Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
einen genervten Blick zu, erklärte aufmüpfig, dass sie nicht daran dächte, das teure Zeug zu vergeuden, indem sie es über ihren stinkenden Schweiß verteilte, und rannte auch schon Richtung Haus, um sich eine Dusche, eine Ladung wohlriechenden Deodorants und einen Instant-Eiskaffee zu gönnen, wie sie mir über die Schulter hinweg zurief.
Während Lisa davonrannte, erzählte mir Hedwig, dass sie nicht mit Lisa gerechnet hätte. Das Mädchen sei urplötzlich in die Küche geschneit, beim Anblick der blutgetränkten Sachen kreidebleich geworden und erst einmal aufs Klo gestürzt.
»Und?«
»Was und? Da hat sie sich übergeben. Was glaubst du denn? Diese jungen Leuten sind nichts gewöhnt und können nichts ab. Ich meine, wer rechnet denn damit, dass sie sich übergibt, nur weil Blutflecke auf ein paar Männersachen sind. Hätte Martin da noch gelegen, wäre Lisa glatt umgekippt.«
»Nun sei mal nicht so ungerecht. Immerhin hat sie nicht geschrien, wie gewisse Leute, und sie hat auch nicht schreiend das Haus verlassen.«
»Natürlich nicht. Weil ich ihr alles durch die Toilettentür erklärt habe. Also das mit mir und Martin und dem Unfall und Eule. Und irgendwie schien sie erst sehr aufgeregt zu sein. Ist ja logisch. Doch dann war sie erleichtert, dass du mit Martins Unfall nichts zu tun hast. Jedenfalls schien es mir so.«
»Und weshalb hast du sie nicht nach Hause geschickt? Ich meine, warum gräbt Lisa hier herum?«
»Ich hab ihr ja gesagt, sie soll den Tag freimachen. Du hättest ganz bestimmt nichts dagegen. Aber sie wollte partout nicht gehen. Sie sagte immer wieder, sie müsse dir helfen.
Ich hatte mich zu Hedwig unter den Schatten spendenden Flieder gestellt. Keiner von uns beiden achtete auf Eule, die sich zur Grube geschlichen hatte, hineingehechtet war und wie eine Idiotin in der Erde buddelte und wühlte. Das registrierten wir erst in dem Moment, als uns Erdbrocken um die Ohren flogen.
Ich rief nach Eule, als die Hündin auch schon am Grubenrand auftauchte, ein erdverschmutztes, weißlich-graues Etwas in der Schnauze.
Während Hedwig aus Gewohnheit schon mal gellend schrie, dachte ich, ich spinne, ich sei nicht dicht oder irgend so etwas in der Art. Denn das, was in Eules Schnauze steckte, sah mir ganz nach einem Schädel aus.
Und wenn Eule einen Schädel in der Schnauze hatte, konnte es nur der des großmütterlichen Liebhabers sein. Das war ja logisch, oder?
Eine Logik, die mir ganz und gar nicht gefiel, mündete sie doch in der Einsicht, dass uns gerade ein saudämlicher Zufall ins Handwerk gepfuscht hatte.
Ausgerechnet dort, wo wir Martins Sachen vergraben wollten, hatten meine Mutter und mein Vater den Liebhaber der Großmama versenkt. Als hätten wir oder sie nicht vierzig Zentimeter weiter links oder rechts graben können.
Ich herrschte die Hündin mit »Bei Fuß« an, doch Eule stellte sich taub und tollte mit übermütigen Sprüngen durch den Garten davon. Hedwig sprang auf, stellte das Geschrei ein und hetzte dem Hund mit hinkendem Schritt hinterher.
Lisa, die gerade mit einem Glas Eiskaffee in der Hand vom Duschen zurückkam, und ich sahen uns überrascht an. Dann stellte Lisa das Glas ins Gras und gemeinsam rannten wir hinter Hedwig und der Hündin her. Eule durfte mit dem Schädel unter keinen Umständen zu Marie Overlut hinüberrennen. Das wäre für die Frau ein gefundenes Fressen, könnte sie uns mit dem - Totenschädel doch eine Menge Ärger bereiten.
Lisa überholte Hedwig als Erste, doch gegen Eule hatte auch sie keine Chance. Die Hündin spielte mit uns Haschen und dachte nicht daran, den Schädel fallen zu lassen.
Ich blieb stehen. In der Nähe von Hedwigs Haus hatte sich Eule nach links gewandt und lief nun in großem Bogen um ihre Verfolgerinnen herum, immerhin wieder in Richtung des Erdloches. Mit anderen Worten: Die Königspudelhündin kam geradewegs auf mich zu.
Während ich noch überlegte, wie ich das Geschoss stoppen konnte, bremste sie kurz vor mir, indem sie die Pfoten in den Rasen stemmte, nickte durch den rapiden Stopp mit dem Kopf, ließ den Schädel zu meinen Füßen fallen, wedelte freudig erregt mit dem Schwanz und kläffte mich an. Ich sollte den vermeintlichen Ball aufnehmen und ihn möglichst weit werfen.
Ich nahm den Schädelüberrest widerwillig hoch und deutete einen Wurf an. Die Hündin stob vorauseilend davon, blieb nach zwanzig Metern stehen und starrte erwartungsvoll zu mir zurück. Währenddessen hatte Hedwig Eule erreicht und ergriff
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