Mein perfekter Sommer
erklärt er mir, während Grady mit der Kappe seines Turnschuhs Ameisen zerdrückt.
»All dieses Zeug über Abenteuer und Outdoor-Aktivitäten und Stillwater, die matschige Seite der Natur – weißt du noch? Ich dachte mir, dass es da draußen bestimmt Leute gibt, die auf so was stehen. Wir müssen sie nur in die Stadt holen.« Ethan klingt ganz begeistert. »Und deshalb richten wir eine Website von Stillwater ein. Nicht mit so langweiligem Zeug wie dem Stadtrat und so, wir zeigen die verschiedenen Sachen, die man hier in der Gegend
unternehmen kann. Wir könnten Fotos machen und Videos …«
»Tolle Idee!«, platze ich laut heraus.
Er wirft Grady und Fiona einen zufriedenen Blick zu. »Wie schön, dass wenigstens eine das findet.«
»Wie auch immer.« Fiona schaut nur kurz auf und runzelt die Stirn, dann blättert sie zur nächsten Seite. »Weiß gar nicht, warum ich eigentlich helfen soll?«
»Weil wir auch was über die Pension bringen könnten, Werbung machen, damit Gäste kommen – und ihnen bei der Planung ihrer Reise helfen.«
»Und?« Das macht keinen Eindruck auf sie.
Ethan seufzt. »Und ich dachte, du wolltest mitmachen. Willst du deinem Dad denn nicht helfen?«
Offenbar nicht. Fiona guckt ihn giftig an. »War doch nicht seine Idee, das ist alles auf Susies Mist gewachsen. Ist doch egal, wenn nichts draus wird. Vielleicht haut sie dann wieder ab, dahin, wo sie hergekommen ist.« Der Gedanke muntert sie sichtlich auf.
»Sie sind verheiratet«, sage ich laut. Es gelingt mir nicht zu verbergen, wie fassungslos ich bin.
»Ja. Und fast fünfzig Prozent aller Ehen werden geschieden.« Sie klingt erfreut. »Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass es auch bei ihnen nicht von Dauer sein wird.«
»Komm schon, Fi.« Grady macht sich schließlich bemerkbar, harmlose Insekten zu töten, ist ihm zu langweilig geworden. Er rutscht rastlos hin und her und trommelt mit den Händen auf den Knien herum, als würde er darauf
brennen, endlich wieder in Bewegung zu kommen. »Die Kajaks sind startklar und Susie leiht uns die Videokamera.«
»Du musst einfach nur rumpaddeln und so aussehen, als würde es dir Spaß machen.« Ethan nimmt sich der Sache jetzt an. »Okay, vielleicht nicht mal das«, korrigiert er sich. »Das könnte ich hinretuschieren. Aber ich brauche ein Gesicht für die Sache, jemanden, der all die Aktivitäten vorstellt und zeigt, wie toll die Gegend hier ist.«
»Und Etikettenschwindel betreibt? Nee danke.« Fiona verstummt und schaut ihn mit einem verschlagenen Grinsen an. »Lasst sie das doch machen.«
Die Jungs gucken mich an.
»Ach, das geht in schon Ordnung«, sagt Ethan schnell. »Wir kommen schon allein zurecht, keine große Sache.«
»Aber ich könnte helfen.« Meine Stimme klingt irgendwie bettelnd. »Ich meine, wenn ihr jemanden braucht.« Mit einem gezwungenen Achselzucken mache ich sofort einen Rückzieher. »Das könnte doch ganz lustig sein.«
»Ich weiß nicht …« Ethan schaut mich mit seinen blauen Augen zweifelnd an. »Hast du schon mal gepaddelt?«
»Nein, das nicht«, gebe ich zu. »Aber ich lerne schnell!«
Das überzeugt ihn nicht, er will die Meinung seines Bruders hören. Grady hebt beide Hände und grinst dreckig. »Mann, das ist dein Ding. Sag mir einfach, wann ich wo sein soll.« Er steht auf und schlendert die Treppe runter. Ethan zögert.
»Ich würde sagen …«
»Das könnte ein guter Blickwinkel sein«, füge ich hinzu.
Ich will ihn überzeugen. Die Aussicht auf eiskaltes Wasser erfüllt mich zwar nicht gerade mit Freude, aber nun klappere ich schon seit Tagen ohne andere gleichaltrige Gesellschaft als Fiona in diesem Haus herum. »Du weißt schon, der Neuankömmling, der alles austestet. Und ich hatte Kurse in Website-Gestaltung belegt, dabei könnte ich dir also auch helfen und …« Ich kann mich noch bremsen, ehe ich zu weit gehe.
Olivia hat recht: Ich liebe Projekte. Immer wenn die Green Teens einen Plan haben, endet es in der Regel damit, dass ich die ganze Sache übernehme. Ich sehe sofort, wie leicht ich hier einspringen und alles an mich reißen könnte, aber nach dem was mir mit Susie und dem Ökoplan passiert ist … halte ich den Mund und schärfe mir ein, mich zurückzuhalten.
»Warum nicht?« Endlich entspannt Ethan sich. Er zuckt die Achseln, als wollte er sagen, Scheiße, was soll’s? »Ich, äh, glaube, das wäre cool.«
»Toll!« Ich strahle. »Wann brauchst du mich?«
Und so kommt es, dass ich mich zwei Stunden
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