Mein Name ist Toastbrot (German Edition)
etwas hilflos. Wenn man diese liest, klingen sie so unendlich nachvollziehbar. Wir haben kein Interesse euch weitere Steine in den Weg zu legen und haben dies auch mit Herr Kaspar besprochen, der seine Anzeige zurückgezogen hat. Ich möchte euch bitten nicht über das Thema zu sprechen und Herr Kaspar wird das auch nicht tun. Sorry, mehr kann ich nicht für euch tun.“
„Was sollen wir da jetzt sagen? Das sind zu viele Eindrücke in zu kurzer Zeit.“
„Sagt einfach gar nichts. Ich habe einen Neffen, der einen ähnlichen Weg zurückgelegt hat, wie ihr. Für ihn wollte ich damals nichts tun und das hab ich mir immer noch nicht verziehen.“
Er grüßte, stieg ins Auto und düste davon.
Wir schauten uns an, holten uns was zu trinken und warfen uns aufs Bett.
„David, jetzt wissen wir, was Selbstgerechtigkeit ist.“
„Ja, das hat er uns gerade beigebracht. Noch einer von diesen Eliteproleten.“
„Was motiviert Menschen zu so einem Verhalten?“
„Erwachsene versuchen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, ihr Revier zu markieren. Im Unterschied zu Tieren, verwenden sie aber keine Pisse, sondern Intensivgeplapper.“
„Dieser Kaspar läuft durch die Welt, befummelt weiß ich wen, provoziert ein paar Jungs und erkauft sich mit seinem Stillschweigen die Möglichkeit genauso weiterzumachen.“
„Das ist ja noch nicht mal das Schlimmste. Wir hätten seinen Respekt, aber er kann nichts für uns tun.“
„Wir sind verdammt, Helden zu sein. Wenn du auf einem Bein durch die Welt hüpfst, bist du der Star, der sich nicht klein kriegen lässt und anderes Leben aufwertet.“
„Ja, das ist unsere Aufgabe. Wer von der Elite könnte sich gut fühlen, wenn es uns nicht schlecht ginge? Wenn man nun mal auf einem Bein durch die Welt hüpfen muss, weil man nur ein Bein hat, macht einen das nicht zum Helden. Man ist einer, wie alle anderen, die sich von A nach B bewegen.“
„Lustig. Indem du versuchst, dich normal zu verhalten, fühlen sich andere erst normal, und da du ihnen dieses Gefühl schenkst, machen sie dich für das ganz Normale zum Heldenund vergessen dabei einem in der Sauna die Tür aufzuhalten.“
Wir lachten beide und konnten uns nun doch ein wenig über die unproblematische Beilegung des Vorfalls freuen.
„Conny, ich will dir die Saunatür aufhalten. Das mach ich mit einem Bein und einem Handtuch.“
„Ja cool, ich hab dich sowieso schon eine ganze Woche nicht mehr nackt gesehen.“
„Scherzkeks, ausziehen könnte ich mich auch hier. Wo fahren wir hin?“
„Michaelibad?“
„Prima, dann pack mal alles ein.“
So ein Saunabesuch ist schon was Heißes. Ein Kleinod in der Großstadt in dem Menschen ihre Scham ablegen und ihre eigenartigen Körperformen für problemlos vorzeigbar halten. Gelebter Sozialismus. Bedenkt man die ganzen Probleme, die sich Menschen im Lauf ihres Lebens mit ihrem Äußeren machen, kriegt eine Sauna besiedelt mit einem Rudel Nackter einen eigenen Charme.
Warum gelingt es uns in der Sauna über unsere Ecken, Rundungen und Kanten hinwegzusehen. Warum leiden wir im Alltag unter ihnen, obwohl sie da verdeckt sind? Offenbar urteilen wir in der Sauna auf eine andere Art und Weise. Da man sich selbst dem Urteil anderer stellen muss, wagt man es wahrscheinlich erst gar nicht, andere zu verurteilen. Zudem bietet die Sauna die Möglichkeit, Menschen in ihrer pursten Einzigartigkeit zu erleben. Hier gibt es keine Kleider, Düfte, Frisuren und andere Äußerlichkeiten, die unsere Individualität aufheben. In der Sauna lernt man als junger Mann, wie hübsch der eigene Körper ist. Man wird irgendwann voll Wehmut zurückdenken und wird sich dafür ohrfeigen, dass man sich in seiner Schönheit nicht begriffen hat. Leben heißt, sehr langsam, aber unaufhaltsam zu zerfallen. Spannen macht einfach Freude, wenn man die Nacktheit so liebt, wie ich das tue.
Ein Körper, wie der von Conny, der nackt im Regen der Dusche an eine griechische Gottheit denken lässt, weckt in mir das unstillbare Verlangen, dieses Bild in einen Marmorblock zu meißeln, um es für die Ewigkeit zu konservieren. Die Schönheit des Jünglings erhebt unsere Vorstellung zum Ideal der Männlichkeit, von dem wir durch die Leidenschaft unseresKörpers trinken können. Das ist zweifellos ein zauberhafter Gedanke, wenn ich auch gestehen muss, dass ich auf die Kultur in diesem Moment gerne verzichtet hätte und mir doch langsam hemmungslosen und wilden Sex mit ihm wünschte.
Am Abend saß er in Shirt und Unterhose
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