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Mein Tag ist deine Nacht

Mein Tag ist deine Nacht

Titel: Mein Tag ist deine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rose
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hier war, zurück in meinem eigenen Körper, samt Mängeln und allem, was dazugehörte.
    Als ich in der Badewanne lag und an meinem jugendlichen Körper hinabblickte, lächelte ich angesichts fehlender Dehnungsstreifen und blauer Flecken und der dunklen Körperbehaarung, die sich genau an den richtigen Stellen befand. Ich fragte mich, ob Blondinen ihre Beine rasieren mussten. Hoffentlich würde ich es nie herausfinden müssen.
    Der Gedanke ernüchterte mich, beraubte mich der Freude, die ich seit dem Erwachen verspürt hatte. Ich schnappte mir die Seife, brachte sie zum Schäumen und wusch mich energisch. Ich mochte daheim sein, aber der Alptraum blieb haften, weigerte sich, sich mit dem Seifenschaum abspülen zu lassen. Irgendwann würde dieser Körper Schlaf brauchen, und während er ruhte, kehrte der Alptraum möglicherweise wieder. Ich hatte ihn erst zweimal geträumt, doch der Umstand, dass er sich beim zweiten Mal so nahtlos an den ersten Traum angeschlossen hatte, war besorgniserregend. Angenommen, ich würde mich unvermittelt wieder mit diesem anderen Leben herumschlagen müssen?
    Ich lehnte mich im warmen Wasser zurück und überdachte die Möglichkeiten. Traum oder nicht, während ich Lauren gewesen war, erschien mir ihr Leben so echt wie mein eigenes.
    Und was, wenn ich miterleben musste, dass sie zu ihrer Familie heimkehrte?, dachte ich entsetzt. Gestern, als ich gedöst hatte, hatte ich mitbekommen, wie Lauren der Tropf abgestöpselt worden war. Bedeutete das, dass ich jedes Mal, wenn ich schlief, das Risiko einging, zurückzukehren und diesen Traum fortsetzen zu müssen? Wenn das der Fall war, dann wäre ich ständig zugange, würde unablässig von Traum zu Realität hetzen und umgekehrt von Realität zu Traum.
    Während ich eine winzige Blase dabei beobachtete, wie sie an die Oberfläche stieg, überkam mich plötzlich die schreckliche Gewissheit, dass die echte Lauren tot war. Nachdem ich Dr.Shakirs Bericht über ihre Verletzungen gehört hatte, war ich mir sicher, dass er meinte, Lauren müsste eigentlich tot oder irreparabel hirngeschädigt sein, trotz seiner Behauptung nach außen hin, ihre rasche Genesung sei nichts Ungewöhnliches.
    Der Gedanke, dass die Mutter der Kinder vermutlich gestorben war, erschütterte mich nicht nur zutiefst, sondern ich hatte auch einen Kloß im Hals. Natürlich war sie eine Fremde für mich gewesen, und möglicherweise ein reines Hirngespinst von mir, doch in meinem Traum hatte ich mich in ihrem Körper befunden, und ich empfand überwältigende Trauer für diese Frau, die ich nie gekannt hatte. Gleichzeitig regte sich in meinem Herzen Mitleid für ihren Mann und ihre Kinder. Sie hatten die Frau und Mutter, die sie liebten, verloren und wussten nicht einmal, dass sie ihren Verlust hätten betrauern müssen.
    Meine Lippen bebten, und ich presste sie fest zusammen. Augenblicklich vermochte ich nichts für sie zu tun, sagte ich mir. Das Beste, was ich noch tun konnte, war, ihren Leib vor weiterem Schaden zu bewahren, und ich fragte mich, was ein weiteres Kapitel des Traums für mich in petto halten würde? Unterdessen dankte ich meinen Glückssternen schuldbewusst, dass es Lauren war, die gestorben war, und nicht ich.
    Ich lehnte mich in dem warmen Wasser zurück und sann darüber nach, wieso ich überlebt hatte und Lauren offensichtlich nicht, als mir die ganze Situation plötzlich völlig absurd vorkam. Ich setzte mich abrupt auf, so dass Wasser über den Wannenrand auf den grünen Badezimmerteppich schwappte. Wieso ließ ich es nur zu, dass mich diese unglaubliche Situation derart in Beschlag nahm? Warum nahm ich diesen lebenden Alptraum hin, als wäre er etwas völlig Alltägliches? Ich wusste, den größten Schrecken bereitete mir die Vorstellung, dass es sich gar nicht um einen Traum handeln könnte. Zumindest nicht in normalem Sinne. Und wenn es kein Traum war, was war es dann?
    Ich saß in dem rasch abkühlenden Wasser und starrte nachdenklich ins Leere. Welche andere Erklärung konnte es geben, außer der schattenhaften Angst, dass ich, wenn ich erwachte, Jessica war, und ich, wenn Lauren erwachte, sie war …
    Ich stöhnte laut auf, hielt mir die Ohren zu, als könnte ich damit das Gelärme meiner eigenen Gedanken unterbinden, Gedanken, die direkt nach einem Science-Fiction-Film entstanden zu sein schienen. Ich musste glauben, dass der Traum nun vorbei war, ansonsten hätte ich Angst, je wieder einzuschlafen.
    Frankie hatte das Stöhnen gehört und winselte an

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