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Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Titel: Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damien Echols
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wie meine Lebensgeister zurückkehrten. Jason war sogar so klug gewesen, ein paar Schokoriegel mitzubringen, und ich schlang einen davon herunter. Nach dieser Megadröhnung Zucker und Koffein konnte von mir aus die Post abgehen.
    Ich betrachtete meine Umgebung, während Jason atemlos berichtete: » Mann, jeder Freak auf der ganzen Welt ist da draußen. « Als ich andeutete, es könne hilfreich sein, wenn er sich ein bisschen klarer ausdrückte, erklärte er, sämtliche Kids aus der Nachbarschaft seien wie eine Meute Bluthunde auf der Suche nach mir, weil die Polizei nach mir gefahndet habe und weil sie jetzt davon überzeugt waren, dass sie eine Belohnung kriegen würden, wenn sie mich fänden. Anscheinend hatten Deannas Eltern keine Zeit verschwendet und sofort die Behörden alarmiert, um sie als vermisst zu melden, nachdem ihnen klar geworden war, dass hier etwas faul war.
    » Ohne Scheiß? « , fragte ich und setzte mich an ein Klavier, das einzige Möbelstück in dem Mobilheim. Ich fand es ein bisschen sonderbar, dass sich jemand, der in einem Trailerpark wohnte, ein Klavier leisten konnte. Ein paar Tasten waren kaputt, aber ich konnte trotzdem ein bisschen darauf spielen (Nanny hatte mir als Kind beigebracht, Kirchenlieder auf der Orgel zu spielen). Jason erzählte unterdessen, sie seien ihm gefolgt, weil sie dachten, er werde sie zu mir führen. Deanna setzte sich neben mich auf die Klavierbank, und Jason spähte aus dem Fenster. Dann drehte er sich zu mir um und sagte etwas, an das ich nicht gedacht hatte: » Hör lieber auf, denn wenn einer von diesen Freaks hier drin ein Klavier spielen hört, glaubt er sicher nicht, dass es ein Gespenst ist. « Ich riss die Finger von den Tasten.
    Stumm und nachdenklich blieb ich ein paar Augenblicke sitzen und sagte Jason dann, Deanna und ich würden hier übernachten und ihm am nächsten Morgen auf Wiedersehen sagen. Es kam nicht in Frage, dass er mit uns ging, denn er war die einzige Säule der Stabilität bei sich zu Hause. Seine Mutter Gail litt an Schizophrenie. Sie nahm zwischendurch für eine Weile ihre Medikamente, und dann ging es ihr besser, aber kaum war das der Fall, hörte sie meistens wieder damit auf. Es konnte vorkommen, dass sie Jason sagte, sie sei für ein paar Stunden weg, und dann erst Tage später zurückkam. Wenn er nicht da wäre, um auf seine beiden kleinen Brüder aufzupassen, würden sie verwildern wie die Hunde von Lakeshore. Er musste tatsächlich so etwas wie eine Vaterfigur für sie sein, und es hat mich immer beeindruckt, wie tüchtig er diese Aufgabe bewältigte. Die meisten Leute, selbst wenn sie doppelt so alt waren wie er, hätten das nicht halb so gut hingekriegt. Er ging nach Hause, um ihnen das Abendessen zu machen.
    Kaum war er weg, fielen Deanna und ich übereinander her. Was als Nächstes geschah, bleibt ein Rätsel, das ich nie habe entschlüsseln können. Irgendwie wurden wir entdeckt.
    In der letzten halben Stunde war der Himmel nach und nach dunkler geworden, bis die Sonne, die uns tagsüber gebraten hatte, nicht mehr zu sehen war. Das signalisierte aber nicht den Anbruch der Nacht, sondern das Aufziehen eines schweren, mächtigen Gewitters. Der Wind nahm zu, bis ich absolut sicher war, dass gleich ein Tornado losbrechen würde. Der Himmel war schwarz wie die Nacht, und der Wind heulte weiter und wehte so stark, dass man glaubte, der Trailer werde gleich umkippen, aber kein einziger Tropfen Regen fiel.
    Plötzlich hörte der Wind auf. Er ließ nicht nach, er hörte einfach auf. Ein böses Gefühl kroch an meinem Rückgrat herauf. Ich hörte auf mit dem, was ich tat, und legte den Kopf schräg wie ein Hund, der auf ein unbekanntes Geräusch reagiert. » Was ist los? « , fragte Deanna.
    Ich wartete ein paar Sekunden, bevor ich zögernd gestand: » Ich weiß es nicht. « Ich wusste nur, dass jede einzelne meiner Zellen mit dem Drang überflutet worden war, zu kämpfen oder zu fliehen, und dieser Drang wurde übermächtig.
    » Dann konzentrier dich auf mich « , sagte sie.
    Als ich mich vorbeugte, um sie zu küssen, hörte ich Glas klirren. » Scheiße! « , zischte ich, als wir unsere Sachen zusammenrafften. Ich wusste, dass es sinnlos war. Das Spiel war aus, aber wir versuchten trotzdem, uns zu verstecken. Es war ein Polizist. Statt die Tür aufzumachen und hereinspaziert zu kommen, hatte er es für nötig befunden, ein Fenster einzuschlagen und Spezialeinsatzkommando zu spielen. Er hat später gelogen und behauptet, wir hätten

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