Mein Schwein pfeift
kleines, zahnloses Etwas mit dicker Knollennase an.
»Was ist das?«, wiederholte ich meine Frage.
»Ein Kleinkind, das siehst du doch.«
»Was hat der Hosenscheißer hier zu suchen?«, war ich doch ein wenig perplex.
»Nicht so laut, alter Schwede. Kevin ist eh etwas unruhig. Wahrscheinlich müssen die Windeln gewechselt werden«, zwinkerte Grabowski mir zu.
»Beantwortest du bitte meine Frage? Was hat dieser Kevin in deiner Karre verloren?«
»Ich hatte dir doch von meinem kleinen Problem erzählt. Du kennst bestimmt die Sabrina von der Spielhalle an der Steeler Straße.«
»Nein.«
»Nun, vor zwei Jahren ging es mir nicht so gut. Abgebrannt, Schulden, Schläger hinter mir her, kennste ja. Jedenfalls tat ich ihr leid, sie hat mich getröstet, und das ist das Resultat«, blickte er verzweifelt den Kleinen an, der immer lauter krähte.
»Eine gewisse Ähnlichkeit ist nicht zu leugnen, aber warum ist Sohnemann nicht bei seiner Mutter, anstatt hier die Kaninchen zu erschrecken?«
»Sabrina ist momentan zur Kur, Bandscheibe oder so. Deshalb hat sie mich gefragt, ob ich so lange auf Kevin aufpassen kann. Da ich vor zwei Wochen natürlich nicht wusste, dass du meine Hilfe brauchst, habe ich zugesagt. Seit heute Morgen sind Vater und Sohn vereint.« Stolz blickte er auf den heulenden Knirps herab. »Er ist total pflegeleicht, glaub mir«, schob er hastig nach.
»Na klar, du hast ihn ja schließlich auch schon seit ein paar Stunden. Wenn er so pflegeleicht ist, warum schreit er dann wie am Spieß? Wenn ich schreie, ist etwas nicht in Ordnung. Das wird sich bei einem Kind nicht anders verhalten«, versuchte ich mich als Psychologe.
»Dieter«, erklärte Grabowski mit einer Seelenruhe. »Kevin ist gerade mal ein Jahr alt und geht deshalb noch nicht aufs Scheißhaus. Wenn er sein Geschäft verrichtet hat, macht er sich durch gewisse Laute bemerkbar, und Vatter wechselt die Pampers. Du hast die große Ehre, bei der Premiere dabei zu sein.«
»Und was sagt Renate zum Nachwuchs?«, versuchte ich, mich in Bezug auf Grabowskis Familienverhältnisse auf den aktuellen Stand zu bringen.
»Sie weiß nichts davon, war vor ihrer Zeit. Außerdem haben wir uns getrennt.« Die überraschenden Neuigkeiten rissen nicht ab.
»Ihr seid doch erst ein paar Monate verheiratet.«
»Sie wollte einen Yuppie aus mir machen. Fester Job, kein Alkohol, gesunde Lebensweise. War nichts für mich. Aber wir bleiben Freunde«, schloss er mit dem Klischee, das sonst immer die Frauen bei Trennungen brachten. Roch stark danach, dass Renate ihn in den Wind geschossen hatte und nicht umgekehrt.
Peter öffnete die quietschende Kofferraumklappe: »Verdammte Scheiße, hab die Windeln zu Hause vergessen.« An Getränke hatte er aber gedacht, denn ruck, zuck hatte er eine Flasche Gerolsteiner in seine Hand gezaubert.
»Mineralwasser?«, fragte ich verblüfft, kannte ich ihn doch nur als Genießer hochprozentiger Getränke.
»Ich ändere mich, muss meinem Kevin ein Vorbild sein. Kein Alkohol in Gegenwart des Kindes«, beteuerte er.
»Schnaps hin oder her«, verdrehte ich die Augen. »Du sollst einen Verdächtigen observieren, und was passiert? Du läufst mit einem Wickelkind auf, das stündlich gefüttert werden muss. Dann vergisst du die Windeln und bestimmt auch das Fläschchen« — ein Blick in Grabowskis Gesicht verriet, dass ich recht hatte —, »wie stellst du dir das vor? Fahr nach Hause. Ich kann dich nicht gebrauchen«, stornierte ich den Auftrag.
»Dieter«, flehte er mich an. »Ich brauch die Piepen. Der Kleine stört nicht im Geringsten.«
Es war immer dieselbe Geschichte mit ihm, von einer Katastrophe zur nächsten. »Ich verspreche dir in die Hand, dass du ihn weder hörst noch siehst.«
Das glaubte ich nun nicht, aber Kevin schaute mich mit großen braunen Augen fast verzweifelt an. Das rührte derart mein Herz, dass ich ihn einfach nicht allein in Peters Obhut lassen konnte.
»Gut«, gab ich daher nach. »Aber dafür stehst du dein Leben lang in meiner Schuld.«
»Danke, mein Freund. Fährst du dann zum Supermarkt und besorgst Pampers und was zu futtern?«
»Es hackt wohl«, fuhr ich aus der Haut. Am Ende schlug er noch eine Adoption vor, wenn ich zu nachgiebig war.
»Gut, dann passt du so lange auf Kevin auf«, zauberte Gurkennase ein fettes Grinsen aufs Gesicht.
»Okay, überredet, ich kaufe ein«, wählte ich das geringere der beiden Übel.
Nachdem wir den Dreikäsehoch im Wohnzimmer auf eine Luftmatratze gebettet
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