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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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auf. Das Leben war ungerecht, obszön, hundsgemein und grottendämlich.
    Ich presste meinen Kopf in das Daunenkissen, knüllte es an den Ecken und prügelte schließlich darauf ein, als sei es am Verrat meines Mannes beteiligt gewesen.
    Ich kann Sie beruhigen: Ich drehte nicht durch. Ich war überdreht und mit den Nerven am Ende, wobei das rhythmische Einschlagen auf das Kopfkissen einen nicht zu unterschätzenden therapeutischen Wert besaß.
    Nach einer solchen Aktion schlägt man weder Menschen noch Tiere und schmeißt auch nicht blindwütig mit Geschirr nach einem imaginären Gegner oder nach realen Küchenwänden.
    Man legt sich nicht einmal mehr mit den eigenen Dämonen an. Kann man auch nicht. Die Wut verraucht, der Zorn zieht sich zurück, die Hilflosigkeit verbraucht sich.
    Als mir die Arme schwer wurden und die Tränen versiegten, hörte ich mit dem Schlagen auf. Ich schnäuzte mir die Nase, wischte das Gesicht ab, fühlte mich um dreißig Kilo miesestes Dämonenpack erleichtert, stand auf und ging hinab in die Küche.
    Bereit für den Alltag und Hedwig, die dort vor einem Kaffee saß und mir erzählte, sie hätte Lisa gestern Abend, nachdem ich bereits im Bett gewesen war, noch angerufen und sie gebeten, heute etwas früher als gewöhnlich zu kommen und ein paar Arbeitssachen mitzubringen, um die Erde unter dem Flieder endgültig einzuebnen.
    Lisa hatte gemurrt, war aber seit halb acht unten im Garten zugange.
    Ich staunte über Hedwigs Umsichtigkeit und Lisas Arbeitswillen und ging in den Garten hinaus, um meine Sekretärin zu begrüßen und ihr zu danken.
    Lisa strahlte, als ich ihr offenbarte, diese Sonderleistung würde ich natürlich auch gesondert honorieren. Noch am selben Tag.
    Lisa grinste mich an und wies auf ein Springseil, das sie an den Flieder gehängt hatte.
    »Springen geht immer noch am besten. Sonst reicht mein Gewicht nicht, um die Erde platt zu trampeln.«
    Ich lachte auf, schnappte mir das Seil und hüpfte auf der Stelle herum, wo wir Martins Sachen und den Schädel begraben hatten.
    Seilspringen war schon als Vorschulkind eine meiner Lieblingsbeschäftigungen gewesen und ich hatte es zu beachtlicher Routine gebracht. Während ich nun sprang und mich nach und nach an die alten Tricks erinnerte, stieß Hedwig zu uns. Den Kopf mit den zu großen Ohren unter ihren weißen Locken schief gelegt, beobachtete sie meine Hüpferei aufmerksam und wiegte sich in den Hüften von einer Seite zur anderen. Die Arme ausgebreitet wie eine Vogelscheuche, wurden ihre Bewegungen ausholender und schließlich schwang sie hin und her, indem sie mal den einen, mal den anderen Fuß hob.
    Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich überwinden und mich bitten würde, sie doch springen zu lassen, bitte, bitte, einmal nur. Schweigend wies ich auf das Messer, das im Futteral an ihrem Kleidergürtel steckte. Sie nahm es aus der Scheide und legte es unter dem Flieder ins Gras.
    Während Lisa und ich das Seil nunmehr über Hedwig hinwegschwangen, konzentrierte sie sich auf ihren ersten Sprung, hüpfte über das Seil, das unter ihren Füßen hindurchrauschte und legte sich bei der Landung fast auf die Nase. Ihre geprellte Hüfte hatte sich gemeldet. Ich ließ das Seil fallen und griff nach der taumelnden Hedwig, die schmerzgepeinigt nach vorn einknickte.
    »Mensch, Hedwig«, sagte ich, während ich sie umfasste und ihr half, sich auf den Rasen zu setzen. »Vielleicht akzeptierst du endlich, dass du nicht mehr neunzehn bist, und hörst mit diesen Hüpfereien auf. Das halten deine Gelenke nicht mehr lange aus.«
    Hedwig winkte ab. Sie duldete keine Diskussion über ihr Alter.
    Ein Blick auf die Uhr, es war inzwischen kurz vor neun Uhr, zeigte mir, dass für dergleichen Gespräche ohnehin keine Zeit mehr war.
    Es war Mittwoch - und ich war mit Sarah Baerenbaum zum Shoppen verabredet. Ich hatte allerdings in der Zwischenzeit beschlossen, die Verabredung abzusagen.
    Es schien mir im Moment die einzig richtige Lösung, hatte ich doch keinen blassen Schimmer, wie ich der Person begegnen sollte.
    Ich hatte mir ein Bild von ihr gemacht. Ein Bild, das nicht stimmte. Ich hatte sie bedauert, bemitleidet, nachgedacht, wie ich ihr helfen konnte, und erfahren, dass das alles so überflüssig wie ein Kropf gewesen war. Die Frau hatte mich gelinkt, benutzt und auf den Arm genommen, hintergangen und belogen.
    Wie aber sollte ich mit jemandem umgehen, den ich nicht einschätzen konnte, dessen Gefühle und Lebensziele mir undurchschaubar

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