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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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gehen, ihr Wasserhahn tropfe oder dass sie keine frische Milch mehr im Haus habe.
    So manches Mal hatte ich wütend in mein Kopfkissen gebissen, um sie nicht anzubrüllen, sie solle mich mit ihrem Alltagskram endlich in Ruhe lassen oder mich zu einer vernünftigen Zeit anrufen. An jenem Morgen rief sie an, um mir mitzuteilen, dass der Gärtner am Nachmittag zuvor den Rasen gemäht hätte und an diesem Tag noch einmal wiederkommen würde, um ihren Zugang zur Alster von Schilf und Farn zu säubern. Das wüchse ja bei weitem zu schnell.
    Ich hatte ihr Recht gegeben, was ihren Wortschwall keineswegs eingedämmt hatte.
    Das war allerdings an diesem Tag auch nicht so dramatisch, weil Hedwig darauf bestand zu hüpfen und es weder Lisa noch mir gelang, sie von ihrer manischen Springerei abzubringen.
    Bevor wir uns also auf den Weg machten, hastete sie noch einmal nach Hause, um Humpelkasten zu springen. Das tat sie immer dann - jedenfalls solange meine Mutter und ich sie kannten -, wenn sie sich über irgendetwas sehr erregte. Dann rannte sie nach hinten zu ihrem Haus, egal, ob wir gerade Gäste hatten oder ein Auflauf aus dem Ofen musste, und sprang einmal Hüpfkasten. Oder Himmel und Hölle, wie es in manchen Gegenden auch genannt wurde.
    Meine Mutter hatte sich über die Jahre vergeblich bemüht, ihr diese Marotte auszutreiben. Schließlich hatte sie kapituliert und Hedwig von einem Malergesellen einen Kasten auf die Terrasse pinseln lassen. Mit wasserfester Außenwandfarbe. Bei jedem Neuanstrich des Hauses wurde die Farbe des Kastens mit aufgefrischt. Mein Vater erklärte meine Mutter für verrückt, zog aber nach einem handfesten Streit, bei dem meine Mutter mit der Zuckerdose nach ihm warf, erstens den Kürzeren und zweitens die Konsequenz. Er schwieg fortan.
    Also, nicht, dass jemand glaubt, mein Vater hätte sich unterbuttern lassen. Nein, nein. Er wusste nur sehr genau, wann es keinen Sinn mehr ergab, gegen den Willen meiner Mutter zu opponieren. Ein schlauer Schachzug von ihm, finde ich. In dem Fall waren die Männer früherer Generationen bei weitem gelehriger und flexibler als die, mit denen sich meine Generation herumplagt. Mein Mann zum Beispiel streitet sich mit mir bis aufs Messer, wenn er der Meinung ist, er hätte Recht. Und er glaubt natürlich ständig, er sei im Recht.
    Der rechthaberische Irrsinn meines Mannes geht sogar so weit, dass er bisweilen den Himmel für grün erklärt. Ob der nun blau ist oder nicht, interessiert ihn in solchen Momenten nicht die Bohne. Ein verbreitetes Verhalten bei den Männern meiner Generation, wie ich an meinen Klienten beobachtete.
    Für mich ist der Himmel dagegen blau, wenn er blau ist. Aber bläuen Sie das mal einem Mann ein, der unbelehrbar darauf beharrt, der Himmel sei grün.
    Mein Vater meinte natürlich auch, er sei im Recht. Dennoch hielt er schließlich den Mund. Um des eigenen Friedens willen. Es hatte ihn nämlich mitnichten erfreut, sich nach dem Zuckerdosenangriff erneut ins Bad begeben zu müssen, duschen und sich umkleiden zu müssen. Mal abgesehen davon, dass ihm postwendend eine grünblau changierende Beule über der linken Braue wuchs, die im Verlauf des Tages bis zum äußeren Augenlid hinabwanderte und ihn für knapp zwei Wochen entstellte.
    Mein Papa also lernte die Lektion meiner Mama. So schlau ist heute jedoch kaum noch ein Mann. Und das ist schade. Es würde die ehelichen Auseinandersetzungen auf ein Minimum reduzieren. Allerdings warfen moderne Frauen wie ich auch nicht mit Zuckerdosen, sondern griffen mit Worten an. Vielleicht war ja meine Mutter da auch schlauer als meinesgleichen, die wir alles ausdebattieren wollten.
    Hedwig also verschwand nach dem ersten Kaffee zu sich nach Hause, und obgleich ich sie aufhalten wollte und in den Küchenstuhl zu pressen versuchte, schüttelte sie mich ab und erhob sich mit so viel Schwung, dass der Stuhl nach hinten überkippte.
    »Oh, tut mir Leid.« Sie hob den Stuhl auf und war auch schon verschwunden.
    Ich rannte hinter ihr her, aber sie bewegte sich trotz ihrer kurzen Beine so flink, dass ich sie nicht einholen konnte, zumal sich mein gestauchtes Steißbein wieder meldete und schmerzte.
    »Ich springe jetzt, also lass mich gefälligst in Ruhe«, wehrte Hedwig mich ab, als ich um das Haus herum auf die Terrasse trat und mich ihr näherte.
    »Hedwig, wir müssen los!«
    »Aber so viel Zeit muss jetzt sein-« Herausfordernd sah sie zu mir herüber, die Lippen zu einem Strich zusammengepresst.
    Hätte ich

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