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Mein schwacher Wille geschehe

Titel: Mein schwacher Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Nutt
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festgelegter Computerprogramme ausgeschlossen. Die Spieleinstellung des »Monarchen« hat insgeheim jedoch überlebt:
    »Ich spiele nicht in der Hoffnung aufs große Glück, sondern versuche, so wenig Fehler wie möglich zu machen. Am Spieltisch, das war mir schnell klar, habe ich nur eine Chance, wenn ich einen Schritt nach dem anderen mache und auch bereit bin, auszusteigen. Das ist eine Lektion, die ich sehr früh gelernt habe. Einen echten, rauschhaften Verlust, bei dem ich völlig den Boden unter den Füßen verlor, habe ich nur ein- oder zweimal erlitten. Das, so habe ich es mir eingebläut, sollte mir nie wieder passieren. Je länger ich das machte, desto mehr Gesetzmäßigkeiten entdeckte ich. Was ich da trieb, war steuerbar, man konnte es kontrollieren. Auch die Verluste. Wahrscheinlich war es das, was mich reizte. Wenn man am Spieltisch sitzt, geht es nicht nur um einen selbst. Es kommt auf die anderen an. Man muss sich selbst kennen, aber man muss die anderen auch lesen können. Man muss antizipieren, was sie tun. Nicht nur einen Schritt im Voraus oder ein paar Züge wie beim Schach. Beim Kartenspielen in Clubs muss man Tage und Wochen vorausschauen. An einem Tag darf man ruhig verlieren, wenn man weiß, dass der, der gewonnen hat, am nächsten Tag wiederkommt.«
    Es steht außer Frage, dass es unter den Berufsspielern auch |171| zahlreiche abhängige Spieler gibt. Die Grenze zwischen kühler Kontrolle und rauschhaftem Spielverhalten ist fließend. Was in unserem Beispiel Dieter W. von Werner B. unterscheidet, ist die Anstrengung Dieter W.s, sein Spiel als Abfolge rationaler Einzelhandlungen erscheinen zu lassen. Werner B. stellt bei seinen Spielhandlungen immer wieder neu die Schicksalsfrage: Liebt es mich, liebt es mich nicht? Der Spielzwang hat ihm längst die Freiheit genommen, es auch einmal zu lassen. Demgegenüber kommt es Dieter W. ganz ausdrücklich darauf an, als Person nicht voll und ganz im Spiel aufzugehen. Er wartet auf die Gelegenheit, im richtigen Augenblick das Richtige zu tun. Und er ist davon überzeugt, auch die Freiheit dazu zu haben. Als Spieler gehört es zu seinen charakteristischen Fähigkeiten, die Fenster zum Ich geschlossen zu halten. Es gehört zu den Begleiterscheinungen jeder Abhängigkeit, dass die Betroffenen darum bemüht sind, sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Oft gelingt es ihnen über Jahre, ihr Tun im Verborgenen zu halten. Es ist für die verschiedenen Formen von Abhängigkeit daher nicht unerheblich, wie die öffentliche Wahrnehmung der jeweiligen Sucht konstituiert ist. Es hat sich wiederholt gezeigt, dass Stigmatisierungen nicht gerade eine entspannende Wirkung hatten. Dass die öffentliche Wahrnehmung ferner einem stetigen Wandel unterworfen ist, lässt sich auch an der psychologischen Theoriebildung ablesen.
    In einer exemplarischen Aufzählung gibt der Schweizer Psychoanalytiker Paul Parin einen Eindruck davon, wie schwer sich seine Disziplin getan hat, im Verlauf der Jahrzehnte Licht durch die Ritzen der dunklen Beschäftigung strömen zu lassen: »Von Hattingberg (1914) bezeichnet das Erleben der sexuell getönten Angstlust oder Spannungslust als das entscheidende Motiv des Spielers. J. Neufeld (1923) deutete das zwanghafte Spielen als ausweglosen Versuch, Schuldgefühle zu stillen, die dem unbewussten Wunsch entspringen, den Vater zu töten. Auch Sigmund Freud (1928) sah Dostojewskis Spielsucht als Ausdruck einer masochistischen |172| Schuldverarbeitung und Selbstbestrafungstendenz und in der Spielleidenschaft den symbolischen Ersatz für den Masturbationszwang, der von diesen Phantasien ausgeht. Auf die Lust der höchsten Anspannung folgt Ruhe und der Vorsatz, der Versuchung beim nächsten Mal zu widerstehen. Es kommt zu einem Ringen mit der Impulskontrolle, wobei zuletzt das Gefühl obsiegt, dass dem Impuls nachgegeben werden dürfe. Th. Reik sah darin ein symbolisches Fragen des Spielers, adressiert an Fortuna, ob er für Masturbation verurteilt oder freigesprochen wird. Seit W. Stekel, der auf das Omnipotenzdenken des Spielers verwies, und E. Simmel (1920), der den narzisstischen Drang zur autoerotischen Befriedigung als Ersatz für konflikthaftere Regungen hervorhob, verweisen die Erklärungen auf das unbewusste Streben, die verlorene Allmacht der Kindheit wiederherzustellen (...) Nach Bergler (1936, 1943, 1970), der sich eingehend mit dem Thema befasst hat, soll das Schicksal beliebig kontrolliert werden, womit eine unbewusste Aggression gegen

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