Mein Monat mit dem Millionär
zerrissen, zerknittert und fleckig.
„Was wäre die Alternative?“ Emilio wies auf seine Pyjamashorts, unter der sich seine Erektion deutlich abzeichnete.
Sein Argument überzeugte sie, und sie ließ es zu, dass er sie vom Tresen hob. Hastig richtete sie ihre Uniform – oder was davon noch übrig war. Oben musste sie sie mit der Hand zusammenhalten, um dem Kurier keine ungewollten Einblicke zu bieten.
Als sie sich in Bewegung setzte, hielt Emilio sie am Arm fest. „Glaub nicht, dass ich mit dir fertig bin“, murmelte er, und der verführerische Unterton war unüberhörbar.
Allein die Vorstellung, was bald geschehen würde, ließ Isabelle lustvoll erschauern.
Es klingelte erneut, und er löste sich von ihr. „Geh hin!“
Sie rannte hinüber in die Eingangshalle, und als sie an dem großen Wandspiegel vorbeikam, sah sie, wie vollkommen derangiert sie wirkte. Das Kleid war kaputt, ihr Haar zerzaust, ihre Wangen gerötet. Der Kurier würde sich seinen Teil denken. Na und? Solange er sie nicht erkannte, war es ihr egal.
Mit einer Hand hielt sie das Kleid zusammen und öffnete mit der anderen die Haustür. Sie hatte einen Kurierfahrer in Uniform erwartet, doch der Mann auf dem obersten Treppenabsatz trug ausgeblichene Jeans, Cowboystiefel und dazu eine schicke schwarze Lederjacke. Sein dunkles Haar fiel bis auf die Schultern und war mit Gel aus dem Gesicht gekämmt. Irgendwie kam er ihr bekannt vor.
Der Blick, mit dem er sie musterte, war amüsiert, und die Art, wie er seine Augenbraue hochzog, wirkte vertraut. „Muss ganz schön heftig gewesen sein, was?“
Emilio fluchte leise, als er die Stimme seines jüngeren Bruders erkannte. Drei Monate lang hatte niemand etwas von ihm gehört. Musste er ausgerechnet jetzt wieder auftauchen? Hoffentlich erkannte er Isabelle nicht.
Während sie noch sprachlos dastand, schob sich Emilio an ihr vorbei. „Schon gut, ich mache das“, sagte er zu ihr und hätte fast gegrinst, als er sah, wie sie einen Blick auf seine Pyjamashorts warf.
„Ich ziehe mich um“, verkündete sie und eilte in Richtung Küche.
„Hallo, Bruderherz“, sagte Estefan und lächelte breit. „Lange nicht gesehen.“
Er sah gut aus und schien ausnahmsweise weder getrunken noch gekifft zu haben. Allerdings war er ein Meister darin, seine Alkohol- und Drogenabhängigkeit zu verbergen. Mit seinem Charme schaffte Estefan es immer wieder, Leute für sich einzunehmen, die sich eigentlich geschworen hatten, nie wieder auf ihn hereinzufallen. Emilio gehörte nicht mehr dazu. Seine Lektion hatte er bitter lernen müssen.
„Was willst du, Estefan?“
„Möchtest du mich nicht hineinbitten?“
Ausweichend antwortete Emilio: „Ich möchte zuerst wissen, wo du dich in den vergangenen drei Monaten herumgetrieben hast. Mama hat sich große Sorgen gemacht.“
„Ich war nicht im Gefängnis, falls du das annimmst.“
Nein, tue ich nicht, dachte Emilio. Sonst hätte Alejandro davon erfahren.
„Du wirst mir nicht glauben, aber ich bin clean und trocken. Schon seit Monaten“, erklärte Estefan.
Emilio glaubte ihm tatsächlich kein Wort. Zwar hatte es Zeiten gegeben, in denen sich sein Bruder freiwillig in eine Entzugsklinik begeben hatte, doch er war bald wieder rückfällig geworden.
„Was willst du, Estefan?“
„Nur meinen großen Bruder besuchen.“
Wieder eine Lüge. Normalerweise brauchte er entweder Geld oder Unterschlupf oder beides. Manchmal wollte er sich auch ein Auto leihen, weil sein Motorrad beschlagnahmt oder zu Schrott gefahren worden war. Natürlich war es nie Estefans Schuld.
„Wenn du mir nicht sagst, weshalb du hergekommen bist, mache ich die Tür zu.“
Als er merkte, dass sein Charme hier versagte, verschwand Estefans Lächeln. „Ich will einfach nur mit dir reden.“
„Es gibt nichts zu reden.“
„Komm schon, Emilio. Ich bin doch dein kleiner Bruder.“
„Wo hast du gesteckt?“
„Meistens in Los Angeles. Ich habe einen neuen Geschäftspartner.“
Vermutlich stammte der wie üblich aus der Unterwelt. Estefans „Geschäfte“ bestanden meistens aus Hehlerei oder Drogendeals. Er war ein Kleinkrimineller, und nur weil er einen Staatsanwalt als Bruder hatte, saß er nicht permanent im Knast.
„Willst du mich wirklich nicht hineinbitten?“, fragte er und wirkte plötzlich müde.
„Habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt?“
„Eigentlich hätte ich nicht gedacht, dass du dich an deine Hausangestellten ranmachst. Aber ich hätte auch nie vermutet,
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