Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
gerunzelter Stirn an, schüttelte den Kopf und erklärte, ich hätte ihr die aber zu ersetzen, wenn die Flecken nicht rausgingen. Ich beteuerte, dass sie sich darüber keine Sorgen machen müsse, und schob sie in Richtung Bad.
Als ich das Rauschen des Duschwassers vernahm, ging ich zurück zu Hedwig, die am Kopfende des Erdhügels kniete und betete. Eule hatte sich endgültig verdrückt.
Ich kauerte mich neben Hedwig und betete etwas in der Art wie, niemand möge sich jemals hierher verirren und den großmütterlichen Toten und Martins Sachen entdecken.
Zehn Minuten später winkte uns Lisa zu und rannte in ihrer verschmutzten Hose, aber mit einem meiner T-Shirts aus dem Haus.
Kurz nach dem Abendessen goss Hedwig die Pflanzen, während ich ein halbes Dutzend Eimer Erde durch den Garten schleppte und mit einer Handschaufel auf den Rosenbeeten verteilte. Obwohl es kurz nach sieben Uhr war, brannte die Sonne noch immer unbarmherzig und ich wünschte mir nichts mehr als einen Strand, das Rauschen von Wellen und das angenehme Gefühl, den Körper in kaltes Wasser gleiten zu lassen. Hatte sich was.
Mir schmerzten von der ungewohnten körperlichen Arbeit schon seit dem Nachmittag Oberarme und Rücken. Inzwischen hingen meine Arme wie Blei herunter, den Rücken konnte ich kaum mehr aufrecht halten, die Beine lahmten. Gebückt schlich ich schließlich ins Haus zurück, wo Hedwig mir eine Wanne mit warmem Wasser gefüllt hatte, in das ich mich dankbar gleiten ließ.
Die Wärme beruhigte meine Muskeln, mehr aber auch nicht. Meine Gedanken drehten sich im Kreis, hüpften von Martin zu Meinhard und Gregor, zu dem achtzehnjährigen Bremsnitzer, zu Lisa, Sarah Baerenbaum, zu Laura und wieder zurück. In meinem Gehirn gab es eine Blockade, eine Verstopfung des Datenbusses.
Ich verließ die Wanne und ließ mich in mein Bett fallen. Ich brauchte so viel Schlaf, wie ich kriegen konnte.
Martin lag mir zwar auf der Seele, aber die körperliche Erschöpfung erwies sich als stärker.
Binnen kürzester Zeit glitt ich in einen traumlosen Schlaf.
9
Ein strahlend blauer Himmel empfing mich am Mittwoch, als ich gegen acht Uhr aufwachte. Bestens gelaunt und voller Tatkraft, wollte ich mich meinem Mann zuwenden, um ihn zu wecken.
Ein Blick auf das aufgeschüttelte Bettzeug erinnerte mich daran, dass Martin nicht bei mir war, mich nach Strich und Faden hintergangen hatte - und dass ich meine Ehe beenden musste. Das war ich meinem Stolz schuldig.
Eigentlich. Uneigentlich hätte ich die letzten Tage lieber ungeschehen gemacht. Leider ging das nicht.
Schon konnte der Morgen strahlen, wie er wollte. Mit meiner guten Laune war es vorbei.
Ich starrte auf das pralle, weiße Damastkopfkissen mit der altmodischen Spitzenkante und konnte nicht fassen, was mir widerfahren war. Der Mann, den ich geliebt und geheiratet hatte, hatte mich hintergangen. Systematisch und jahrelang.
Was für eine Zumutung! Was für ein Schwachsinn!
Ich muss mich von Martin trennen, hämmerte es in meinem Kopf, während die Ungeheuerlichkeit der Entscheidung mir wie eine Faust in den Magen knallte und mir den Atem verschlug.
So jedenfalls fühlte sich die Depression an, die mich an jenem Morgen heimsuchte. Ich saß aufrecht im Bett, keuchte vor mich hin, riss Martins Kopfkissen an meine Brust und vergrub meinen Kopf darin.
Meine Nase nahm den feinen Geruch seines Parfüms wahr, der noch immer im Bezug hing. Ganz schwach, kaum wahrnehmbar - und so vertraut.
Ich heulte los, unkontrolliert, kindisch, laut.
Ich heulte, weil ich nie wieder mit meinem Mann frühstücken, nie wieder mit ihm streiten, keinen gemeinsamen Urlaub mehr mit ihm verbringen würde - und seinetwegen nie wieder einen Liebhaber abschaffen müsste. Nun gut, auf so ein Desaster wie mit Gregor konnte ich durchaus verzichten. Aber der Rest?
Ja, ja, ich weiß schon, dass mein Verhalten kein sonderlich emanzipiertes war. Aber glauben Sie mir, in emotionalen Stresssituationen denken auch Sie nicht mehr darüber nach, ob Sie sich gerade wie der letzte Depp oder wie eine Grande Dame verhalten. Da übernehmen allein die Instinkte die Kontrolle und die scheren sich nun einmal nicht um Emanzipation, Contenance oder dergleichen.
Mit zirka vierundzwanzigstündiger Verspätung überrollte mich die Wirklichkeit von Martins Verrat wie eine Dampfwalze. Und ich konnte nichts dagegen tun. So einfach war das.
Oder so kompliziert.
Wütend auf mich, auf Laura, Sarah Baerenbaum und den Rest der Welt schluchzte ich
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