Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
Lizzie meinem Treiben, wie sie es nannte, interessiert zugeschaut. Schwankend zwischen grenzenloser Bewunderung für meinen Langmut und grenzenloser Verachtung für meine Leidensfähigkeit, hatte sie mir mehr als einmal erklärt, jede halbwegs intelligente Ehefrau wäre eine Anwärterin für das Bundesverdienstkreuz in Gold. Ich allerdings sei ihre Favoritin.
Während ich also Lizzie auf den neuesten Stand brachte, was zu so manch ungläubigem Aufschrei führte, putzte Hedwig die Küche zu Ende und richtete mir mein Frühstück her.
Durcheinander und aufgeregt wie wir waren, fiel weder Hedwig noch mir auf, dass Lisa nicht zur Arbeit erschienen war. Während ich ein aufgebackenes Brötchen mit Hedwigs köstlicher selbst gekochter Erdbeermarmelade aß, überlegte ich, dass Lizzie Recht gehabt hatte mit ihrem Rat, die Geliebte meines Mannes aufzusuchen. Und da ich ziemlich durch den Wind war und den Tag ohnehin abhaken konnte, beschloss ich, mit Laura zu reden.
Heute noch. Sofort.
Was konnte mir schon passieren?
Gar nichts. Meiser brauchte es ja nicht zu erfahren.
Mich trieb sowieso einzig die Neugierde, was Martin an der Frau faszinierte.
Ich wartete nur noch auf den von Johann Michaelsen avisierten Anruf aus der Klinik.
Eine halbe Stunde später rief er mich an. Martins Allgemeinzustand sei zufrieden stellend, er habe eine Gehirnerschütterung, läge noch im Koma, müsse aber operiert werden, sofern tatsächlich eine Sehne durchtrennt worden sei. Ich erklärte mich mit der Operation einverstanden, wünschte Michaelsen pflichtschuldig viel Erfolg und legte besten Gewissens auf.
Schließlich machte ich mich auf den Weg zu Laura, entschlossen, die Geschichte hinter mich zu bringen.
Laura wohnte unweit der Außenalster in einem rot geklinkerten Mehrfamilienhaus, das schon bessere Tage gesehen hatte und dringend einer Renovierung bedurfte. Als ich an der Haustür klingelte, verweigerte Laura zunächst überrascht, mit mir zu sprechen. Schnippisch versuchte sie, mich an der Gegensprechanlage abzuwimmeln. Ich ließ nicht locker und erklärte ihr schließlich, dass ich ihre Aktion auf dem Flughafen beobachtet hätte.
Sie erschrak hörbar, sog den Atem ein, räusperte sich und betätigte schließlich den Summer.
Ich ging einen dunklen Flur entlang, in dem ich vergeblich nach einem Lichtschalter tastete, erklomm schließlich eine knarzende Treppe nach oben in den dritten Stock und betrat eine Wohnung, die entgegen der Erwartung, die der unansehnliche Flur geweckt hatte, lichtdurchflutet, geräumig und geschmackvoll eingerichtet war.
Ich hatte mir vorgenommen, mich cool zu geben, überlegen und über den Dingen stehend. Ich hatte allen Grund dazu, denn ich allein wusste, dass es nicht darum ging, ein Arrangement zu finden, um den Mann zu teilen.
Ich hatte längst entschieden, dass ich den Rest meines Lebens ohne Martin verbringen würde, dass es jedoch noch eines Abschieds bedurfte, den keiner von uns jemals vergessen sollte. Das war ich mir schuldig. Doch davon später.
Zu Laura also trieb mich allein die Neugierde. Gut, ich hatte Laura in den letzten zwei oder drei Jahren mehrmals in Martins Büro getroffen, doch unsere Begegnungen waren flüchtig gewesen. Ich hatte diese Vorzimmerdame als Frau nie zur Kenntnis genommen. Ich wusste, wie sie aussah, dass sie eine gute Sekretärin war, Termine und Ablage sorgfältig verwaltete und man ihren Kaffee trinken konnte. Das war es dann aber auch.
Ich wusste nichts über ihre Sehnsüchte, Vorlieben, Wünsche. Und ich wusste vor allem nicht, was sie mir voraushatte. Und sie musste mir etwas voraushaben, sonst hätte Martin kein Verhältnis mit ihr begonnen.
Doch nun zitterten mir die Knie und sie zitterten nicht vom Treppensteigen.
Wider Erwarten war ich nervös und angespannt, wusste ich doch nicht, was mich erwartete.
Ich hatte kaum die Wohnung betreten, als mir eine servicegeschulte Laura auch schon einen Kaffee anbot, den sie auf einem Glastisch servierte. Als sie die Tasse gefüllt hatte, stellte sie sie mit schepperndem Geräusch zurück auf die Platte. Ihre Hände zitterten unkontrolliert. Die Frau war ebenso nervös wie ich.
Ich sah von den Händen in ihr Gesicht und lächelte. Sie lächelte zurück - und begann auch schon zu weinen.
»Laura, ich bitte Sie, hören Sie auf zu weinen. Das ist der Mann nicht wert.«
»Ich weiß ja, aber ich muss schon die ganze Zeit heulen.«
»Das kenne ich.« Dankbar für meine vermeintliche Solidarität lächelte Laura
Weitere Kostenlose Bücher