Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
hatte sich in ihren Arbeitgeber verknallt. Das passierte wahrscheinlich allein in Hamburg jeden Tag drei Dutzend Mal.
Ich erzählte Meiser, dass Martin einen Unfall gehabt hatte und im Koma liege. Ich erzählte ihm nicht, wie es dazu gekommen war. Er fragte, doch ich wich aus. So gut kannte ich ihn nicht, dass ich ihm die komplette Geschichte auf die Nase binden wollte.
»Sie misstrauen mir?«, fragte er mich mit verständnisvollem Lächeln, doch ich winkte ab.
»Nein, nein. Ich möchte im Moment nur nicht darüber reden und ich bitte Sie, mich nicht danach zu fragen.«
Ich verlangte eine Menge. Immerhin erwartete ich sein Vertrauen, ohne ihm meines zu schenken.
Er nickte mit hochgezogenen Brauen und resigniert herabgezogenen Mundwinkeln, nach dem Motto »Frauen! Was soll man dazu noch sagen?«. Doch er respektierte meine Entscheidung und unterließ es, weiter nach dem Grund für Martins Kopfverletzung zu fragen.
Ich musste ihm nur versichern, ja geradezu schwören, dass ich persönlich nichts mit der Verletzung zu tun hatte. Sonst würde er den Job nicht übernehmen, sagte er ganz ruhig. Er wäre schon häufiger mit dem Gesetz und den Gesetzeshütern in Konflikt geraten. Meistens hätte er dann den Kürzeren gezogen. Allerdings nicht so sehr, weil er im Unrecht gewesen wäre, sondern weil er schlicht am kürzeren Hebel gesessen hätte. Er bräuchte seine Lizenz und könnte nicht riskieren, sie zu verlieren. Ich müsse das verstehen, sagte er.
Ich verstand es sehr wohl.
»Sind Sie sicher, dass Sie alles wissen möchten, was diese Baerenbaum betrifft?«, fragte Meiser, kurz bevor er ging.
»Ja, ich denke schon. Und ich möchte auch, dass Sie sie beobachten. Die Kosten spielen keine Rolle.«
»Ich denke, Ihr Mann liegt im Koma im Krankenhaus und Frau Baerenbaum denkt, er ist in Moskau? Da unternimmt sie sowieso nichts, was Sie irritieren könnte. Es sei denn, sie wird unruhig, weil Ihr Mann sich nicht bei ihr meldet. Aber nun gut, das werden wir alles sehen.«
Wir sprachen über seinen Tagessatz, vereinbarten, dass ich selbstverständlich die Spesen übernähme, und dann ließ sich Meiser noch einmal detailliert die Flughafenszene beschreiben.
Als er ging, hinterließ er in mir ein Gefühl von Sicherheit. Ich war froh, dass ich Meiser am Abend von Martins Rückkehr aus St. Petersburg in den Mercedes gefahren war und dadurch seine Bekanntschaft gemacht hatte.
Trotzdem war ich an jenem Morgen aufgeregt und überdreht. Das merkte ich, als ich allein in meinem Büro saß und von meinem Schreibtisch zum Fester, zur Sitzgruppe in der Ecke und wieder zurücktigerte, die Schreibtischschubladen aufzog und begann, gänzlich nichtige Dinge beiseite zu räumen.
Als ich es schließlich nicht mehr aushielt, griff ich zum Telefonhörer. Ich brauchte einen Zuhörer. Ich musste mit Lizzie reden.
Lizzie war erwartungsgemäß alles andere als erfreut, zu solch früher Stunde geweckt zu werden, zumal sie glaubte, ich würde mich nur erkundigen wollen, wie es ihrem Kater ginge und ob sie mit einer postalkoholischen Depression ringe. Durch die morgendlichen Ereignisse hatte ich jedoch längst verdrängt, dass Lizzie am Nachmittag zuvor von Knut Meiser sturzbetrunken nach Hause gebracht worden war.
Als ich ihr von Hedwigs Messerattacke erzählte, war meine morgenmuffelnde Freundin schlagartig putzmunter.
Lizzie hatte mit ihren vierundvierzig Jahren eine unumstößliche Einstellung zu Männern. Sie glaubte, dass Männer prinzipiell untreu seien, prinzipiell dazu neigten, Frauen zu belügen, und dass es für das weibliche Allgemeinbefinden prinzipiell besser sei, die Wohnung nicht mit einem Mann zu teilen. Rein theoretisch jedenfalls.
Praktisch liefen seit etwa fünf, sechs Jahren all ihre Versuche mit Männern darauf hinaus, endlich einen Typen an Land zu ziehen, der sie heiraten würde. Wie wir wissen, wollte das keiner, zumindest keiner, der auch Lizzie interessierte. Sie hatte ihr Verfallsdatum längst überschritten, wollte das aber ums Verrecken nicht wahrhaben.
Als Lizzie Mitte dreißig gewesen war, hatte sie sich kapriziös, wie sie nun mal war, wirklich jedem Heiratskandidaten entzogen. Sie glaubte allen Ernstes, unendlich viel Zeit zu besitzen, und wollte in den Hafen der Ehe einlaufen, wann es ihr beliebte. Sie hatte sich geirrt. Allerdings war es für unsere Freundschaft besser, diesen Aspekt ihres Lebens nicht grundlos zum Gesprächsthema zu machen.
Während all meiner Ehejahre mit Martin jedenfalls hatte
Weitere Kostenlose Bücher