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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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danach zu mir.
    Meine Güte, ein Charmeur alter Schule, dachte ich und schob mir die erste Gabel Kuchen in den Mund. Köstlich.
    »Köstlich«, schleimte Hedwig im selben Moment. »Führen Sie dieses Lokal?«
    »Nein, nein, das betreiben meine Tochter und ihr Mann. Ich helfe nur ein wenig aus. Das heißt, genau genommen gehört es mir schon, aber als meine Frau vor zwei Jahren starb, habe ich es meiner Tochter überlassen. Nun helfe ich immer mal, wenn ich Lust habe oder mich langweile.« Während er unsere Frage beantwortete, strahlten zwei hellgraue Augen auf Hedwig nieder.
    »Und langweilen Sie sich häufig?«, fragte ich und hoffte, das Gespräch irgendwie auf die beiden Leichen lenken zu können, denn in dem kleinen Ort mussten die zwei das Ereignis des Jahres sein und damit den Dauergesprächsstoff für die nächsten drei Monate liefern. Dachte ich so.
    »Nun ja, eigentlich nicht«, erwiderte denn auch Herr Larentius, wie er sich uns zwischendurch vorgestellt hatte, an mich gewandt.
    »Es gibt hier auf dem Land immer genügend zu tun. Andererseits liebe ich den Kontakt zu den Gästen, so dass es mir sehr schwer fällt, mich gänzlich aus dem Gasthof zurückzuziehen.«
    »Aber manchmal«, hob Hedwig an, die sich mitunter exakt so blöd verhielt, wie ich immer behauptete, und nun mit der Tür ins Haus fiel, »geschehen doch selbst in so einem kleinen Dorf Verbrechen - oder? Jedenfalls glaube ich, wenn ich mich nicht irre, dass ich letztes Wochenende in den Nachrichten gehört habe, dass in Bremsnitz zwei Leichen gefunden wurden.«
    Herr Larentius beugte sich zu uns hinunter und drosselte die Stimme zur heiserem Flüstern.
    »Nicht so laut, meine Damen, bitte. Die zwei Damen dort drüben wissen nichts davon - und sie sind unsere einzigen Sommergäste. Sie bleiben ganze fünf Nächte. Und es wäre bedauerlich, wenn sie diese Nachricht von Mord und Totschlag vergraulte.«
    Ich lachte auf, den Kopf in den Nacken gelegt, während Hedwig Herrn Larentius über den Rand ihrer Brille hinweg anlächelte.
    »Nun machen Sie sich mal keine Sorgen. Tote sind doch nun bei Gott nichts Ungewöhnliches. In Hamburg liegen dauernd welche rum«, bemühte Hedwig sich, ihrer Frage großstädtische Normalität zu geben. »Ich meine, erinnerst du dich, Claire, dass letzte Woche schon wieder in der Zeitung stand, dass sie eine alte Frau gefunden haben, die wochenlang tot in ihrer Wohnung lag, ohne dass sie jemand vermisste?«
    »Nun, das mag bei Ihnen durchaus normal sein«, erwiderte Herr Larentius und schüttelte sein weißes Haupt, so dass ihm eine Strähne ins Gesicht fiel. Mit eleganter Geste legte er sie zurück auf den Kopf. »Aber hier bei uns ist das Auffinden von Toten etwas ganz und gar Außergewöhnliches. Selbst unser Bürgermeister, der nun ja bei Gott genug zu tun hat, ließ es sich nicht nehmen, den Fundort der Leichen persönlich in Augenschein zu nehmen.«
    Mit einem »Soso« schüttelte Hedwig ihrerseits den nicht weniger weiß umrahmten Kopf und wollte einen weiteren Gesprächsbeitrag leisten, doch ich unterbrach sie, bevor sie noch mehr Unfug verzapfte.
    »Dürften wir Sie zu einem Kaffee einladen?«, fragte ich mit all meinem Charme und einem entwaffnenden Lächeln auf den Lippen, um das Thema endgültig zu beenden.
    Jedenfalls bemühte ich mich redlich um ein solches Lächeln, während Hedwigs Augen die Tasse auf dem Tisch fixierten, als benötigten sie einen Halt, einen Widerhaken, an dem sie sich stellvertretend für die ganze Person festhalten konnten. Hedwigs Hände flatterten, bis sie unter der Tischdecke verschwanden. Ich glaube, ihr zitterten selbst die Beine.
    Hedwigs Nervosität mochte daher rühren, dass die Frau trotz ihres erklecklichen Alters keine Routine im Umgang mit Männern besaß. Ich glaube, außer von meinem Vater und Martin war Hedwig in den letzten dreißig Jahren von keinem Mann mehr beachtet worden. Begehrt schon gar nicht.
    »Gerne doch, wenn ich statt des Kaffees einen Becher Tee trinken darf«, erwiderte Herr Larentius auf meine Einladung und enteilte auch schon, um sich einen Tee zuzubereiten.
    Ich wollte gerade zu einer Bemerkung ansetzen, doch Hedwig kam mir zuvor.
    »Halt den Mund«, sagte sie und zeigte mir ihren arthritischen Mittelfinger, der arg zitterte, sonst aber wie eine Eins aus der geballten Faust hervorragte. Mir fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Das musste sie sich von Lisa abgeschaut haben.
    Es war nicht zu leugnen: Seit dem Unfall meines Gatten machte sich in meiner

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