Mein mutiges Herz
vernichtenden Blick. „Das kann ich nur hoffen. Sie haben mir diese Aktien verkauft. Und sie wussten genau, in welches Unternehmen ich investieren wollte, als ich mit Ihnen verhandelt habe.“
Wilkins hüstelte hinter der hohlen Hand, während sein Blick unstet zwischen der Tür und seinem Besucher hin und her flog, als suche er einen Fluchtweg. „Wie gesagt, bevor wir in dieser Sache fortfahren, sollten Sie Ihre Unterlagen prüfen und sich vergewissern, wo Sie Ihr Geld angelegt haben.“
„Genau das tue ich. Und dann komme ich wieder.“
Wilkins bemühte sich krampfhaft um ein Lächeln, das ihm nicht gelingen wollte. Thor machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Büro. Er hatte beinahe seine gesamten Ersparnisse in die Alberton und Hollis Eisenbahngesellschaft investiert. Als er Capital Ventures den Auftrag zum Kauf dieser Aktien gab, hatte es keinen Zweifel daran gegeben, um welche Papiere es sich handelte.
Mittlerweile müssten die Aktien erheblich gestiegen sein und hohe Renditen erzielt haben. Er wusste nicht wie hoch, aber er hoffte, die Summe würde ausreichen, um das Stück Land zu kaufen, das ihm vorschwebte und auf dem er eine Pferdezucht gründen wollte. Nun, da Saber in seinen Besitz übergegangen war, brauchte er Kapital, um Zuchtstuten zu kaufen, einen ordentlichen Stall zu bauen und eventuell nötige Verbesserungen vorzunehmen, damit er ein erfolgreicher Pferdezüchter werden könnte.
Thor ballte die Hände zu Fäusten. Dieser Wilkins würde was erleben, falls er ihm tatsächlich die falschen Papier angedreht haben sollte.
Lieber Gott, wie sehr sie ihn vermisste! So hartnäckig Lindsey sich bemühte, sich Thor aus dem Herzen zu reißen, es wollte ihr nicht gelingen. Ständig schwirrte er ihr im Kopf herum.
Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als bei ihm zu sein; wollte seine tiefe melodische Stimme hören, sein sanftes Lächeln sehen, seine starken Arme spüren. In Thors Nähe fühlte sie sich beschützt und unbeschwert, wie nie zuvor in ihrem Leben.
Immer wieder betete sie sich vor, es sei besser so und höchste Zeit, sich von ihm zu trennen und ihr normales Leben wieder aufzunehmen. Erst gestern waren ihre Eltern von ihrer langen Reise heimgekehrt, krank vor Sorge um Rudy. Natürlich hatten sie sich auch gefreut, ihre Tochter wiederzusehen. Aber ihre Hauptsorge galt natürlich Rudy. Sie waren entsetzt, dass ihr einziger Sohn immer noch unter Mordverdacht stand, und Lindsey konnte ihren Kummer nachempfinden.
Die Morde in Covent Garden an den beiden Prostituierten waren immer noch nicht aufgeklärt. Lindsey überlegte fieberhaft, wie sie herausfinden könnte, wo Stephen Camden sich in den fraglichen Nächten aufgehalten hatte, ohne ihn direkt danach zu fragen.
Sie saß an ihrem Schreibtisch in der Redaktion von Heart to Heart und freute sich nach drei Wochen auf dem Land wieder auf ihre Arbeit. Vor ihrer Abreise hatte sie eine Kolumne geschrieben. Coralee hatte in ihrer Vertretung gleichfalls eine verfasst und Lindsey hatte einen Artikel mit der Post geschickt über die mehrtägigen Festlichkeiten von Lady Ashford auf Renhurst Hall.
Nun fühlte sie sich wieder heimisch in ihrem Büro, horchte auf das Stampfen der großen Stanhope Druckerpresse, atmete den vertrauten Geruch nach Papier und Druckerschwärze ein, hörte, wie Bessie Briggs sich lauthals über eine fehlende Druckplatte beschwerte, die sie dringend benötigte. Lindsey freute sich, wieder in der Redaktion zu sein, und dennoch fiel es ihr schwer, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, nach allem, was geschehen war.
Immer wieder kehrten ihre Gedanken zum Viscount und den Morden zurück. Vergeblich versuchte sie sich einzureden, dass die Polizei längst von Rudys Unschuld überzeugt wäre, und ermahnte sich, endlich aufzuhören, sich darüber Gedanken zu machen.
Dann dachte sie wieder an Martha Barker und ihre spurlos verschwundene Tochter Penelope, und wusste, dass es ihr nicht möglich war, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Sie musste in Erfahrung bringen, ob Stephen für das Verschwinden des Mädchens verantwortlich war.
Sie biss sich auf die Unterlippe und überlegte fieberhaft, wie sie an ihn herankommen könnte. Und dann kam ihr plötzlich eine Idee. Sein Kammerdiener! Der Mann, der ihm täglich die Kleidung zurechtlegte, war mit den Gewohnheiten seines Herrn vertraut und hatte zumindest eine ungefähre Ahnung, wie und wo er seine Abende verbrachte.
„Ich kann geradezu hören, wie das Räderwerk in
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