Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)
absolut perfekten Körper, die Fantasie eines jeden Mannes, wie ein Pin-up-Model aus den fünfziger Jahren. So viel Intelligenz in einem solchen Körper, das ist ein Wunder. Sie achtet sorgfältig auf sich, und das kann man sehen. Es inspiriert mich und bringt mich dazu, mich noch mehr anzustrengen, um besser für sie zu werden.
Ich tue manches, nur um sie zu blenden. Sie sagt, ich weiß alles, und sie staunt immer über die Informationen, die ich zu jedem Thema liefern kann, das ihr einfällt. Ich verschlinge kistenweise Bücher, nur um sie mit meinem Wissen zu beeindrucken. Ich trainiere zweimal täglich – Liegestütze, Sit-ups und Jumping Jacks, ich laufe auf der Stelle und mache Yoga-Übungen, damit sie von meinem Körper genauso entzückt sein kann, wie ich es von ihrem bin.
Lorri und ich konnten uns erst im Dezember 1999 berühren, als wir heirateten. Wir hatten die einzige buddhistische Trauungszeremonie in der Geschichte des Strafvollzugs in Arkansas. Die Wärter hatten keine Ahnung, was sie damit anfangen sollten. Es war eine kleine Zeremonie, die ungefähr fünfundvierzig Minuten dauerte, und wir durften sechs Freunde als Zeugen dabeihaben. Es waren Freunde von uns beiden. Nachher sagten sie, es sei so schön gewesen, dass sie vergessen hätten, dass es im Gefängnis stattfand. Irgendwann brach mir der kalte Schweiß aus, und ich wäre beinahe ohnmächtig geworden, aber das ist eine genetisch bedingte Disposition bei Männern, die heiraten. Nach der Hochzeit durften Lorri und ich uns im selben Raum aufhalten, aber bei jedem ihrer Besuche im Gefängnis war eine Aufsicht dabei.
Im August 1997 zog Lorri nach Little Rock, um ein neues Leben in meiner Nähe anzufangen. Sie führte – und führt noch heute – säuberlich verwaltete Akten zu jedem Aspekt meines Lebens und meines laufenden Gerichtsverfahrens, selbst wenn ich dagegen rebelliere. Sie vertritt mich jetzt vor der Welt. Wenn sie in meinem Namen an einem Meeting teilnimmt, ist es genauso, als säße ich selbst da; das haben inzwischen alle begriffen. Sie ist der einzige Mensch, bei dem ich je darauf vertrauen konnte, dass sie sich um mich genauso kümmert wie um sich selbst. Wenn » draußen « etwas erledigt werden muss, kann ich entspannt sein, weil ich weiß, dass sie es erledigen wird.
Die ganze Woche freue ich mich auf den Freitag, weil wir dann in einer Besuchszelle unser wöchentliches » Picknick « veranstalten. Alles andere ist eigentlich nur der Countdown für diese drei Stunden. Wir warten nicht ständig auf irgendeinen fernen Tag, an dem ich nicht mehr im Gefängnis bin, denn wir haben unser Leben hier und jetzt. Dies ist unser Leben, und es gibt keinen Augenblick, in dem wir einander nicht im Kopf und im Herzen tragen.
Ihre Eltern unterstützen unsere Beziehung vorbehaltlos und kommen gelegentlich auch zu Besuch ins Gefängnis. Sie zeigen viel mehr Verständnis, als ich es täte, wenn ich eine Tochter hätte, die mir mitteilte, sie habe einen Kerl in der Todeszelle geheiratet. Mein Sohn liebt sie auch, und sie kann die Stiefmutter spielen, wenn er zu Besuch kommt. Sie ist für die Elternrolle besser geeignet als ich; ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnen können, dass jemand mich mit » Dad « anredet. In den ersten Jahren hat Domini bei ihren Besuchen Seth zweimal mitgebracht; danach hat sie ihn mit dem Flugzeug zu Lorri geschickt, die ihn dann mitnahm. Aber als er ungefähr zwölf war, kamen er und seine Mutter gar nicht mehr. Das ist oft so: In den ersten ein, zwei Jahren kommt die Familie wöchentlich oder monatlich, und dann nimmt ihr normales Leben seinen Lauf, und die Besuche hören nach und nach auf.
Ich würde alles, was ich durchgemacht habe, noch einmal auf mich nehmen, wenn ich wüsste, dass es nötig wäre, damit Lorri mich findet. Sie hat mich gefunden, als ich am Ertrinken war, und mir Leben eingehaucht. Ich hatte aufgegeben, und sie hat mir Hoffnung geschenkt. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich ganz.
Jede Freundschaft, die es wert ist, so genannt zu werden, gleicht einem dunklen, geheimen Ort, an dem man Teile seiner selbst verbergen kann. Die Tür zu diesem Ort können nur die zwei Menschen öffnen, die den Schlüssel dazu besitzen, aber man trägt ihn bei sich, wohin man auch geht. Verstärken Sie dieses Gefühl eine Milliarde Mal, und Sie bekommen annähernd eine Vorstellung davon, was die Ehe bedeutet.
Lorri und ich haben gekämpft, wir haben gestritten, geweint und gelacht, während wir
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