Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
meinem Cabrio eine Woche durch die so genannten neuen Bundesländer gefahren waren. Thüringen hatte mir ausgesprochen gut gefallen, zumal es dort Ecken gab, die noch nie ein Tourist betreten hatte.
Bremsnitz, das sich, eine halbe Stunde von Jena entfernt, bescheiden, aber gepflegt in sanftes Hügelland duckte, war umgeben von Weiden, Weizenfeldern und Wald. Mit verschwiegenen Wegen und einem kleinen Weiher in der Nähe, strahlte es eine paradiesische Unschuld aus.
Das Dorf schien mir weit genug von jeder westlichen Großstadt entfernt und so abgelegen zu sein, dass man dort mit Sicherheit keine Leichen im Wald vermuten würde. Wenngleich mir in der Zwischenzeit der Gedanke gekommen war, dass es für unser Unternehmen vorteilhafter wäre, wenn die beiden Toten möglichst rasch gefunden würden.
Nur wenn der Zustand der Leichen einigermaßen passabel bliebe, würde sich bei einer Autopsie nachweisen lassen, dass die beiden Männer eines natürlichen Todes gestorben waren. Falls wirklich alles schief gehen sollte, hätte ich zwar einen prachtvollen Skandal am Hals, aber immerhin würde ich nicht als Mörderin angeklagt, sondern nur als feige, ihren Mann betrügende Ehefrau durch den Blätterwald geistern.
Doch was soll‘s. Ich hatte mich für das abgelegene Bremsnitz entschieden - und damit basta.
Kurz vor zwölf Uhr durchfuhren wir also den Ort.
Obwohl der Sommer allen durch seine gnadenlose Trockenheit und Hitze zu schaffen machte, hatte es am Morgen zu regnen begonnen. Das kleine Dorf lag unter einem dunkelgrauen Himmel wie ausgestorben.
Gleich hinter einem schäbigen Getränkeladen, der noch aus DDR-Zeiten zu stammen schien, bogen wir links ab, fuhren einen Hügel hinauf, an dem Weiher vorbei und erreichten nach zirka fünf Minuten ein für unsere Zwecke geeignet erscheinendes Waldstück, in das wir auf einem Forstweg zirka hundert Meter hineinfuhren.
Der Mischwald war ausreichend abgelegen. Niemand konnte uns beobachten. Aber - so Gott wollte - lag er andererseits nahe genug am Dorf, dass vielleicht ein Bauer oder Forstaufseher ihn durchstreifte und die Leichen fand.
Der Regen hielt unvermindert an. Wir parkten die Autos unter zwei am Wegrand stehenden Eichen, deren mächtige Kronen ein wenig Schutz vor dem Unwetter versprachen, und luden die Toten aus dem Kofferraum.
Bei Gerhard Meinhard erwies sich das Unterfangen als vergleichsweise harmlos, weil wir die Truhe nur an den Rand des Kofferraums ziehen mussten und sie dann einfach vornüber kippten. Gerhard Meinhard fand seinen Weg praktisch allein zum aufgeweichten Waldboden. Mit dem Gesicht voran, stürzte er in die nasse Freiheit.
Na ja, um der Wahrheit die Ehre zu geben, sollte ich vielleicht eingestehen, dass Meinhard einer gewissen Hilfe bedurfte.
Sein gebrochener Arm lag eingequetscht in einer Ecke und ich musste ein wenig zerren, um ihn zu befreien, was Lisa mit der Bemerkung »Mannomann, das haben Sie ja super hingekriegt« kommentierte. Sogleich schlug sie sich auf den Mund und blickte entschuldigend zu mir herüber. Und dann war da noch Meinhards verunstalteter Kopf, der in der anderen Ecke festsaß. Aber auch das bekam ich mit nachdrücklichem Ziehen hin, hatte jedoch wieder mal ein paar von Meinhards Haaren in meiner Hand. Weshalb der Mann ständig Haare ließ, war mir rätselhaft, denn so rabiat zog ich nun wieder nicht an ihm. Dachte ich.
Es erwies sich schnell als Illusion anzunehmen, das dichte Laubdach schütze uns vor dem Regen. Lisa und ich trugen zwar Wetterjacken, die mein Mann vorsorglich in seinem Auto mit sich herumfuhr und die uns schon ausgezeichnete Dienste geleistet hatten. Lisa und ich wurden trotzdem patschnass. Allein Hedwig kam ungeschoren davon. Dafür übergab sie sich bei Gerhard Meinhards Anblick gleich neben das Auto, so dass die Alufelgen von ihrem Erbrochenen bespritzt wurden. Sie fuhr sich mit den bandagierten Händen über den Mund und schleimige Reste ihres halb verdauten Frühstücks blieben an den Verbänden zurück. Weder Lisa noch ich wagten, den unappetitlichen Anblick zu kommentieren.
Gegen den Regen hatte sich Hedwig noch im Auto einen dunkelgrünen Fischerhut mit rostbraunem Nackenschutz übergestülpt und eine überdimensionale gelbe Fischerhose angezogen, unter der die Spitzen knallroter Gummistiefel hervorblitzten. Über der Hose trug sie eine kanariengelbe Jacke.
Hose und Jacke hatte sie normalerweise im Koffer ihrer Vespa bei sich. Als sie sich die Vespa gekauft hatte, das mochte etwa neun
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