Mein Leben ohne Limits
groben Entwurf gelesen hatte (für einen Film in Kinolänge!), war ich drei Monate Feuer und Flamme gewesen. Und dann bekam ich das Drehbuch. Ich sollte eine vulgäre, Priem kauende Figur spielen, die den halben Film über der Schulter in einem Kartoffelsack herumgeschleppt wird.
So hatte ich mir mein Filmdebüt nicht vorgestellt. Also lehnte ich ab. Man muss nicht jede Chance ergreifen, die sich einem bietet. Wichtiger ist, dass man seinen Werten treu bleibt und seine langfristigen Ziele verfolgt. Welche Spuren willst du hinterlassen? Woran sollen sich die Leute erinnern? Ich wollte nicht, dass meine Enkel irgendwann eine DVD ausgraben, auf der Opa Nick flucht, ihm Tabaksaft das Kinn herabrinnt und er lebt wie ein heruntergekommener Streuner. Also sagte ich danke – aber nein danke – zu jenem Filmangebot.
Die Vorstellung, bei einem Film mitzumachen, war wirklich verlockend. Aber meine Werte wollte ich deswegen nicht verraten. Wenn bei dir eine ähnliche Entscheidung ansteht: Bleib stark. Halte dich an deine Prinzipien. Aber mach nicht denselben Fehler wie ich: Für mich war nicht nur dieser Film gestorben, sondern gleich alle.
Deswegen ließ ich den guten Kyle ohne nachzudenken mit seinem Vorschlag im Regen stehen. Ich konnte nicht in die Zukunft schauen – ich hatte nur den Rückspiegel im Blick. Großer Fehler.
Zum Glück ließen sich die Weigels nicht so leicht abschütteln. Sie baten einen anderen Bekannten, sich mit meinem PR-Agenten in Verbindung zu setzen. Dieser las das Drehbuch, fand es großartig und gab es mir. Nachdem auch ich es gelesen hatte, war es Zeit für eine Entschuldigung bei Kyle. Das Thema des Films war Hoffnung – mein Steckenpferd.
Und wer war besser für einen Kurzfilm geeignet als ich? Vor allem, weil sie mir „Will, den Mann ohne Arme und Beine“ auf den Leib geschneidert hatten. Am Anfang des Films ist er ein mürrischer, deprimierter „Freak“ in einem Kuriositätenkabinett, das zu einem zwielichtigen Zirkus gehört. Doch dann wird er von liebenswürdigen Artisten in ihre fröhlich-bunte Zirkustruppe eingeladen und wird der Star einer halsbrecherischen Sturzflugnummer.
Es war an der Zeit, der Vorsicht das Zepter aus der Hand zu nehmen und sich ins Abenteuer zu stürzen. Ich bedankte mich bei Kyle und bat ihn, mit den Weigels ein Treffen zu verabreden. Und dann ging alles ganz schnell. Wir lernten uns kennen, die Chemie stimmte und ich setzte meine Unterschrift unter den Vertrag. Meine Begeisterung wurde noch größer, als ich hörte, was für erfahrene Schauspieler schon für den Film zugesagt hatten. Das Ganze war ein Low-Budget-Projekt mit engem Zeitplan, also musste ich mir nur eine Woche freinehmen, bis meine Szenen im Kasten waren. Ob ich eine große Zukunft in der Filmbranche vor mir habe, müssen die Rezensenten entscheiden. The Butterfly Circus hat jedenfalls den ersten Platz beim „Doorpost Film Project“ belegt. Der Preis war mit einhunderttausend Dollar dotiert und für Filmemacher ausgelobt, die mit ihren Filmen Hoffnung wecken. Unser kleiner Film (den man unter http://www.thedoorpost.com/hope/film/?film=4dd298f102c77b625cf37a9e7744ac68 findet) wurde unter mehr als hundert Kurzfilmen mit ähnlichen Themen ausgewählt. Der erste Platz brachte ihm natürlich viel Aufmerksamkeit ein und die Weigels sind am Überlegen, einen Kinofilm daraus zu machen.
Ich könnte mir gut vorstellen, mich auch in dieses Abenteuer zu stürzen. Schließlich kann nicht jeder einen Mann ohne Arme und Beine spielen, der nicht nur schwimmen und tauchen kann, sondern dazu auch noch den perfekten australischen Akzent spricht …
LICHT, KAMERA, ACTION!
Träume verwirklicht man nicht vom Sessel aus. Ran an den Speck! Du hast es in der Hand: Fernbedienung oder Filmstar? Wenn dein Drehbuch noch nicht existiert, musst du es selbst schreiben. Vertrau auf Hilfe von oben. Dein großer Traum kann Wirklichkeit werden! Wer weiß, völlig unerwartet geht dir ein Licht auf und deine Bestimmung wird sichtbar. Du musst nur bereit sein und die Augen offenhalten. Tu, was nötig ist, lerne, was zu lernen ist. Und wenn niemand bei dir anklopft, hab keine Scheu, selbst auf die Suche zu gehen. Irgendwann findest du eine offene Tür.
Früher, als ich noch keine Rückenschmerzen hatte, lud ich die Zuhörer nach meinem Vortrag immer ein, mich einfach mal zu umarmen. Und wirklich: Viele nahmen sich Zeit für eine kleine Umarmung und ein paar freundliche Worte. Jeder Einzelne hat einen persönlichen Eindruck
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