Mein mutiges Herz
nach ihr entsprach genau den Empfindungen, die er für die Lebensgefährtin verspüren wollte, die ihm von den Göttern zugedacht war. Aber diese Frau würde Lindsey nie sein. Sie passten einfach nicht zueinander. Und dennoch verzehrte er sich nach ihr, konnte sie nicht aus seinen Gedanken verbannen. Sie waren nicht vom Schicksal füreinander bestimmt, und dennoch begehrte er sie, heftiger als jede Frau vor ihr. Thor fluchte in sich hinein.
Ihr erster Besuch galt dem Golden Pheasant, einem von Covent Gardens besseren Etablissements – was nicht viel zu bedeuten hatte. Beim Eintreten nahm Thor Lindsey den Umhang ab und reichte ihn einem Diener an der Tür.
„Wir bleiben nicht lange“, sagte Thor.
Lindsey ließ den Blick schweifen. Sie war schon einmal hier gewesen, als Mann verkleidet, zusammen mit Elias, und war unverrichteter Dinge wieder abgezogen, da ihr niemand Auskunft geben konnte. Das Lokal wirkte nicht ganz so verkommen wie das Blue Moon, die Gäste waren gut gekleidet. Mit sanftem Druck seiner Hand an ihrer Mitte drängte Thor sie vorwärts. Sie spürte seine Hitze durch die dünne Seide, und in ihrer Magengegend erhob sich ein Flattern.
Sein Seitenblick traf sie überraschend. Ein Hitzeschwall durchströmte sie und verhärtete die Knospen ihrer Brüste, deren pralle Rundungen aus dem tiefen Ausschnitt des engen Mieders zu quellen drohten.
Thors Blick flog zu Leif, der nichts zu bemerken schien.
„Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte sie unschuldig, wohl wissend, dass ihm nicht behagte, welch tiefe Einblicke das gewagte Dekolleté fremden Männerblicken gewährte. Mit unwirscher Miene holte Thor ein weißes Taschentuch hervor und legte es über ihren Busenansatz.
„Jetzt können wir gehen.“
Sie verkniff sich ein Schmunzeln. Bevor sie erklären konnte, dass eine Frau, die ihren Körper verkaufte, ihre Blößen nicht schamhaft bedeckte, entfernte Leif das Tüchlein mit zwei spitzen Fingern.
„Sie spielt eine Rolle“, sagte er. „Lass sie in Frieden.“
Thor versteifte sich. „So würdest du nicht reden, wenn sie Krista wäre.“
„Krista ist meine Gemahlin.“ Ein seltsamer Ausdruck flog über Leifs Gesicht.
Thor drängte Lindsey vorwärts. „Kommen Sie. Es wird Zeit, Antworten zu finden.“
Das Trio begab sich in den hinteren Teil des Spielsalons, Lindsey zwischen zwei hünenhaften Männern, der eine dunkel, der andere blond, beide mit tiefblauen Augen. Hätte sie an der Geschichte gezweifelt, die Thor ihr über das Wikingerleben auf ihrer Insel erzählt hatte, wären ihre Zweifel in diesem Augenblick hinweggefegt worden.
Diese Männer waren Kämpfernaturen. Das erkannte sie an der Art, wie sie sich bewegten, an dem Selbstvertrauen, das sie ausstrahlten, mit dem sie jedem Mann in dem Etablissement zu verstehen gaben, sich besser nicht mit ihnen anzulegen. Die Angst nach ihrem traumatischen Erlebnis vor wenigen Tagen war verflogen, als die Gäste zur Seite wichen, um die drei passieren zu lassen, als würde ein Schwert die Menge in zwei Hälften teilen.
„Wir wünschen, den Geschäftsführer Mr. Adams zu sprechen“, sagte Leif zu einem jungen Mann, der an einem Tisch neben der Tür saß, die zum Büro führte.
„Kennen Sie ihn?“, fragte Lindsey.
„Früher habe ich hier gelegentlich Karten gespielt. Aber ich war schon länger nicht mehr hier.“
Wie hatte sie das nur vergessen können? Vor seiner Heirat mit Krista hatte Leif Draugr ein Vermögen am Spieltisch gewonnen, so hohe Summen, dass er das Vertrauen ihres Vaters gewann, ihm bei der Gründung seiner Schifffahrtsgesellschaft zu helfen. Man munkelte, es habe vor ihm nie einen besseren Kartenspieler gegeben.
„Ich bin Mr. Adams. Sie wollen mich sprechen?“ Der Geschäftsführer, der ein dünnes Oberlippenbärtchen trug, lächelte, als er Leif erkannte. „Mr. Draugr, freut mich, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen. Was kann ich für Sie tun?“
„Wir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen über die Nacht, in der Phoebe Carter ermordet wurde.“
Adams schüttelte den Kopf, wobei ein paar Strähnen seines sorgfältig in der Mitte gescheitelten Haares in Unordnung gerieten. „Unangenehme Sache. Wie die Zeitungen schreiben, ist der Mord nur ein paar Straßen entfernt geschehen. Ich hatte in jener Nacht Dienst.“
„Kennen Sie einen jungen Mann namens Rudolph Graham?“, fragte Lindsey. Die Nachricht von der Festnahme ihres Bruders würde erst morgen in allen Zeitungen stehen.
„Tut mir leid, wir geben
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