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Mein Schwein pfeift

Mein Schwein pfeift

Titel: Mein Schwein pfeift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Ich täuschte links an, ging rechts an zwei Billerbeckern vorbei und musste nur noch den Kahn für Arme überwinden. Dieser schmiss sich mir entgegen, aber ich zirkelte den Ball einfach an ihm vorbei. Genial. Doch ich hatte ihn unterschätzt. Mit einem Reflex bekam er noch seine Finger an die Kugel und lenkte sie über die Torauslinie.
    »Ich mach dich fertig, du schwule Ratte!«, hielt er mir die Faust unter die Nase.
    Wir erarbeiteten uns Chancen im Minutentakt, doch der gegnerische Keeper mit der gewählten Ausdrucksweise war unüberwindbar. Torlos ging es in die Pause, und in der zweiten Hälfte machten wir da weiter, wo wir aufgehört hatten. Nach einer Stunde stellten die Billerbecker sämtliche Vorwärtsbewegungen ein und rührten Beton an. Schließlich reichte ihnen ein Remis zum Aufstieg. Das machte es natürlich nicht leichter für uns, da wir immer wieder im dicht gestaffelten Abwehrriegel hängen blieben.
    Dann kam die 77. Spielminute. In Höhe der Mittelllinie hatten wir einen Einwurf zugesprochen bekommen, und Robert warf mir den Ball zu. Im Augenwinkel erkannte ich, dass der Keeper zu weit vor dem Kasten stand. Ich verzichtete auf eine kontrollierte Ballannahme und hielt mit voller Wucht drauf. Wie an einer Schnur gezogen, landete die Pille aus dreißig Metern Entfernung in der rechten Torecke. Sofort lag die komplette Mannschaft auf mir und drohte mich zu erdrücken.
    Jetzt startete Billerbeck einen wahren Sturmlauf, doch wir fingen jeden Ball problemlos ab. Frustriert holte unser Gegner die Sense raus. Als der gegnerische Mittelstürmer Andy Bork von hinten in die Beine grätschte, schickte ihn der Schiri zum Duschen. Ich blickte zur Trainerbank und sah Wiemers im engagierten Gespräch mit Schlemmbach. Kurz darauf wurde ein Wechsel angezeigt. Vossen sollte für mich kommen.
    Fassungslos schritt ich zur Außenlinie: »Was soll das? Wir sollten versuchen, den zweiten Treffer nachzulegen, anstatt uns hinten reinzustellen.«
    »Entscheidung vom Präsi«, entgegnete er. »Beten wir, dass es gutgeht.«
    Ich wusste nicht viel über die Wirksamkeit von Gebeten bei Fußballspielen, aber Gott schien ohnehin auf unserer Seite zu sein. Bis eine Minute vor dem Abpfiff: Bei einem eigentlich harmlosen Versuch eines Billerbecker Stürmers, den Ball in unserem Strafraum vor dem Toraus zu retten, stieg Vossen derart übermotiviert ein, dass man das Krachen des Schienbeins bis auf die Tribüne hörte. Ein böses und vollkommen sinnloses Foul. Der Platzverweis tat uns eine Minute vor Abpfiff nicht weh, der Strafstoß umso mehr. Vossen schlich wie ein zum Tode Verurteilter vom Platz. Wiemers würdigte ihn keines Blickes.
    Schlemmbach hingegen schrie ihn an: »Bist du des Wahnsinns, Junge? Wenn uns deine Aktion den Aufstieg kostet, bist du die längste Zeit Spieler beim FC gewesen.« Doch Vossen hörte ihn nicht. Wie in Trance schlich er in die Kabine.
    Der gegnerische Torwart rannte nach vorne und legte das runde Leder auf den Punkt. Unsere Fans buhten, was die Kehlen hergaben. Olli Kahn nahm zwei Schritte Anlauf, täuschte kurz an und versenkte die Kugel mühelos im rechten Eck. Der Billerbecker Jubel kannte keine Grenzen. Die mitgereisten Fans stürmten auf den Platz, um ihre Helden zu feiern. Aus Angst vor Tumulten pfiff der Schiedsrichter gar nicht wieder an.
    Ich fühlte mich vollkommen leer. Dieses Unentschieden war eine Niederlage.
    Auf einmal merkte ich, dass Schlemmbach auf mich einredete: »... geht auf meine Kappe. Ich hätte nicht anordnen sollen, dass Sie ausgewechselt werden«, faselte er. »Ich wollte die Abwehr dichtmachen. Dabei hätte ich wissen müssen, dass Vossen ein Versager ist. Aber nächste Saison starten wir wieder durch. Ich kann doch auf Sie zählen, Nannen?«
    »Klemmen Sie sich Ihre Entschuldigungen«, ließ ich ihn trotz erstmaliger korrekter Aussprache meines Namens stehen und ging in die Kabine, während meine Mannschaftskameraden geknickt auf dem Rasen sitzen blieben.
    Als ich frisch geduscht den Kabinentrakt verließ, entdeckte ich auf den Zuschauerrängen Karin, Otto und Peter. Nichts wie hin. Urplötzlich tauchte Jupp Schrage hinter meiner heimlichen Liebe auf. Wie konnte das sein? Er musste doch im Knast stecken!
    Mit einem diabolischen Grinsen hielt er einen Revolver an Karins Schläfe und drückte ab. Benommen vom fürchterlichen Knall sah ich, wie sie blutüberströmt zu Boden sank. Otto und Peter waren starr vor Schreck, sie bewegten sich keinen Millimeter. Während ich völlig

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