Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
erneut.
Enttäuschte Frauen unter sich, diese Nummer in etwa lief da ab. Wie sich herausstellte, war Laura genauso deprimiert wie ich, denn sie glaubte Martin die Version von seiner Jugendliebe Sarah keineswegs.
Sie gestand, dass Martin sie in der vergangenen Nacht tatsächlich besucht hatte. Sie war ziemlich überrascht gewesen, das müsse ich ihr glauben. Allerdings hätten sie ohnehin die ganze Nacht gestritten. Nun ja, nachdem sie gemeinsam im Bett gewesen waren. Eine Information, die mir den Magen zusammenschnürte und die ich nicht hören wollte. Ich machte mit den Händen eine abwehrende Bewegung, doch Laura kümmerte es nicht. Sie redete ohne Punkt und Komma. Als wäre ein Damm gebrochen und sie nach der Zeit der Heimlichkeiten nun froh, sich alles von der Seele reden zu können.
Damit hatte ich nicht gerechnet. Da verwechselte sie auch meine Rolle. Ich war schließlich nicht ihre beste Freundin, die sie trösten würde. Ich war die betrogene Ehefrau und ich hegte einen gehörigen Groll gegen die Geliebte meines Gatten.
Dennoch hörte ich mir ihre Geschichte geduldig, neugierig und wohlerzogen an.
Martin hätte ihr am Samstag tatsächlich gekündigt und ihr Verhältnis beendet. Und ich dürfte ihr glauben, sie hätte das ganze Wochenende nur geheult. Aber offensichtlich hätte er seinen Entschluss dann geändert, denn, nun ja, gestern Abend hätte er eben vor ihrer Haustür gestanden. Und sie hätte im ersten Moment jegliche Wut vergessen, ihn aufgeregt hereingelassen und wäre mit ihm noch einmal im Bett gelandet. Aber noch während er mit ihr schlief, wäre ihr eingefallen, wie schrecklich er sich ihr gegenüber benommen hatte. Nicht nur wegen dieser Sarah, nein, er hätte sie abgeschoben, statt sich zu ihr zu bekennen, wie er es ihr über Monate hinweg versprochen hatte. Stattdessen aber hätte er sich für mich und für diese merkwürdige Person entschieden. Und dabei hätte er doch in den letzten Monaten immer wieder beteuert, er würde sich scheiden lassen. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Mein Mann wollte sich scheiden lassen? Hatte der sie noch alle beisammen?
Innerhalb weniger Tage erwischte mich gerade der zweite Tiefschlag und haute mich gnadenlos aus den Schuhen. Ich schnappte nach Luft. Ich konnte nicht durchatmen.
Laura sah mich entschuldigend an, aber das nutzte mir auch nichts. Sie nahm meine Hand tröstend in die ihre, tätschelte sie, wie es gemeinhin nur alte Damen draufhaben, und fuhr fort. Martin hätte also gesagt, es wäre allein eine Frage des richtigen Moments. Aber erst wäre ich ja krank gewesen - das war mir neu - und dann hätte er in St. Petersburg gearbeitet. Er hätte ihr aber fest versprochen, dass er sich von mir trennen würde, sobald er wieder in Hamburg weilte. Er hätte ihr erzählt, er würde mit ihr nach Mallorca ziehen oder nach Marbella, wohin auch immer sie wollte. Er würde seine Firma verkaufen und dort eine Art Alterssitz erwerben. Sie könnten Oliven ernten, Tomaten anbauen, Zucchini oder Paprika ziehen, was immer sie sich wünschte. Sie hätte sich so gefreut, war es doch schon immer einer ihrer leidenschaftlichsten Wünsche gewesen, Deutschland zu verlassen und sich in wärmeren Gegenden niederzulassen.
Tja, und dann das. Erst diese Geschichte auf dem Flughafen, dann die Trennung und die Versöhnung heute Nacht. Aber da hätte sie die Nase längst voll gehabt. Der Mann, so toll sie ihn auch fände, tanze auf entschieden zu vielen Hochzeiten. Sie hätte ihn heute Nacht rausgeschmissen. Er hätte ziemlich dumm geguckt.
Sie ließ meine Hand los und ich wusste nicht, wie ich auf diesen Erguss reagieren sollte.
Ich zog sie nicht trostvoll an den Busen und hatte auch nicht irgendwelche Ratschläge parat. Ich wollte nicht einmal, dass es ihr gut geht.
Im Gegenteil, von mir aus konnte es ihr durchaus schlecht gehen. Mir ging es schließlich auch beschissen.
Immerhin war ich die Frau, die sie hintergangen hatte. Und ich saß nicht hier, um die Geliebte meines Mannes zu trösten, sondern weil ich herausbekommen wollte, was Martin an Laura fasziniert hatte. Allzu viel Mitleid konnte sie also nicht erwarten. Die ganze Wahrheit auch nicht. Das nur mal so nebenbei.
Ich meine, Frauensolidarität ist notwendig in einer Welt, die von zu vielen Männern bestimmt und kontrolliert wird. Theoretisch jedenfalls. Praktisch aber hat alles seine Grenze.
»Und geht es Ihnen nun besser?«, hob ich fragend an.
Laura schüttelte den Kopf. Hätte ich mir ja denken
Weitere Kostenlose Bücher