Mein Leben mit Wagner (German Edition)
entstehen bis Sommer 1847 (als letztes das Vorspiel). Um sich besser konzentrieren zu können, zieht Wagner zwischenzeitlich aufs Land, nach Graupa in der Nähe von Pirna, in das sogenannte Schäfersche Gut (heute ein Richard-Wagner-Museum). Die Ausarbeitung der Partitur erfolgt dann in einem euphorischen Schaffensrausch von Januar bis Ende April 1848, der Uraufführung in Dresden steht scheinbar nichts im Wege.
Besetzung
Die Sängerbesetzung gliedert sich recht übersichtlich in «Gute» und «Böse»: Dem Schwanenritter Lohengrin (Tenor) und der treuherzig-naiven Elsa von Brabant (Sopran) steht mit Friedrich von Telramund (Bariton) und seiner Frau Ortrud (Mezzosopran) ein effektvolles Widersacherpaar gegenüber. Und die Schwäche des deutschen Königs Heinrich (Bass) ist auch daran abzulesen, wie er hier permanent zwischen die Fronten gerät. Das Volk verteilt sich in großen Doppelchören auf Sachsen, Brabanter und deren Frauen. Im Orchestergraben findet sich von seiner Größe und Art her erneut ein typisch romantischer Klangkörper: drei Flöten, zwei Oboen, ein Englischhorn, zwei Klarinetten, eine Bassklarinette, drei Fagotte, vier Hörner, drei Trompeten, drei Posaunen, eine Basstuba, eine Pauke, Schlagzeug, Harfe und Streicher. Auf der Bühne bietet Wagner zur Untermalung des herrscherlichen Prunks noch einmal jede Menge Bläser auf: vier Trompeten, drei Flöten, drei Oboen, drei Klarinetten, zwei Fagotte, vier Hörner, acht bis zwölf zusätzliche Trompeten, außerdem Pauke, Becken, Orgel, Harfe, Glocken und Rührtrommel. Dem märchenhaften Charakter der Oper tut das keinen Abbruch, ganz im Gegenteil.
Handlung
Die sagenhaften Ereignisse tragen sich in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts am Ufer der Schelde bei Antwerpen zu sowie in der Burg von Antwerpen.
1. Akt: König Heinrich hält Gericht: Graf Telramund klagt Elsa an, heimtückisch ihren Bruder Gottfried ermordet zu haben, um selbst den Thron von Brabant zu besteigen. Elsa wirkt abwesend und berichtet dem entgeisterten Volk von dem Traum, den sie geträumt hat: Ein Ritter werde kommen und sie verteidigen («Einsam in trüben Tagen»). Zur Lösung des Konflikts schlägt der König ein Gottesgericht vor, Telramund erklärt sich zum Zweikampf mit dem Unbekannten bereit. Und tatsächlich erscheint im letzten Moment, von einem Schwan übers Wasser gezogen, ein Ritter – Lohengrin («Nun sei bedankt, mein lieber Schwan!»). Unter der Bedingung, dass Elsa ihn nie nach seinem Namen und seiner Herkunft frage, will er für sie kämpfen und sie heiraten. Lohengrin besiegt Telramund und schenkt ihm das Leben.
2. Akt: Ortrud stachelt Telramund erneut gegen Elsa auf und sät Zweifel in Elsas ahnungsloses Herz. Vor dem Münster stellt sich das Intrigantenpaar der Hochzeitsgesellschaft in den Weg und verlangt Aufklärung über Lohengrins Identität. Elsa bekräftigt ihr Vertrauen gegenüber dem geliebten Ritter, der Zug zieht in die Kirche ein.
3. Akt: Im Brautgemach wird Elsa von ihren Zweifeln überwältigt und stellt Lohengrin schließlich die verbotene Frage «nach Nam’ und Art». Telramund, der gelauscht hat, stürzt herein, Lohengrin tötet ihn. In der «Gralserzählung» («In fernem Land, unnahbar euren Schritten») lüftet er schließlich sein Geheimnis: Er ist der Sohn des Gralskönigs Parzival, ausgesandt, die Unschuldigen zu retten. Allerdings muss er dabei unerkannt bleiben. Triumphierend lässt Ortrud alle Masken fallen und gesteht: Sie war es, die den kleinen Gottfried einst in einen Schwan verwandelte. Damit bricht der Bann: Aus dem Schwan Lohengrins wird wieder Gottfried, und Elsa stirbt in den Armen ihres Bruders, des rechtmäßigen Herrschers von Brabant. Lohengrins Nachen aber, von einer Taube gezogen, entschwindet dahin, woher er kam: ins Nichts.
Was ist der Kern dieser Geschichte? Das nächste Alter Ego Wagners, die nächste Variante des Künstlers in seinem Verhältnis zur Welt? «Immer geht es um den Konflikt des Genies mit den herkömmlichen Lebens-, Kunst- und Moralbegriffen», sagt Hans Mayer. Wobei Lohengrin nicht nur Retter, Beglücker und Heilsbringer ist, sondern auch einer, der aus der Fremde kommt und die Gesellschaft, auf die er trifft, zutiefst verstört und verändert. Wagner hat eine große Sympathie für die Unangepassten, die Außenseiter. Das kennen wir von Ada und Arindal in den «Feen» ebenso wie von Senta und dem Holländer. Es schneit einer herein, ein Phantast, ein Purist, ein Besessener, meinetwegen ein
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