Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
sein Pferd, und die Männer öffneten das Tor gerade weit genug, dass sie hintereinander durchreiten konnten. Sie verließen die Stadt unter »mäh-mäh«-Rufen und einem Schwall gutmütiger Obszönitäten.
Stephen drehte sich im Sattel um und winkte ihnen ein letztes Mal zu, während sie die dunkle Straße hinunterritten.
»Wie hast du das gemacht?«, fragte Isobel.
»Die Nachtwache ist eine langweilige Arbeit, und die Männer sind immer dankbar für ein paar Witze«, erklärte Stephen. »Aber letztendlich hat uns das Geld das Tor geöffnet. Die Aufgabe der Wachen ist es, Angreifer aus der Stadt zu halten; sie sehen keine Gefahr darin, ein bisschen Silber anzunehmen, um jemanden hinauszulassen.«
Isobel nahm an, dass Stephen nicht halb so sicher gewesen war, wie die Wachen reagieren würden.
»Sie werden sich diese widerlichen Witze stundenlang erzählen«, sagte er. »Mit ein bisschen Glück wird sie das so lange ablenken, bis wir weit weg sind.«
»Als die Wachen rauskamen, sah ich deinen Kopf bereits auf einem Spieß stecken«, sagte sie. »Und ich gehe jede Wette ein, dass es dir genauso ging.«
»Aye«, sagte er. »Und dich gefangen genommen und von einem hässlichen Buckligen bewacht, der dir anzügliche Blicke zuwirft.«
François brach in Lachen aus, doch Isobel war nachdenklich.
»Wir schlagen in dem Wald dort vorn für den Rest der Nacht unser Lager auf«, sagte Stephen und deutete in die Dunkelheit.
»Wo ist Linnet?«, fragte Isobel schuldbewusst, da sie sich nicht früher nach dem Mädchen erkundigt hatte.
»Ich habe sie mit den Männern, die mich hierherbegleitet haben, nach Caen zurückgeschickt.«
Bis zu diesem Augenblick hatte sie sich keinen Gedanken über ihre Rückreise nach Caen gemacht. Sie hatten einen langen und gefährlichen Weg vor sich.
Aber Stephen war hier. Er würde sie beschützen.
35
Um Himmels willen, war das knapp gewesen am Stadttor! Isobel meinte, er würde scherzen, als er sagte, er habe sich vorgestellt, wie sie von einem Buckligen gefangen gehalten wurde. Das Bild war jedoch so real gewesen, dass er fast die Pointe dieses absurden Schafwitzes vergessen hatte.
Weil ihr aller Leben davon abhing, behielt er die Fassade gutmütiger Kameraderie aufrecht. Doch der Schweiß rann ihm den Rücken hinunter.
Und jetzt? Er rieb sich mit der Hand das Gesicht und verfluchte sich selbst. Ohne Eskorte über Land zu reiten war geradezu eine Einladung für die schlimmste Art Ärger.
Er fühlte sich besser, als sie sich dem Wald näherten. Wenigstens wären sie die Nacht über hier sicher. Am Morgen würde er Ausschau nach einer größeren Reisegesellschaft halten, der sie sich anschließen könnten. Es würde eine lange Nacht für ihn werden als einsamer Wachtposten. Vielleicht müsste er sich selbst dämliche Schafswitze erzählen, um wach zu bleiben.
Was war das? Es klang wie das Schnauben eines Pferdes. Er streckte den Arm aus und gab den anderen so das Zeichen stehen zu bleiben. Gott sei Dank waren sie klug genug, nichts zu sagen.
Sein Kopf tat ihm vom angestrengten Lauschen weh. Was war das? Das Rascheln von Laub? Ein Schritt? Er zog das Schwert und trieb sein Pferd lautlos vorwärts.
»Stephen? Bist du das?«, erklang es aus der Dunkelheit.
Sein Neffe sollte inzwischen auf halbem Weg nach Caen sein. Und doch war es seine Stimme, die da aus dem hohen Gras direkt neben der Straße klang.
»Jamie?«
Jamie erhob sich aus dem Gras, und in Stephens Augen war er so schön wie Venus, die aus dem Meeresschaum erstand.
Jamie rief über die Schulter: »Es ist mein Onkel.«
Mehrere dunkle Gestalten traten zwischen den Bäumen hervor und begrüßten sie lautstark. Die Enge um Stephens Herz löste sich, und er lachte.
»Wie ich sehe, hast du meine Befehle missachtet«, sagte er beim Absitzen. Er legte seinem Neffen den Arm um die Schulter. »Dem Himmel sei Dank, dass du es getan hast.«
»Um ehrlich zu sein, hatte ich nie vorgehabt, sie zu befolgen«, sagte Jamie. »Wenn du bis zum Morgen nicht gekommen wärst, wäre ich in Rouen eingeritten und hätte dich geholt.«
»François! Isobel! Stephen!«
Stephen hörte Linnets Rufe, als sie auf sie zugerannt kam, ihr helles Haar schimmerte in der Dunkelheit.
Der Ritt zurück nach Caen war ein Albtraum. Jede Stunde musste Stephen abwägen zwischen der Erschöpfung seiner Schutzbefohlenen und der Pferde und auf der anderen Seite der Notwendigkeit, Caen zu erreichen, bevor König Heinrich nach Chartres aufbrach.
Die Armagnacs, die
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