Mein Mutiger Engel
Katherine", erklärte John geradeheraus.
"Herzlichen Glückwunsch! Das freut mich aber!" Zuerst umarmte Katherine Jenny, dann stürzte sie John in arge Verwirrung, indem sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte. "Wie schade, dass unsere Wege sich bald trennen werden. Habt ihr denn schon Pläne geschmiedet?"
"Ja, allerdings." Auf ein Zeichen des Kutschers hin nahmen sie alle drei an seinem kleinen Tisch Platz. "Mein Vater betreibt unten in Devon ein kleines Fuhrunternehmen. Er liegt mir schon seit Jahren in den Ohren, es zu übernehmen, da ihm die Arbeit allmählich zu viel wird, und ich glaube, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt dafür."
"Mit etwas Fleiß und Ehrgeiz", warf Jenny ein, "können wir das Geschäft über die nähere Region hinaus erweitern."
"Großartig! Ihr beide werdet es sicher weit bringen."
"Wissen Sie, Miss Katherine …" Jenny warf John einen Blick zu, und als er nickte, fuhr sie vorsichtig fort: "Wir haben uns gefragt, ob Sie vielleicht vorübergehend zu uns ziehen möchten, falls Sie hier am Ende kein Zuhause finden." Bevor Katherine antworten konnte, fügte sie hastig hinzu: "Ich weiß, dass es gesellschaftlich unter Ihrer Würde wäre, aber …"
"Ganz und gar nicht", erwiderte Katherine herzlich. "Im Gegenteil, eure Einladung rührt mich. Falls ich darauf zurückgreife, bestehe ich allerdings darauf, für meinen Unterhalt zu arbeiten. Vielleicht braucht ihr in eurem neuen Geschäft eine Buchhalterin? Davon verstehe ich immerhin etwas." Sie konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als bei Freunden zu wohnen und einer ehrlichen Tätigkeit nachzugehen – abgesehen von einem Leben an Nicks Seite.
"Eine gute Idee", bekräftigte John. "Denken Sie in Ruhe darüber nach, Miss Katherine. Wenn Sie sich anders entscheiden, nehmen wir es Ihnen gewiss nicht übel."
"Auch ihr müsst es euch gut überlegen, John."
"Das haben wir", versicherte Jenny.
"Dann bin ich einverstanden, vielen herzlichen Dank! Aber ich will mich euch nicht aufdrängen. Ich werde euer Angebot nur annehmen, wenn mir wirklich nichts anderes übrig bleibt, das verspreche ich euch." Neben überwältigender Erleichterung verspürte Katherine auch einen Anflug von Trauer. Nun, mit der Aussicht auf ein gesichertes Leben, musste sie sich endgültig damit abfinden, Nick zu verlassen. "Für wann plant ihr die Hochzeit?"
"Gleich nach unserer Ankunft in Devon", antwortete John mit einem zärtlichen Blick auf Jenny.
"Dann werde ich euch jetzt allein lassen." Mühsam hielt Katherine ihre Tränen zurück, bis sie den Hof erreicht hatte. Wieso weine ich eigentlich? fragte sie sich. Natürlich freue ich mich für John und Jenny. Neid? Ja, das auch. Erleichterung? Auf jeden Fall. Und Schmerz …
"Hallo, Katherine", vernahm sie da Nicks Stimme, zu spät, um sich zu verbergen oder ihre Tränen wegzuwischen. "Was gibt es? Was bedrückt dich?"
"Nichts." Sie rang sich ein Lächeln ab, während sie sich bei ihm unterhakte und ihn von der Treppe wegführte. "Bitte erzähle es noch nicht weiter, aber John und Jenny wollen heiraten." Dann berichtete sie in munterem Plauderton von den Plänen des jungen Paars, ohne ihre eigene Rolle darin zu erwähnen.
"Großartig", meinte Nick. Vor dem Tor zum Haupthof blieb er stehen und zog ein großes weißes Taschentuch hervor, mit dem er sanft ihre Augen abtupfte. "Weine doch nicht, Katherine."
Nun kamen ihr erst recht die Tränen. Sie wollte sich ihm in die Arme werfen, ihm beichten, dass sie vorhatte, ihn zu verlassen, sich von ihm trösten und zum Bleiben überreden lassen …
Schließlich gab sie sich einen Ruck. "Hör auf damit", forderte sie ihn lächelnd auf. "Bestärke mich nicht darin, so albern und sentimental zu sein. Hast du übrigens nach mir gesucht?"
"Ja. In einer halben Stunde fahren wir nach Newcastle, um unsere Garderobe für Vaters verflixten Ball zu bestellen."
"Aber ich kenne dort keine Damenschneiderin!"
"Ich empfehle dir Madame LeBlanc."
"Eine Französin?", erkundigte sich Katherine voller Interesse.
"Wahrscheinlich stammt sie hier aus der Gegend", erwiderte Nick ironisch. "Aber sie versteht ihr Handwerk. Wo willst du hin?"
"Zu Jenny. Ich kann unmöglich ohne meine Zofe in der Stadt einkaufen gehen, stell dir vor, was für einen schlechten Eindruck das machen würde."
"Ich hatte gehofft, meine Gesellschaft würde genügen", wandte Nick schmunzelnd ein.
"Keineswegs, das weißt du doch", tadelte sie ihn. "Wir treffen uns in einer halben Stunde in der Eingangshalle."
Erst
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