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Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Titel: Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damien Echols
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Atem riechen, als er wütend herumgeiferte, wie » krank « ich sei. Ein Wärter schlug mir immer wieder in den Bauch und fragte ein paarmal: » Wirst du jemandem davon erzählen? Ja? « Noch nie im Leben war ich so behandelt worden. Ich hatte gedacht, so barbarisch führten Erwachsene sich nur im Film auf.
    Sie warfen mich ins » Loch « . Das Loch besteht aus ein paar Zellen im hinteren Teil des Gefängnisses, außer Sicht- und Hörweite für den Rest der Anstalt. Die Temperatur dort kann im Sommer fast fünfzig Grad erreichen, und es ist noch dunkler und dreckiger als anderswo im Gefängnis. Im Loch gibt es nichts – keine Zahnbürste, keinen Kamm, kein Deo, keinen Kontakt zur Außenwelt. Sinn und Zweck des Ganzen ist ein absoluter Reizentzug. Wer ins Loch geschickt wird, verbringt mindestens dreißig Tage allein, ganz gleich, welchen Verstoß er begangen hat. Ob man jemanden halb tot schlägt oder ob man sich einen Schirm für die Lampe in der Zelle bastelt, für beides gibt es die gleiche Strafe: dreißig Tage im Loch. Der Unterschied besteht nur darin, wie man behandelt wird, wenn man dort ist.
    Ich wurde im Loch geschlagen, ausgehungert, bespuckt, mit dem Tode bedroht und auf verschiedene andere, mehr oder weniger schlimme Arten von den Wärtern misshandelt. Warum? Weil der Direktor behauptete, ich hätte die Strafvollzugsbehörde von Arkansas in meinen Interviews in ein schlechtes Licht gesetzt.
    Während dieser speziellen Episode kam es noch dreimal vor, dass Wärter zu mir in die Zelle kamen und mich verprügelten. Einmal ketteten sie mich an das Gitter und wechselten sich zu dritt dabei ab. Bei anderer Gelegenheit waren es fünf. Ich erfuhr, dass sie vorhatten, mich sehr lange im Loch zu behalten. Immer wenn die dreißig Tage vorbei waren, gaben sie mir einfach aus irgendeinem Grund noch einmal dreißig. Meine Rettung war, dass sich die Sache im Gefängnis herumsprach und ein Diakon der katholischen Kirche davon erfuhr. Er sagte dem Direktor, wenn es nicht aufhörte, werde er draußen erzählen, was vorging. Das wollten sie nicht riskieren, und deshalb holten sie mich aus dem Loch und brachten mich zurück in meinen Block.
    Mit der Gefängnisverwaltung verhält es sich so, dass sie dich misshandeln, solange du stillhältst. Sie können dir nichts mehr tun, wenn jemand zuschaut. Also fing ich an, mit noch mehr Leuten zu sprechen und noch mehr Interviews zu geben, weil ich wusste, nur dann würden sie mich in Ruhe lassen. Sie können sich nicht erlauben, jemandem etwas anzutun, wenn die ganze Welt zusieht. Ich reichte sogar Klage gegen den Direktor und ein paar der verantwortlichen Wärter ein.
    Diese Klage erwies sich am Ende als Zeitverschwendung, denn auch hier bestimmten sie den Anwalt, der mich vertreten sollte. Ich bekam ihn nur einmal zu sehen, ungefähr zehn Minuten vor Beginn der » Verhandlung « . Er rührte keinen Finger, um mir zu helfen. Man verweigerte mir das Recht auf eine Verhandlung vor einer Jury, und er zuckte nur die Achseln, als wolle er sagen: » Tja. So ist das Leben. « Stattdessen entschied also allein der Richter über meinen Fall. Ich durfte in der Verhandlung nicht einmal sprechen. Wir gingen auch nicht in einen Gerichtssaal, sondern der Richter kam in die Haftanstalt, und die Verhandlung fand in einem kleinen Zimmer unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Verwaltung erzählte ein paar unfassbare Lügen. Sie » bewies « , dass der Direktor mir nichts getan haben konnte, weil er wegen eines Herzinfarkts im Krankenhaus gewesen war. Ob mein Anwalt diese Behauptung überprüfte? Nein. Er saß schweigend da und trank seine Limo.
    Am Ende wurde dieser Direktor entlassen, aber nicht weil er mich misshandelt hatte. Weitere üble Vergehen, die er begangen hatte, kamen ans Licht. Die schlimmsten Wärter wurden ebenfalls gefeuert oder befördert und in andere Gefängnisse im Staat versetzt. Der, der das Messer in meiner Zelle deponiert hatte, hat noch viele Jahre im Max gearbeitet, obwohl es seinetwegen immer wieder Beschwerden über Misshandlungen gab. Schließlich blieb der Strafvollzugsbehörde von Arkansas nichts anderes übrig, als » etwas zu unternehmen « , nachdem er gefilmt worden war, wie er einem gefesselten Häftling ins Gesicht schlug. Aber keiner von ihnen ist je vor Gericht gekommen. Es war ja nicht so, dass sie tatsächlich Menschen misshandelt hatten. Nur Gefangene.
    Die Zellen meines Körpers speichern Angst, wie andere Fett speichern. Jedes schreckliche,

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