Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)
keine Lösung. Wir hatten immer noch keine Möglichkeit, uns außerhalb der Schule zu sehen. Nach ein paar Augenblicken fuhr sie fort: » Wir können immer noch tun, wovon wir geredet haben. «
Fortgehen, meinte sie natürlich. Wir hatten darüber gesprochen, als letzte Möglichkeit einfach wegzulaufen. Ich hatte nie geglaubt, dass es so weit kommen würde; ich war sicher, dass sich eine Lösung finden würde. Aber die Zeit wurde knapp. » Ich werde dein Huckleberry sein « – nie habe ich ein wahreres Wort gesprochen.
» Bring am letzten Schultag deine Sachen mit, und dann sind wir weg. « Mit dieser Antwort war mein Schicksal besiegelt.
Wir redeten ohne Unterbrechung darüber, aber wir hatten keinen konkreten Plan, kein Ziel. Wir würden auf eine Abenteuerreise gehen, und unsere Aufregung war mit Händen zu greifen. Wir beließen es bei der ungefähren Vorstellung, » in den Westen « zu gehen. Keiner von uns hatte eine Vorstellung von dem Beben, das unsere Unternehmungen auslösen würden.
Am letzten Schultag kamen wir wie immer zur Schule. Nach dem Unterricht würden wir einfach in der Menge verschwinden, die außer sich sein würde, weil wieder ein Jahr Schule vorbei war. Niemand würde uns bemerken. Es war ein fantastischer Plan, und alles lief reibungslos.
Wir machten einen extralangen Umweg, den ich noch nie zuvor ausgekundschaftet hatte. Jason kam mit. Wenn man ziellos durch die Gegend wandert, warum soll man dann nicht mit dem magischen Land von Lakeshore anfangen? Normalerweise brauchten wir nur eine Viertelstunde für den Weg von der Schule nach Hause, aber heute waren wir zweieinhalb Stunden ohne Pause unterwegs. Wir stapften durch die leeren Felder abseits der Straßen, wo keine Gefahr bestand, dass irgendjemand uns sehen würde.
Anfangs flachsten Jason und ich wie immer herum, und Deanna schüttete sich aus vor Lachen über unsere Albernheiten. Sie war erstaunt, denn in der Schule sagte Jason nie ein Wort, und jetzt schwatzte er wie eine Elster. Er und ich konnten uns den ganzen Tag lang die Worte zuspielen, bis wir uns alle vor Lachen nicht mehr halten konnten. Nicht viele Leute wissen es, aber Jason ist ziemlich witzig. Er hat einen ätzenden, scharfen Humor. Aber nach der ersten Stunde wurden wir doch ziemlich still.
Das lag an der Hitze. Wir hatten achtunddreißig Grad. Die Sonne brannte gnadenlos vom Himmel und schmorte das Gehirn in unseren Köpfen. An einem Tag, an dem das Fernsehen allen riet, zu Hause zu bleiben und sich vor der Hitze zu schützen, liefen wir in zügigem Tempo durch die Gegend. Jeder Schritt wirbelte knochentrockene Staubwolken auf, und mein Mund war so ausgedörrt, dass ich kaum noch sprechen konnte. Flache, konturlose Felder erstreckten sich in alle Himmelsrichtungen. Kein Baum, kein Haus, kein Schatten. Nicht einmal ein lebendiger Grashalm. Unsere schwarzen Klamotten waren auch nicht gerade hilfreich. Irgendwann befürchtete ich, ich könnte mit einem Hitzschlag zusammenbrechen. Ich war sicher, dass ich mich nicht mehr lange zum Weitergehen würde zwingen können, aber ich tat es doch, Schritt für Schritt. Eins, zwei, eins, zwei, rechter Fuß, linker Fuß.
Endlich kamen wir in Lakeshore an und gingen zu einem verlassenen Trailer, von dem wir wussten, dass er leerstand. Die Tür war nicht abgeschlossen, und wir gingen hinein und ließen uns zu Boden fallen, um uns auszuruhen. Selbst die Hitze in diesem Trailer war einer Erleichterung nach der glühend heißen Sonne. Ich gab Jason ein Bündel von Schweiß feucht gewordene Dollarscheine und stöhnte: » Trinken. « Er zog ab zum Supermarkt in Lakeshore. Während er weg war, zog Deanna ein paar Sachen von mir an, die nicht durchgeschwitzt waren. Ich war so geistesgegenwärtig gewesen, ein paar Stücke zum Wechseln mitzunehmen. Ich sparte mir die Mühe des Umziehens, aber dann war ich besessen von einer Idee. Ich konnte nur noch daran denken, wie wunderbar es sein würde zu warten, bis es Nacht wäre, und dann in diesen kühlen, schaumigen See zu gleiten. Es kümmerte mich nicht mehr, dass er dreckiger war als eine Sickergrube. Ich konnte das kühle Wasser an meiner Haut praktisch schon spüren. Die Zunge klebte mir am Gaumen. Wir waren allein, aber so erhitzt, erschöpft und mitgenommen, dass wir nichts tun konnten.
Jason kam schließlich mit einer Tüte Mountain Dew und Dr Pepper zurück. Ich trank das Mountain Dew in einem Zug leer, öffnete dann eine Dose Dr Pepper und trank ein bisschen langsamer. Ich spürte,
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