Mein Mutiger Engel
in einer zwielichtigen Spelunke, die Black Jack häufig besuchte. Meine Kleidung und mein Besitz waren verschwunden, ich trug die Sachen, in denen du mich heute gesehen hast. Anstelle meines Pferdes stand ein unverwechselbarer schwarzer Wallach mit einer weißen Fessel und weißer Blesse im Stall, Black Jacks Pferd. Den letzten Ausschlag gab die Szene, die die Schankmagd vorspielte. Sie warf sich mir an die Brust und schluchzte, ich sei nicht Black Jack, was natürlich verflucht verdächtig wirkte."
"Aber du hast ihnen doch sicherlich gesagt, wer du wirklich bist? Deine Freunde …" Mit einem Mal erlosch das Leuchten in seinen Augen, genau wie in dem Moment, als Katherine sich nach seinen Angehörigen erkundigt hatte.
"Es gab niemanden", antwortete er nach einer kurzen Pause. "Ich hatte alles, womit ich meine Identität hätte beweisen können, verloren. Der Verlauf meines Prozesses stand von vornherein fest, und das Urteil ebenso."
"Und der echte Black Jack wird nicht mehr verfolgt. Er muss sich bloß noch etwa eine Woche lang versteckt halten …"
"Genau fünf Tage, von morgen Mittag an gerechnet."
"Warum bist du nicht wütend?", fragte Katherine, um seinetwillen empört. "Dieser Feigling hätte dich ebenso gut gleich in den Rücken schießen können!"
Nick zuckte die Achseln. "Wut wird mir nicht weiterhelfen." Nach einem Blick auf ihr Antlitz rief er bestürzt: "Aber Katherine, weine doch nicht! Wieso weinst du?"
"Ich weine vor Zorn!" Energisch rieb sie sich mit ihrem Taschentuch die Augen und funkelte ihn an, damit es ihm ja nicht einfiel, ihre Tränen auf irgendwelche anderen Gefühle zurückzuführen. Da warf er ihr ein belustigtes Lächeln zu, das ihre Aufmerksamkeit auf seine sinnlichen Lippen lenkte. Überhaupt fand sie ihn äußerst gut aussehend. Sehr groß, sehr männlich, und er würde nun jeden Augenblick …
"Ich finde, wir sollten jetzt zu Bett gehen, Kat."
Sie wartete schon den ganzen Abend auf diesen Moment, sie hatte gewusst, dass er unweigerlich kommen würde. Dennoch stieß sie erschrocken den Atem aus.
"Nur zu Bett gehen. Wir können uns unterhalten, wenn du magst, oder schlafen, nichts weiter. Ehrenwort."
"Willst du nicht …"
"Dich lieben? Doch, gewiss", erklärte er sachlich. "Schließlich bin ich ein Mann, und du bist eine äußerst anziehende junge Dame. Aber ich werde dich nicht zwingen, wenn du nicht dazu bereit bist."
"Das bin ich ja." Katherine schluckte. Wie schwer ihr das alles fiel! "Wir haben eine Vereinbarung getroffen, und ich gedenke meinen Teil zu erfüllen. Wie kann ich dir sonst für deine Hilfe danken?"
"Vielleicht, indem du mich eine Woche lang täglich mit Pflaumenkuchen versorgst."
"Mache dich nicht über mich lustig!"
"Das tue ich nicht. Ich achte dich für deinen Mut und dein Ehrgefühl. Ich hätte nicht zu dir sagen dürfen, dass unsere Ehe vollzogen werden muss. Das muss sie selbstverständlich nicht, wir müssen nur die Nacht miteinander verbringen."
"Aber wir sind Mann und Frau, und du wünschst es dir doch." Innerlich wand sie sich vor Verlegenheit. Klang sie etwa, als würde sie ihn anflehen, sie zu lieben? Das tat sie keineswegs, es musste irgendeine andere Erklärung für ihre Enttäuschung und für ihre erhitzten Wangen geben.
"Ich habe es mir reiflich überlegt", meinte Nicholas, während er aufstand und seinen Rock auszog. "Was wäre, wenn du ein Kind empfängst? Das Kind eines Wegelagerers? Du wirst es ohnehin schwer haben …"
Katherine erschrak. "Daran hatte ich gar nicht gedacht."
"Es könnte aber geschehen. Bitte, Katherine, lass uns jetzt schlafen gehen. Ich träume schon seit Wochen von einer Nacht in einem ordentlichen Bett."
"Du kannst gerne allein darin liegen. Ich werde mit dem Stuhl vorlieb nehmen", schlug sie vor. Obwohl er keine Anstalten gemacht hatte, sie zu liebkosen, klopfte ihr Herz vor Aufregung.
"Muss ich dich eigenhändig ausziehen und ins Bett stecken?", fragte er langsam und genüsslich. Katherine konnte sich nur zu gut vorstellen, wie gerne er das tun würde.
"Nicht nötig", erwiderte sie würdevoll. "Wenn du dich kurz umdrehst, werde ich schon von allein zu Bett gehen."
Sobald er mit dem Rücken zu ihr am Tisch saß, schlüpfte sie aus ihren Kleidern und zog ihr Nachtgewand an. Sie hatte das zarteste, hübscheste Hemd gewählt, das sie besaß, um sich willig zu zeigen und ihm zu gefallen. Nun schien es ihr geradezu unanständig.
Anschließend zog sie die Nadeln aus ihrem Haar, bis es ihr lose über den Rücken
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