Mein mutiges Herz
Weise, ja.“
Mrs. Barker trat einen Schritt beiseite und ließ die Besucher ein.
„Wollen Sie eine Tasse Tee?“, fragte die Frau, die den Eindruck machte, dankbar für die Gesellschaft zu sein, und vielleicht auch für die Gelegenheit, über ihre Tochter sprechen zu können. „Heißes Wasser steht schon auf dem Herd.“
„Gerne, das wäre sehr freundlich.“
Die Frau brühte Tee auf, stellte Tassen auf einen grob gezimmerten Tisch in der Küche und bat die Besucher, Platz zu nehmen. Anfangs wurden ein paar höfliche Belanglosigkeiten getauscht, bevor Lindsey zum Thema kam.
„Wir würden gerne wissen, ob …“, begann sie stockend, „… wir würden gerne wissen, ob Sie etwas von Penny gehört haben. Vielleicht haben Sie Ihre Tochter gesehen oder einen Brief von ihr erhalten, nachdem sie aus Merrick Park fortging.“
Die gebeugte Frau schien noch mehr in sich zusammenzusinken. „Sie war ein braves Mädchen, meine Penny. Aber er ist ein vornehmer Herr. Sie war jung und unschuldig, und er wollte sie haben.“ Mrs. Barkers Kinn begann zu zittern. „Die arme kleine Närrin war verliebt in ihn. Sie dachte, er heiratet sie eines Tages.“
„In wen war Penelope verliebt, Mrs. Barker?“
„Na ja, in Seine Lordschaft natürlich … Lord Merrick.“
Ein kalter Schauer rieselte Lindsey über den Rücken. Sie warf Thor einen flüchtigen Blick zu, der mit finsterer Miene zuhörte.
„Wir wissen, dass Penny ihren Dienst bei ihm aufgab“, sagte sie. „Und wir würden gerne wissen, wohin sie gegangen ist, nachdem sie Merrick Park verlassen hat.“
Die alte Frau presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. „Sie wollte nach Hause kommen“, meinte sie schließlich. „Sie schrieb mir einen Brief, dass sie heimkommt, um ihr Kind bei mir zur Welt zu bringen. Sie wollte an einem Montag früh die Postkutsche nehmen und am Nachmittag hier sein. Aber ich habe sie nie wieder gesehen.“ Die alte Frau blickte aus wässrigen Augen ins Leere. „Kein Mensch weiß, was geschehen ist. Aber ich weiß es. Ich weiß, dass der vornehme Viscount sie getötet hat.“
Lindsey versteifte sich.
Thor beugte sich vor. „Warum nehmen Sie das an, Mrs. Barker?“
„Nachdem sie von ihm schwanger wurde, hat er sich verändert. Penny hatte Angst vor ihm … das hat sie mir selbst gesagt.“ Sie hob den Becher Tee, der bereits kalt geworden war, und setzte ihn wieder ab, ohne zu trinken. „Ich habe eine Woche vergeblich auf sie gewartet, dann kam ein Brief von ihr, den sie, kurz bevor sie das Haus verlassen hatte, zur Post gebracht haben muss. Sie schrieb, dass er sie bedroht und ihr verboten hat, über das Kind zu reden. Wenn sie sich nicht daran hielte, würde er dafür sorgen, dass sie für immer darüber schweigt … das hat sie geschrieben.“
„Haben Sie den Brief noch?“, fragte Thor.
Verstört hob die Frau den Blick. „Was?“
„Haben Sie den Brief Ihrer Tochter aufbewahrt?“
Sie schien sich innerlich zu straffen, dann schüttelte sie mutlos den Kopf. „Ich habe ihn verbrannt. Ich wusste, was der Mann verbrochen hat, und es machte mir Angst, den Brief im Haus zu haben. Ich dachte daran, damit zum Constabler zu gehen, aber Merricks Name war nicht ausdrücklich genannt, und ich wusste, dass mir niemand glauben würde. Alle Leute denken, Penny ist davongelaufen, um ihr Kind irgendwo zur Welt zu bringen.“
Lindsey grübelte über ihre Worte nach. Wahrscheinlich hatte die alte Frau recht. Es war keine Leiche gefunden worden, und es gab nicht den geringsten Hinweis auf ein Verbrechen. Penelope war nur eines von vielen jungen Mädchen, die vermisst wurden. Aber irgendwer wusste, was geschehen war. Die Person, von der die anonymen Briefe stammten. Und Lindsey vermutete, dass diese Person der Mann war, der Thor in Foxgrove angesprochen hatte.
„Gibt es sonst noch etwas, das Sie uns sagen können?“, fragte Thor.
Die Frau sah ihn aus glanzlosen leeren Augen an. „Sie war alles, was ich hatte … alles, was ich hatte.“
Es war klar, dass es für sie nichts mehr zu sagen gab. Thor und Lindsey bedankten sich für den Tee und verabschiedeten sich. Auf der Rückfahrt nach Foxgrove sprach weder sie noch er ein Wort. „Denkst du, er hat es getan?“, fragte Lindsey schließlich.
„Mrs. Barker ist davon überzeugt. Und wer immer die anonymen Briefe geschrieben hat, hält ihn gleichfalls für schuldig.“
„Merrick hat meiner Tante erzählt, er würde morgen nach London zurückfahren.“ Lindsey hoffte, Thor
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