Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
Fettgehalt der Speisen hielt sich in Grenzen und behagte sicherlich auch so kalorienbewussten Gästen wie den beiden Berner Damen. Beschwerlich für uns Gäste war allein die Größe der Portionen und das traurige Gesicht von Hugo, wenn Larentius wie an diesem Abend halb volle Teller zu ihm zurück in die Küche trug. Betrübt war er an unserem Tisch erschienen und hatte sich erkundigt, weshalb wir seine Gemüselasagne verschmähten. Es hatte Hedwig und mich einige Mühe gekostet, bis wir Hugo glaubhaft gemacht hatten, dass es keineswegs an seinen Kochkünsten, sondern ausschließlich an der Größe der Portionen lag. Larentius hatte uns schließlich unterstützt und Hugo erklärt, dass unsere Mägen sich erst an die ländlichen Portionen gewöhnen und sich weiten müssten. Hugo hatte sich daraufhin ein wenig beruhigt und uns zu einem Kaffee eingeladen.
Während Hedwig und Larentius sich also beim Hüpfekasten-Springen vergnügten, kam ein kleiner korpulenter Mann um die fünfzig mit schweinchenrosa Wangen und hellbraunem, dichtem Haar, das er kess über die Ohren gekämmt hatte, in dem kleinen Biergarten auf mich zu und fragte, ob er sich einen Augenblick zu mir setzen könnte. Während ich überrascht nickte, winkte Larentius ihm ein »Hallo, Konrad, das Bier steht im Kühlschrank!« zu und kümmerte sich nicht weiter um den neuen Gast.
»Schuhriegel, Konrad Schuhriegel ist mein Name.«
»Claire Hillger.«
»Ich weiß. Ich bin hier der Polizist. Ich hol mir nur schnell ein Bier und vielleicht können wir uns dann einen Moment unterhalten.«
Ich nickte zustimmend und Schuhriegel verschwand, um eine halbe Minute später mit einer Flasche Bier und einem Glas zurückzukehren.
»Wissen Sie, Sie sind sicher verwundert, dass ich mit Ihnen sprechen möchte.« Schuhriegels rosiges Gesicht wurde noch einen Tick rosiger, während er die Bierflasche mit einem Plopp öffnete und das Bier vorsichtig in das schräg gehaltene Glas laufen ließ. »Aber gestern früh unterhielt ich mich noch einmal mit Paul und er erzählte mir, dass Oskar an seinem Todestag sehr aufgeregt gewesen sei, weil er glaubte, in Ihnen und Ihrer Begleiterin zwei von den Hamburgerinnen erkannt zu haben, die in unserem Dorf die beiden Leichen abgelegt hätten. Sie haben doch davon gehört, oder?«
Ich nickte. Sollte Schuhriegel vorgehabt haben, mich zu überraschen, war ihm das gelungen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Oskar uns noch einmal einholen würde. Hatte der Dorfpolizist allerdings vor, mich einzuschüchtern, gar zu ängstigen, gelang ihm dies nicht. Dazu war er denn doch zu tapsig, zu unerfahren, vielleicht sogar zu beschränkt.
»Und haben Sie die Toten hergebracht?«
Ich starrte den kleinen, korpulenten Mann vor mir belustigt an.
»Die Frage meinen Sie doch nicht ernst, oder?«, entgegnete ich schließlich.
»Doch, eigentlich schon. Sehen Sie, Oskar sah vielleicht wie ein Volltrottel aus und war nicht ganz normal im Kopf, aber richtig verblödet war er auch nicht.« Schuhriegel trank einen Schluck Bier und musterte mich über den Rand seines Glases hinweg aus grauen Augen, die in den speckigen Hautfalten seiner Schlupflider fast verschwanden.
»Aber er hat doch auch die beiden Schweizerinnen verdächtigt. Das erzählte uns jedenfalls Ihr Freund, Herr Larentius. Sie können ihn gerne fragen.«
»Weshalb? Ich weiß ja, dass Oskar die zwei Damen als Erstes verdächtigte. Das lag an den Frisuren und am Alter. Sehen Sie, Sie haben die auch und sind ebenfalls in dem Alter, das Oskar angegeben hat. Und ganz zufällig sind Sie auch noch aus Hamburg und tauchen hier ebenso zufällig, ein paar Tage nachdem die Leichen gefunden wurden, auf. Eigenwillig. Sehr eigenwillig sogar. Und dann fahren Sie auch noch einen Audi. Auch ein merkwürdiger Zufall.« Schuhriegel spielte mit dem Glas in seiner Hand. Er hob es an, drehte es um sich selbst und stellte es auf die Tischplatte zurück, hob es nach einer kleinen Pause erneut an, drehte es um sich selbst, stellte es zurück.
»Was soll das denn heißen?«
»Na ja, Oskar hat einen Audi und einen Opel erkannt.«
»Und wo bitte schön soll ich in meinem Cabriolet die Leiche transportiert haben? Haben Sie sich das schon mal gefragt und sich den Kofferraum angesehen? Der ist, mit Verlaub, viel zu klein für einen kompletten Menschen.« Ich lächelte den Mann an.
»Und wer sagt überhaupt, dass die zwei Leichen nicht in einem Auto transportiert wurden und das zweite nur als Begleitung mitgefahren
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