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Mein Mann der Moerder

Mein Mann der Moerder

Titel: Mein Mann der Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind
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stundenlang reden, uns erzählen, welche Hobbys wir pflegen, welche Vorlieben und Abneigungen wir haben«, plauderte sie munter drauflos. »Aber ob es funkt oder nicht, wissen wir erst, wenn wir uns gegenübersitzen. Glaub mir, ich habe da Erfahrung. Es gab schon Typen, mit denen habe ich Stunden am Telefon gequatscht, war ganz begeistert und dachte: Der ist es. Aber als er mir dann gegenüberstand …« Mona sparte sich den Rest des Satzes.

    Matze, der in Ermangelung eines Taschentuches, das Bier in seine Hand geschnäuzt und diese an seinem Bettzeug abgewischt hatte, wusste nur zu genau, was sie meinte. Wahrscheinlich war auch er ihr zu klein, zu dick, zu hässlich. Auf der anderen Seite sah Mona auch nicht gerade aus wie Penélope Cruz. Und für diese kleine Altenpflegerin war er als Express -Fotograf vielleicht gar keine so schlechte Partie.

    »Okay«, hörte Matze sich sagen. »Wann und wo?« Diese Erwiderung hatte ihm sein Beruf, in dem er oft gezwungen war, ein Pokerface aufzusetzen, vorschnell diktiert. Na ja, er konnte sich die Sache trotzdem noch mal durch den Kopf gehen lassen.

    Doch Mona sagte: »In anderthalb Stunden. 21 Uhr. Im Exil. «

    Ups. Die war aber von der ganz schnellen Truppe. Matze kannte das Exil , eine Kneipe im Siebzigerjahrestil mit futuristisch geformten Ledersesseln und einer grellbunten Plastikverkleidung an den Wänden, die an Schmetterlingsflügel erinnerte.

    »Okay«, sagte Matze noch einmal, der inneren Stimme des hartgesottenen Polizeireporters gehorchend. »Bis 21 Uhr.«

    »Bis dann«, gab Mona zurück. Es klickte. Das Knuddelchen hatte aufgelegt.

    Der Countdown lief.

    Keine Minute nach dem Telefonat stand Matze unter der Dusche. Anschließend schrubbte er sein marodes Gebiss mit einer Intensität, die seinem Zahnarzt, der ihn bei jedem Besuch mahnte, mehr Wert auf Mundhygiene zu legen, die Freudentränen in die Augen getrieben hätte. Er musste sich vor seinem Rendezvous noch an irgendeiner Tankstelle Fisherman’s Friend besorgen. Die scharfen Pfefferminzbonbons würden seine Bierfahne überdecken.

    Vor seinem Kleiderschrank, in dem die meisten Sachen wild durcheinander in den Fächern lagen, überlegte Matze nicht lange. Nicht nur, weil er keine Lust hatte, im Gewühl seiner Wäsche nach der geeigneten Garderobe zu suchen. Er besaß ohnehin nur Jeans und Hemden. Er angelte sich ein kariertes Holzfällerhemd, das kein Bügeleisen brauchte, aus dem Kleidergewirr. Die Jeans, die er tagsüber getragen hatte, war noch verhältnismäßig frisch. Schließlich begutachtete Matze sich im Spiegel. Eigentlich sah er gar nicht so schlecht aus. Zwar war er eher klein und auch ein bisschen füllig. Sein blondes Haar hatte er raspelkurz geschoren, denn seine Platte breitete sich auf seinem Schädel aus wie eine Wüste, die sich immer weiter durch eine Landschaft fraß. Aber irgendwie war er ein kerniger Typ. Ja, das war er. Er war ein Mann, auf den Verlass war.

    Selbstzufrieden machte er sich auf den Weg ins Exil.

    Als er sich eine halbe Stunde später der Kneipe näherte, verließ ihn der Mut. Ihm war flau im Magen.

    Mona saß draußen an einem Tisch und blätterte im Stadtmagazin Tip. Matze erkannte sie sofort. Mona sah besser aus als auf dem Foto. Süß, ein bisschen rundlich zwar, unter ihrem engen T-Shirt quollen entzückende Speckröllchen. Sie trug eine schwarze Hose, vielleicht, weil diese Farbe im Ruf stand, ein Schlankmacher zu sein. Ihr lockiges Haar war zum Zopf gebunden. Mona war ungeschminkt, wirkte ganz natürlich. Eine Frau zum Pferdestehlen, genau wie Matze sie sich gewünscht hatte.

    Doch obwohl er angenehm überrascht war, brachte er es nicht fertig, zu Mona an den Tisch zu gehen. Matze kam sich in seinem groben Holzfällerhemd und der ausgeblichenen Jeans, deren Marke nicht besonders angesagt war, plötzlich vor wie ein Bauer aus der Provinz. Und dann fielen ihm seine Zähne wieder ein. Matze sah es schon vor sich, wie Mona aufstehen und schreiend davonrennen würde. Oder sie würde sitzen bleiben und vielsagend ihre Brauen hochziehen.

    Zum Glück hatte er ihr gegenüber einen entscheidenden Vorteil. Er wusste, wie sie aussah. Mona aber wusste nicht mal seinen richtigen Namen. Das versetzte ihn nun in die vorteilhafte Lage, sich unbemerkt aus dem Staub machen zu können.

    Wie ein geprügelter Hund war er am Exil vorbeigeschlichen. Er hatte Mona sitzen gelassen, war geradewegs ein paar Straßen weiter zu Uwe ins Kap Hoorn gegangen, um sich solange volllaufen

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