Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
zumindest anrufen können. Zumindest das. Dabei hätten Sie nicht das Gesicht verloren, wenn sie nicht interessiert gewesen wäre. Aber so haben Sie nur demonstriert, dass Sie kein Benehmen haben und ein echter norddeutscher Stiesel sind. Und außerdem, mein Lieber: Die Konkurrenz schläft nicht! Ist Ihnen das nicht bewusst?«
»Ahm ... Ich bin doch gar kein Norddeutscher, ich bin aus Mühlheim. Das hab ich doch schon mal gesagt. Und außerdem ... ich dachte ...« Kreuz durchgedrückt, Brust raus, kämpfte der Mann gerade um seine natürliche Körpergröße. »Ich wollte nicht aufdringlich sein und Sie nicht bedrängen, Lizzie. So war das.« Der letzte Satz kam mit voll tönender Stimme aus der Tiefe seines Bauchraumes.
Meiser hatte gerade seine Größe von rund einem Meter neunzig und sein Selbstbewusstsein wieder gefunden.
Lief irgendwie auch nicht anders als bei uns Frauen ab. Eine Beobachtung, die mich seltsam beruhigte, neigte ich gewöhnlich doch zu der Annahme, Männer und Frauen hätten nicht sonderlich viel gemein. Im Idealfall besitzen sie denselben Humor, vielleicht noch ein gemeinsames ästhetisches Empfinden.
Und natürlich sind Nahrungsaufnahme und Verdauung identisch. Aber sonst war es nicht weit her mit den Gemeinsamkeiten.
Während Meiser auf Lizzies Reaktion wartete, hatte ich mich aus dem Sessel erhoben und schlenderte nun in die Küche, um für Lizzie ein Glas zu holen. Es sah danach aus, als würde sie eine Weile bleiben.
Gemeinhin putzte Hedwig jeden Abend meine Küche, kaum hatte ich das Büro verlassen. An diesem Abend schien sie es nicht geschafft zu haben.
Jedenfalls schrie die Küche nach einer Reinigung. Schmutzige Espressotassen standen neben Lisas Eisteeglas, in dem eine ausgelutschte Zitronenscheibe gammelte. Meine Kaffeetasse lag mit ein paar anderen in der Spüle. Das Milchkännchen hatte Lisa achtlos auf den Schrank gestellt, statt es in den Kühlschrank zu räumen, so dass die Milch am nächsten Tag garantiert sauer sein würde. Ich ließ die Küche, wie sie war, und ging auf die Terrasse zurück, wo Knut Meiser und meine Freundin Lizzie die Köpfe über den Tisch hinweg zusammengesteckt hatten und wie zwei Schulkinder flüsterten.
»Und? Habt ihr euch wieder eingekriegt?«
Lizzie und Knut Meisers Köpfe fuhren auseinander. Beide sahen mich an. Lizzie musste sich dafür umdrehen. Ihr Blick erinnerte mich an unsere Schulzeit, eine Mischung aus Verlegenheit und »Leck mich«-Stimmung. So hatte sie immer geschaut, wenn man sie beim Abschreiben erwischt hatte.
»Bist du neidisch oder weshalb klingst du so verbissen?« Lizzie neigte nicht dazu, um den heißen Brei herumzureden. Ich sah jedoch, wie Meisers Fuß unter dem Tisch nach ihrem Bein fahndete, um sie anzustoßen. Das konnte er sich sparen. Lizzie ‚ war meine beste Freundin und durfte sich schon mal im Ton vergreifen.
»Weshalb sollte ich?«, erwiderte ich eine Spur zu hastig.
Irgendwie war ich sehr wohl neidisch, dass »mein« Meiser ganz augenscheinlich auf meine beste Freundin abfuhr. Gut, sie sah großartig aus mit ihren mittelblonden, halblangen Haaren, die dem ovalen Gesicht die nötige Kontur verliehen. Und sie war groß, knapp einen Meter achtzig, sehr schlank und hatte einen hübschen, wohl proportionierten Po und lange Beine.
Dennoch fand ich es blöd.
Während Meiser und Lizzie angeregt plauderten, nippte ich schmollend und in Gedanken versunken an meinem Weißwein. Ich kam mir vor wie eine Anstandsdame. Komplett überflüssig saß ich am Tisch und langweilte mich, während sich Lizzie und Meiser amüsierten.
Schließlich wurde es mir zu blöd und ich ging schlafen. Die zwei kümmerte es nicht. Sie hatten entdeckt, dass sie genug zu bereden hatten, sich miteinander bestens amüsierten, und fragten lediglich, ob im Kühlschrank noch eine Flasche Weißwein stünde. Sie wünschten mir eine gute Nacht und blieben auf meiner Terrasse bei meinem Wein zurück.
12
Meine Mutter rief an, früh um halb sieben. Als ihre Stimme durchs Telefon tönte, hätte ich sie am liebsten stranguliert, gevierteilt, gesteinigt oder Ähnliches. Ich war stocksauer. Meine Mutter hatte mich an einem jener seltenen Morgen erwischt, an dem ich durchgeschlafen hatte und nicht zur Unzeit aufgewacht war.
Und welche dramatischen Vorgänge oder Katastrophen hatten meine siebzigjährige Mutter veranlasst, meinen Schlaf zu stören?
Keine. Gar keine. Meine Mutter langweilte sich, das war alles.
Was bei uns los sei, fragte sie. Sie habe
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