Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)
dass sie einfach nicht besonders warm sind. Mein Kissen besteht aus unbenutzten Kleidungsstücken – Socken, T-Shirts, Jogginghosen. Solche Sachen müssen wir selbst kaufen. Weil es keine Stühle oder andere Sitzgelegenheiten gibt, verbringt man eine Menge Zeit auf diesem Bett.
Neben dem Bett steht ein knapp meterhoher Betonklotz, der als Tisch dient. Bei meinem kann man die Oberfläche praktisch nie sehen, weil sie von einem chaotischen Haufen von Büchern, Zeitschriften, Illustrierten, Briefen und Stiften bedeckt ist. Ganz gleich, wie oft ich versuche, das alles zu ordnen oder aufzuräumen, eine Stunde später ist das Chaos wieder da. Nie finde ich, was ich suche. Manchmal, wenn ich an anderen Zellen vorbeigehe, sehe ich makellose, aufgeräumte Tische, aber ich habe nie herausbekommen, wie sie das bewerkstelligen.
Eine Wand besteht nicht aus Beton, und dort liegt unser » Badbereich « . Die Wand und alles, was sich daran befindet, ist aus Stahl. Sie ist drei Meter hoch, und hier sind Toilette, Waschbecken, Spiegel, Licht und Dusche. Kloschüssel und Waschbecken sind aus Stahl, und das Waschbecken hängt dort, wo bei den meisten Toiletten der Spülbehälter wäre, sodass man sich breitbeinig über die Kloschüssel stellen muss, um sich zu rasieren oder die Zähne zu putzen. Der Spiegel ist nichts weiter als ein Viereck aus Stahl, das ein bisschen blanker ist als der Rest. Er ist nicht sehr klar, und kleine Details kann man darin nicht erkennen.
Über Waschbecken und Toilette hängt die verhasste Leuchtstoffröhre. Die gleiche Beleuchtung findet man an der Decke in Bürogebäuden, Krankenhäusern und staatlichen Schulen. Der Unterschied ist nur, dass sie bei mir an der Wand und nicht unter der Decke hängt. Etwa einen halben Meter neben der Toilette ist die Dusche, die aus einem Sprühkopf an der Wand und einem Knopf darunter besteht. Wenn man auf den Knopf drückt, läuft das Wasser ungefähr dreißig Sekunden lang. Die Temperatur lässt sich nicht einstellen; man muss es nehmen, wie es kommt. Auf dem Boden ist ein Abfluss, der wenig taugt. An meinen Duschknopf hängt ein kleiner brauner Rosenkranz aus Plastik. Mein Leben lang habe ich gern einen Rosenkranz in der Hand gehalten. Die Perlen durch die Finger laufen zu lassen beruhigt mich.
Nanny hat mir meinen ersten Rosenkranz zu meinem fünfzehnten Geburtstag geschenkt. Sie ist mit mir in eine kleine Buchhandlung gegangen, und ich durfte mir den aussuchen, den ich haben wollte. Ich nahm eine lange türkisfarbene Perlenkette mit einem dünnen, schmalen silbernen Kruzifix. Ich habe ihn immer in einer kleinen Tasche meiner ledernen Motorradjacke bei mir getragen. Es war der erste von vielen, aber ich weiß nicht mehr, was aus ihm geworden ist.
Die Zellentür ist aus massivem Stahl. Sie hat ein Plexiglasfenster, das es den Wärtern ermöglicht, ihren Spannerinstinkten freien Lauf zu lassen, und eine kleine Öffnung, die einem Briefkastenschlitz ähnelt und von außen mit einem schweren Riegel versehen ist, den die Wärter öffnen, um das Essen hereinzuschieben. Diese Tür stellt sicher, dass keine frische Luft hereinkommt und keine Kommunikation zwischen den Gefangenen stattfindet. Ich habe eine Weile gebraucht, um mich daran zu gewöhnen, denn im Tucker Max habe ich neun Jahre hinter einem altmodischen Gitter verbracht.
Das Fenster ist ein zehn Zentimeter breiter Schlitz, der mir einen Panoramaausblick auf eine Betonmauer und einen Maschendrahtzaun bietet. Das Aufregendste, was ich je zu sehen bekomme, sind die Schwärme von Tauben und Spatzen, die manchmal darauf sitzen.
Mein Fernseher steht in einem Stahlkasten hoch oben in einer Ecke der Zelle. Er kann drei Kanäle empfangen, aber da kommt wenig, was mich interessiert. Was das Fernsehen angeht, gibt es zwei Dinge, nach denen ich süchtig bin: David Letterman und Wrestling. David Letterman habe ich erst vor Kurzem entdeckt, aber Wrestling habe ich mein Leben lang verfolgt. Das ist eine Tradition bei mir zu Hause. Mein Großvater und mein Vater schauen es beide, und wenn mein Sohn einmal im Jahr zu Besuch kommt, tauschen wir unsere Erfahrungen aus. Ich bin damit aufgewachsen, und als Kind habe ich oft mit anderen Kindern aus der Nachbarschaft Wechselmannschaften gebildet. Dann haben wir uns immer gestritten, wer Jerry Lawler sein durfte. Jerry » The King « Lawler war eine große Nummer in der Gegend von Memphis. Er war der Wrestler. Eine Zeitlang war er so bekannt, dass man ihn dauernd in Werbespots für
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