben - wieder ziehen ließen. Wahrscheinlich war es dank der paar Brocken Deutsch, die mir meine Liebe Hauslehrerin Rosa Polacek beigebracht hatte, dass ich sie dazu erweichen konnte, und auch, weil sie ihren Spaß mit mir hatten. Meine eigenartige Beziehung mit den »Teutonen« endete aber keineswegs damals, wenn man bedenkt, dass Bud Spencer heute in Deutschland fast noch populärer ist als in Italien!
     
    *
     
    Ansonsten blieb ich meist zu Hause - und da ich aus einer wohlhabenden Familie stammte, bekam ich von der wirklich hässlichen Seite der deutschen Besatzung immer nur indirekt etwas mit. Dank unseres privilegierten Lebens erfuhr ich erst im Nachhinein, was passierte; unser Radio war ein Röhrenempfänger und wurde nicht oft benutzt. Den Hunger kannten wir nur in begrenzter Form: Wir aßen den »Formaggio Roma«, der wie ein Käse-Ersatz schmeckte. Dazu gab es deutsches Schwarzbrot. Die Eier besorgten wir auf dem Schwarzmarkt. Fleisch kam einmal in der Woche auf den Tisch. Viel schwieriger war vielmehr die Körperhygiene: 
    Eine Dusche existierte nicht, sondern nur ein Wanne, die wir mit einer begrenzten Menge von Wasser füllten, in der wir nacheinander ein Bad nahmen. Erst Mama, dann Papa, dann ich und zuletzt meine Schwester. Auch der Strom war rationiert: In Neapel gab es gar keinen, und in Rom behalfen wir uns oft mit Acetylen-Lampen als Lichtquelle. So kam es, dass ich sogar von so dramatischen Ereignissen wie dem Partisanen-Attentat in der Via Rasella - das später zu dem deutschen Massaker an unbewaffneten Zivilisten in den Ardeatinischen Höhlen führte - erst viel später erfuhr. Am 24. März 1944 wurden auf Befehl des SS-Poilizeichefs

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