Mein Seelenauftrag

auflösen und Friede entsteht. Sie erleben die alles durchdringende Liebe, die dem gesamten Dasein und jeder scheinbaren Dualität zugrunde liegt. Der Dichter und Philosoph Eli Siegel brachte dieses Gewahrsein in dem bekannten Satz zum Ausdruck: »Schönheit ist stets die Vereinigung von Gegensätzen, nach der wir auch in uns selbst streben.« 50
    Sie müssen lediglich einen Blick auf die aktuellen Ereignisse werfen, um diese Dynamik wirken zu sehen. So könnten zum Beispiel zwei Nationen aufhören, einander zu bekämpfen, wenn sie erkennen würden, dass ihnen die friedliche Zusammenarbeit mehr von dem verschafft, was sie wirklich wollen. Dass offenbar keines der beiden Länder die Weisheit eines solchen Verhaltens sehen kann, sagt weniger über ihre Absichten oder ihre charakterliche Güte aus, sondern ist vielmehr als Kommentar zu ihrer Bewusstseinsentwicklung zu verstehen.
    Ganz ähnlich verhält es sich mit der Unwissenheit eines Kleinkindes, das noch nicht weiß, dass es gefährlich ist, einfach auf die Straße zu laufen. Auch darin offenbart sich weniger seine Intelligenz als vielmehr sein Entwicklungsstand. Es weiß einfach noch nicht oder kann einfach noch nicht verstehen, wie gefährlich schnelle Fahrzeuge sind. Irgendwann wird es lernen, was es mit schnellen Autos auf sich hat. Dann wird ihm die Gefahr offensichtlich sein und sein Verhalten keiner Überwachung mehr bedürfen.
    Irgendwann wird unsere Spezies eine Entwicklungsstufe erreichen, auf der offensichtlich und allgemein akzeptiert sein wird, dass wir mehr erreichen, wenn wir zusammenarbeiten, als wenn wir einander bekämpfen. Vielleicht ist diese Zeit gekommen! Oder wie unser Freund, der Wissenschaftler Daniel Fry, zu sagen pflegte: »Statistisch gesehen kann es keinerlei Zweifel daran geben, dass es auf anderen Planeten im Universum intelligentes Leben gibt, was die große Hoffnung in mir weckt, dass dies eines Tages auch auf der Erde der Fall sein wird.« Wir kannten Dan gut genug, um zu wissen, dass sich das, was er mit dem Wörtchen intelligent meinte, vermutlich besser mit dem Wort entwickelt ausdrücken lässt. Übrigens: Wenn man das englische Wort love (deutsch »Liebe«) rückwärts liest, ergibt sich der Beginn des Wortes evolution (»Entwicklung«). Ist das nicht faszinierend?
    Welchen Sinn hat das Ego?
    Da Sie nun eine Vorstellung von dem sehr viel größeren Zusammenhang der spirituellen Realität haben, stellen Sie sich vielleicht die Fragen, die wir auch von den Studenten der USM häufig zu hören bekommen: Warum habe ich überhaupt ein Ego? Warum habe ich einen Bewusstseinsaspekt, der so viel Leid verursacht? Was hat er für eine Aufgabe – einmal abgesehen davon, dass er Steine in meinen Rucksack stopft?
    Ihr Ego scheint Sie zwar daran zu hindern, dass Sie erwachen und erkennen, wer Sie sind, dient aber wie alles andere einem spirituellen Zweck. Wie sonst könnten Sie aus Ihrem Schlaf erwachen, wenn Sie nicht in der von Ihnen geschaffenen »winzigen Welt« körperlich präsent wären? Ihr kleines Selbst (Ego) existiert zwar innerhalb des größeren Zusammenhangs der Liebe (Gott ist Liebe), kann sie aber nur als Konzept oder Gefühl verstehen. Es ist sich offenbar nicht gewahr, dass die Liebe ein Zustand immerwährender Offenbarung ist, wie ihn Sadhu Grewal erlebte.
    So schwer es dem Ego auch fallen mag, dies zuzugeben, kennt doch kaum einer seinen spirituellen Lehrplan – von dem der anderen ganz zu schweigen. Wir betrachten das, was wir wahrnehmen, als Schmerz und Leid und ergehen uns in wilden Vermutungen und Interpretationen, was dies zu bedeuten habe. Wir erkennen nicht, dass wir vielleicht – nur vielleicht – im Hinblick auf den Stand unserer aktuellen spirituellen Entwicklung tatsächlich alle unser Bestes geben. Könnte es gar sein, dass sich alles auf der senkrechten Achse der spirituellen Entwicklung (siehe Abbildung 16) nach oben bewegt, ganz gleich, wie es uns in der materiellen Realität erscheint? Aus dieser erhabenen Perspektive betrachtet erreicht alles einen höheren Zustand, so wie sich eine Rosenknospe zu voller Blüte entfaltet.
    Dies würde bedeuten, dass Sie selbst dann, wenn Sie anfangen zu urteilen, das Beste tun, was Ihnen zu diesem Zeitpunkt eben möglich ist. Grundsätzlich sind alle Überzeugungen zu respektieren – sogar solche, die einem Urteil zugrunde liegen. Sie sind jedoch weder alle gleich wertvoll, was das spirituelle Erwachen angeht, noch gleich nützlich, um ein erfüllendes Leben zu