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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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Haslachbäuerin, die seit kurzem nach Pitengouua zurückgekehrt sein sollte. „Die Frau Richlint schläft seit zwei Monden wieder im alten Haus ihrer Mutter, wenn du den Bach entlang gehst, siehst du die windschiefe Hütte gleich neben dem großen Hollerstrauch stehen! Sie ist sicher nicht mit den anderen aufs Feld gegangen, denn seit sie wieder im Dorf lebt, hat sie ihr Haus fast nicht verlassen, geht nur manchmal zum Meierhof hinunter und redet mit Leonhard und Afra über die Trennung vom Haslachbauern.“
    Nachdenklich strich die junge Frau dem Buben an ihrer Hand über die hellen Locken. „Sie tut uns allen hier in Pitengouua recht leid, die Frau Richlint, denn Chuonrad hat sie verstoßen, weil sie ihm keine Kinder geboren hat, und dafür kann sie selber doch nichts, das ist allein Gottes Wille! Jetzt streiten sie um die Brautgabe, unser Meier und der Haslachbauer, und die arme Frau muß zusehen, daß ihr etwas bleibt von dem reichen Leben, das sie bis jetzt gewohnt war.“
    Hildeger hatte der Magd aufmerksam zugehört, und es schien ihm hier im Dorf die gleiche einhellige Stimmung zu herrschen wie in den benachbarten Weilern, denn im ganzen Gau wurde über das ungerechte Schicksal von Richlint und das harte Verhalten von Chuonrad geredet und ein jeder fühlte Mitleid mit der unschuldigen, jungen Frau. Hildeger war sehr gespannt darauf, sie zu sehen und von ihr selbst alles zu erfahren, und er verabschiedete sich freundlich von der Kindsmagd und machte sich auf den Weg den Bach entlang zur alten Hütte von Folchaid.
    Die Leibeigenen des Händlers ruhten sich im Schatten unter dem Schopf des Langhauses aus und achteten nicht auf ihren Herrn, und nur die beiden alten Frauen unter der Dorflinde und ein müder, struppiger Hofhund neben ihnen wandten neugierig die Köpfe, als der dicke Hildeger kurzatmig mit schnellen Schritten vorbei eilte. Die Pitenach führte in diesem heißen Sommer sehr wenig Wasser, reichlich müde floß ein kleines Bächlein über die glatten Kiesel in ihrem schlammigen Bett, und Hildeger dachte im Gehen bei sich, daß die junge Magd sich nicht zu sorgen brauchte, denn in diesem Rinnsal konnte der kleine Agilolf wohl kaum ertrinken.
    Die kleine Hütte neben dem Hollerstrauch mit den vielen Astlöchern und fehlenden Holzplanken wirkte schäbig und heruntergekommen, die weit offen stehende Tür hing schief in verrosteten Angeln und das mit gelben Strohbündeln gedeckte Dach war an einigen Stellen faulig und schwarz vom Rauch der Feuerstelle. Über den Zweigen des Hollerbusches hingen leuchtend rote Wollstränge zum Trocknen, und laut vor sich hin singend eilte eine junge Frau geschäftig umher, rührte mit einem dicken Stecken in zwei Holzbottichen mit einer dunklen Brühe und legte mit bis über die Ellbogen schwarzen Händen immer wieder naturfarbene, ungesponnene Wolle von einem großen Haufen auf der Erde in das braunschwarze Wasser. Die Frau war barfuß und trug nur einen losen Überwurf aus grob gewebtem Leinen, in der Leibesmitte von einem einfachen Flechtgürtel zusammengehalten, und ihre kräftigen Arme waren nackt bis zu den Schultern. Das in der Mittagssonne goldfarben glänzende Haar war in zwei dicken Zöpfen aufgesteckt, und die bloße Haut an Armen, Beinen und im Gesicht war von der Sonne zart gebräunt und schimmerte in einem sanften Bronzeton.
    „Ein ansehnliches Weib!“ dachte Hildeger beim Näherkommen, „sie ist keine Schönheit wie ihre Mutter Folchaid, aber alle Rundungen sind an den richtigen Stellen und sie bewegt sich so geschmeidig wie eine Katze, da möchte man hinlangen und diesen Körper halten und fest hinein greifen in das Fleisch mit der glatten, braunen Haut, sich die langen, goldenen Haare über das Gesicht legen und seine Sorgen vergessen! So eine stattliche Frau wird Chuonrad nicht so schnell wiederfinden!“
    Richlint hatte bemerkt, daß sich ein Mann ihrer Hütte näherte, und sie legte die Hand über die Augen, um sie gegen das Sonnenlicht zu schützen und zu sehen, wer der unerwartete Besucher war. „Sei gegrüßt, Händler Hildeger!“ rief sie erfreut, als sie den kleinen, beleibten Mann erkannte, „du kommst mir gerade recht! Die Färbepflanzen gehen mir aus, und du hast sicherlich etwas Waid und Krappwurzeln in deinem Wagen verstaut, die ich gegen fein gewebtes Tuch oder ein rotes Fuchsfell mit dir tauschen kann.“
    Die junge Frau kannte den Händler schon lange, als Bäuerin eines großen Hofes hatte sie des öfteren Gewürze und Wein bei ihm

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