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Mein Schwein pfeift

Mein Schwein pfeift

Titel: Mein Schwein pfeift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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befand mich in einer der Wohngegenden, wo sich die Grundstücke nur durch die Bepflanzung der Vorgärten und deren Eigentümer nur durch die Größe der Hundehaufen unterschieden, die ihre Köter auf dem Bürgersteig hinterließen. Hier musste man aufpassen, nach einer Zechtour nicht im falschen Haus zu landen, denn wahrscheinlich waren auch die Türschlösser identisch.
    Immerhin einen Unterschied gab es aber doch zwischen den Wohnstätten, und zwar die Hausnummern, mit denen die Eigentümer ihre Individualität auszudrücken versuchten. Dieser Umstand verhalf mir zu einem zielstrebigen Gang mit der Gewissheit, weder den rechts wohnenden Versicherungsangestellten aus dem Bett zu läuten, noch die links beheimatete Douglas- Filialleiterin bei Erfüllung ihrer ehelichen Pflichten zu stören.
    Über der Klingel war ein vergoldetes Namensschild in Sütterlinschrift befestigt.
    Aus dem Hausinnern drangen leise Stimmen an mein Ohr, die ich als männliche und weibliche identifizierte. Ich betätigte die Schelle, die daraufhin Kalinka auf einem Vibraphon klöppelte. Und da hatte ich gerade über die Individualität der Leute gelästert.
    Nach gefühlten zehn Minuten, während derer ich noch einige Male die russische Volksweise erklingen ließ, wurde die Tür aufgerissen, und die frischgebackene Witwe stand vor mir.
    »Hi, Mona, ich wollte mal schauen, wie es dir geht«, begrüßte ich sie freundlich.
    Sie war mit einem rosafarbenen Bademantel bekleidet, der die Konturen ihres wohlgeformten Körpers betonte, zumal der Gürtel stramm zugezogen war. An den Füßen trug sie flauschige Pantoffeln, jeweils mit aufgenähtem Donald-Duck-Kopf.
    »Dieter, was für eine Überraschung. Es geht mir den Umständen entsprechend. Leider habe ich im Moment überhaupt keine Zeit«, stieß sie hervor.
    Ihre Augen waren nicht gerötet, ihr Make-up nicht verschmiert. Nichts an ihr verriet, dass ihr Ehemann soeben verstorben war. Entweder verstand sie es, die Trauer perfekt zu verbergen, oder sie trauerte gar nicht. Das wollte ich nun durch gezielte Fragen herauszufinden versuchen.
    »Ich will nur kurz mit dir sprechen, schließlich wird nicht jeden Tag jemand direkt neben mir erschossen. Außerdem soll ich helfen, den Täter aufzuspüren. Ich verdiene meine Brötchen nämlich als Detektiv.«
    »Ich weiß. Auf dem Revier waren sie nicht gerade gut auf dich zu sprechen. Ein Herr Reichert hat erzählt, dass du bereits mehrfach die Polizeiarbeit sabotiert hast. Ehrlich gesagt traue ich den Polizisten eher zu, den Täter zur Strecke zu bringen. Schließlich weiß ich aus bitterer Erfahrung, wie zuverlässig du bist.« Sie zauberte ein Taschentuch aus dem Bademantel und tupfte damit über ihre Augen.
    »Nicht die Polizei hat mich beauftragt, sondern der Bürgermeister. Lass uns die alte Geschichte vergessen. Ich habe dich damals schlecht behandelt, aber das ist Jahre her«, ging mir ihre Herumreiterei auf diesem Thema auf den Geist.
    »Ich habe der Polizei alles gesagt, was ich weiß. Du kannst ja das Protokoll studieren.« Das Taschentuch verschwand wieder.
    »Was ist los mit dir? Ich biete meine Hilfe an, und du behandelst mich wie einen Schwerverbrecher.«
    »Es widert mich an, dass du an Angelos Tod verdienen willst. Außerdem kann ich dir einfach nicht verzeihen, dass du mich damals sitzengelassen hast. Du warst, bist und bleibst ein egoistischer Casanova, der Frauen wie Briefmarken sammelt, ableckt und wegklebt«, hatte sich wohl einiges angestaut im Laufe der Jahre.
    »Mehr als entschuldigen geht nicht. Ich kann dir nur meine Freundschaft und Hilfe anbieten«, versuchte ich, die Wogen zu glätten.
    »Kein Interesse. Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen? Dieses Detektivgetue ist doch sowieso nur eine Masche, um mich wieder ins Bett zu kriegen, habe ich nicht recht?«
    »Hast du Besuch?«, zog ich die Samthandschuhe aus. Genug war genug.
    »Nein, und ich wüsste nicht, was dich das angeht. Hau ab! Wir können ein anderes Mal reden«, machte Mona einen zusehends nervöseren Eindruck.
    Es war zwecklos, heute würde ich nichts aus ihr herausbekommen. Deshalb zeigte ich ihr meine Rückseite und marschierte zum Gartentor. Ais ich mich noch mal umdrehte, war die Haustür bereits geschlossen.
    Neugierig geworden, machte ich es mir im Auto bequem und observierte das Haus. Nach einer Viertelstunde erlahmte der anfängliche Eifer, und ich durchstöberte das Handschuhfach nach Lesestoff. Auf William Gibsons Roman Mustererkennung hatte ich

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