Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie
wie die Mitglieder vom Schwimmclub »Romana Nuoto« herumgingen, um Geld für einen Bademantel zu sammeln, den sie mir schenken wollten, als ich italienischer Meister wurde. Im Sport steckte also kaum Geld, wir reisten dritter Klasse, stiegen aus, schwammen einen Wettkampf und fuhren dann wieder zurück. Wir bekamen nur die eine oder andere Schlagzeile, moralische Befriedigung und Einladungen zu Abendessen.
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Ich erinnere mich, dass während unserer Vorbereitung in Rom auf die Olympischen Spiele von Helsinki unser Trainer einmal zu einem Restaurant um die Ecke ging, um einen Pauschalpreis dafür auszuhandeln, dass die gesamte Mannschaft dort essen würde. Der Chef vom Restaurant schlug vor, ehrlich, wie er war, pro Person 750 Lire zu veranschlagen, was preislich schon über einem mittleren Essen lag. Aber der Trainer bot ihm 3000 Lire pro Kopf an. Statt einen niedrigeren Preis zu fordern, schlug er lieber einen höheren vor, weil er genau wusste, welche Riesenmengen wir verdrückten.
Am lustigsten wurde es aber dann, als der Restaurantchef uns tatsächlich essen sah. Er rief den Trainer in höchster Aufregung an und seine ersten Worte waren: »Ich widerrufe mein Angebot - entweder wir sagen 5000 Lire pro Kopf oder ich bin ruiniert!«
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Die Karriere eines Schwimmers geht mit Anfang zwanzig eigentlich schon ihrem Ende entgegen, sobald der Körper das Wachstum abgeschlossen hat und damit diese Geschmeidigkeit verliert, die fürs Leistungsschwimmen unerlässlich ist. Auch in dieser Hinsicht stellte ich eine echte Ausnahme dar. 1956 wurden mein Schwimmkollege Angelo Romani, der heute leider schon verstorben ist, und ich von der Universität Yale eingeladen, weil der beste Schwimmtrainer der Welt dort herausfinden wollte, wie es möglich war... dass jemand mit 26, 27 Jahren noch so fit sein konnte. Insbesondere ein Hochgeschwindigkeits-Schwimmer hat normalerweise eine sehr kurze Karriere.
Die medizinische Erklärung lautete in meinem Falle: ein Blutdruck von 90/60! Ein bekannter Kardiologe aus Turin fragte mich auch einmal ob ich häufiger in Ohnmacht fiele Angesichts meines niedrigen Blutdrucks und meines Pulses von 39 statt siebzig Schlägen pro Minute. 39 Pulsschläge pro Minute bedeutete, dass dein Herz unter körperlicher Belastung nur 110 mal schlug, während ein normales Sportlerherz 180 Schläge pro Minute macht. All diese Einzelheiten waren mir bis dahin nicht bekannt, denn damals wurden wir nicht so genauen wissenschaftlichen Untersuchungen unterworfen wie die Sportler von heute.
Yale war für mich wie ein netter Urlaub und eine Möglichkeit, Englisch zu lernen, aber natürlich gab es da auch einen Spielverderber: den Weltmeister Yamanaka, mit dem ich mehrere Monate ein Zimmer teilte und der mich beim Rektor anschwärzte, weil ich rauchte.
»Ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich esse wenig und lasse die Finger von den Frauen!«, tadelte mich Yamanaka erbost.
»Und wofür lebst du dann eigentlich?«, erwiderte ich mit einer Arroganz, die in meinen stetigen sportlichen Erfolgen wurzelte. In allem war ich exzessiv.
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Ich habe kein streitsüchtiges Temperament (wer hätte das gedacht?), und im Leben habe ich mich nur zweimal geprügelt. Das erste Mal war zu Olympia-Zeiten, genauer gesagt vor den Spielen in Helsinki. Wir trainierten Bozen, um uns an das kalte Klima zu gewöhnen. Die Leute um uns herum sprachen fast nur deutsch, und um uns zu ärgern, veranstalteten sie spät in der Nacht vor dem Hotel einen Heidenlärm, bis unser Trainer runterging und sie freundlich um etwas Ruhe bat, damit wir schlafen konnten.
Die Unruhestifter fingen an, die italienische Nationalmannschaft zu beschimpfen, und es kam fast so weit, dass sie unseren Coach verprügelten. Während wir vorher noch dem Treiben zugesehen hatten, gingen wir nun zu dritt runter, alle stämmig gebaut, und verpassten diesen unglückseligen Flegeln ihre Eintrittskarten für eine Nacht in der Notaufnahme.
Das zweite Mal, dass ich gegen jemanden handgreiflich werden musste, war in Rom, in der Via Nazionale. Ein radfahrender Schlachter bekam einen Schreck, als ich hinter ihm scharf bremsen musste, um nicht in ihn hineinzufahren, woraufhin er abstieg und mich anschrie, obwohl ich mich mehrfach entschuldigt hatte. Seine Drohungen gingen mir irgendwann so auf die Nerven, dass ich aus meinem Wagen ausstieg, um ihm zu erklären, dass ich nicht einer von denen sei, die sich gern von einem Flegel ins Gesicht brüllen ließen. Als
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