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Mein Schwein pfeift

Mein Schwein pfeift

Titel: Mein Schwein pfeift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Stromzählers in ihrer Hütte weilte.
    Es drängte sich das klassische Motiv auf: Ehefrau liebt einen anderen, ihr Mann will sich nicht scheiden lassen, also wird er kurzerhand aus dem Weg geräumt. Diese These gefiel mir zwar außerordentlich gut, aber meine Abenteuerlust und vor allen Dingen mein schmales Bankkonto erlaubten mir nicht, den Fall so schnell abzuschließen. Es würde mir eine große Freude sein, noch an anderen Stellen herumzuwühlen und Mona Küppers etwas zu piesacken, um mich für ihre ruppige Behandlung großzügig zu revanchieren.
    Bis auf einen dunkelblauen BMW war der Parkplatz vor dem Rathaus autofreie Zone. Ich verdoppelte die Anzahl süddeutscher Fahrzeuge und ermittelte an der Tafel im Eingangsbereich die geographischen Daten des Bürgermeisterrefugiums. Dank der präzisen Beschreibung war Schlemmbachs Büro schnell gefunden.
    Das Stadtoberhaupt residierte in einem lichtdurchfluteten Raum, in dem meine Küche, mein Bad, mein Schlafzimmer und — ich überlegte kurz — auch mein Wohnzimmer bequem Platz hatten. Bescheiden. An der Wand hing ein Foto vom FC Dülmen. Die Kicker schmissen den Präsidenten euphorisch in die Höhe, während im Hintergrund eine Bandenwerbung »Mit Schlemmbach läuft’s wie geschmiert« verriet. Daneben durfte ich seine Familie bewundern. Neben Fritz strahlte eine Frau, die vom genetischen Material Schlemmbachs geklont zu sein schien, denn bis auf ein Chromosom war das Ehepaar baugleich: kurze Arme, geringer Körperwuchs und rundes Bäuchlein. Er im Anzug, sie im geblümten Kleid und beide mit dem obligatorischen nach oben gereckten Daumen. Ebenso die sechs Kinder, die wie Orgelpfeifen angeordnet waren und feixend posierten. Eine Bilderbuchidylle. Am besten gefiel mir jedoch ein vergilbtes Wahlplakat aus den Siebzigern, auf dem ein junger Schlemmbach den Daumen in die Höhe streckte. War anscheinend sein Markenzeichen. Der subtile Slogan lautete »Schlemmbach an die Macht und den Sozi in den Matsch«.
    »Sie arbeiten auch samstags?«, eröffnete ich das Gespräch.
    »Für das Wohl der Bürger ist mir auch das Wochenende nicht heilig. Wenn Sie wüssten, mit wie viel Dingen sich ein Mann in meiner Position befassen muss. Aber die Dülmener haben mir ihre Stimme gegeben und damit das Anrecht auf einen Bürgermeister, der Tag und Nacht die Geschicke der Stadt in ihrem Sinne lenkt.«
    Während dieser flammenden Rede schob er unauffällig einige Dokumente über die Sportseite der Tageszeitung.
    »Mir geht es nicht anders. Da ich mich neben meinem eigentlichen Beruf nun auch noch als Fußballspieler verdinge, wird mein Privatleben in der nächsten Zeit gegen null tendieren.«
    »Ich sehe schon, Herr Pannen, wir sind aus einem Holz geschnitzt.«
    »Mein Name ist Nannen«, unternahm ich einen letzten Versuch, Herrn Alzheimer zu bekämpfen.
    »Oh, entschuldigen Sie bitte. Als Ranghöchster der Stadt hat man es mit so vielen Menschen zu tun, dass einem ab und zu die Namen durcheinandergeraten. Manchmal rufe ich meine Frau mit dem Namen meiner Sekretärin. Das freut Lotti überhaupt nicht«, lachte er schallend.
    »Keine Ursache. Haben Sie den Vertrag aufgesetzt?«
    »Selbstverständlich.«
    Der Stadtobere fummelte auf seinem Schreibtisch herum und gab sich dabei größte Mühe, den Kontrakt hervorzuzaubern, ohne die Zeitung zum Vorschein kommen zu lassen. Wenn der Bürgermeister bei seinen Amtsgeschäften ebenso geschickt zu Werke ging, würde dies seine letzte Periode sein. Na, die Hoffnung stirbt zuletzt.
    Im Vertrag stand, dass ich bei seiner Firma eine Stelle als Key Account Management Consultant bekleidete — was immer das auch heißen mochte — und nebenbei für den FC Dülmen kickte. Da ich Betriebswirtschaft studiert hatte, bereitete mir der mit juristischem Fachvokabular übersäte Vertragstext keine Schwierigkeiten. Mich störte zwar, dass ich für jeden Pressetermin zur Verfügung zu stehen hatte, andererseits konnte ich dies auch zur Eigenwerbung nutzen. Die auf der letzten Seite genannten Summen gefielen mir dafür umso mehr.
    »Haben Sie schon mit Ihren Ermittlungen begonnen?«
    »Ich verfolge mehrere vielversprechende Spuren«, hielt ich die Antwort bewusst vage.
    »Perfekt! Welche? Kann ich bereits an die Öffentlichkeit treten?«, rieb sich Fritz in Vorfreude auf einen großen Auftritt die Hände.
    »Dafür ist es noch zu früh«, musste ich ihn enttäuschen. »Jetzt muss ich aber wieder an die Arbeit. Tschüs.«
    »Haben Sie nicht etwas vergessen?«, wurde

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