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Mein Tag ist deine Nacht

Mein Tag ist deine Nacht

Titel: Mein Tag ist deine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rose
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einen wissenden Blick zugeworfen hatte, und sich für weiteren Small Talk keine Gelegenheit mehr bot.
    An diesem Tag bereitete Stephen unglücklicherweise einen Fall fürs Gericht vor. Ich würde also eng mit ihm zusammenarbeiten müssen, um die Prozessakten zu sortieren, und die Kanzlei, von der einstündigen Mittagspause abgesehen, vermutlich erst nach sechs verlassen.
    Wie es so geht, wollte Stephen mittags durcharbeiten, doch er wusste, dass ich während meiner Pause Frankie ausführte, und genehmigte mir dafür widerwillig eine halbe Stunde. Ich ließ meine Hündin ins Freie, setzte mich auf die Mauer, die meinen kleinen Innenhof umsäumte, und aß das Ei-und-Kresse-Sandwich, das ich mir am Imbissstand in der Nähe der Kanzlei gekauft hatte.
    Alles war so vertraut, so normal, dass ich mir allmählich dachte, dass es sich bei meinen Erlebnissen als Lauren einfach nur um einen sehr real wirkenden Traum gehandelt haben musste.
    Bei meiner Rückkehr ins Büro geriet Stephen gerade wegen irgendwelcher verlegter Ordner in Panik, und ich hatte kaum die Zeit dazu, mir eine Tasse Nachmittagstee zu gönnen, geschweige denn, mich mit den Tätigkeiten des schlafenden Hirns oder der bizarren Theorie bezüglich geteilter Seelen zu befassen. Als ich nach Frankies Abendspaziergang schließlich in meine Wohnung zurückkehrte, war es nach sieben. Ich kickte meine Schuhe in den Flur und ging in Strümpfen in die Küche, um ein Fertiggericht in den Ofen zu schieben, dann ließ ich mich mit einem Glas Orangensaft in den Sessel fallen.
    Ich warf einen besorgten Blick auf die Uhr und gestattete meinen Gedanken, wieder auf das verbotene Terrain des Was- wäre-wenn zu schweifen. Wenn ich vom Schlimmsten ausging, nämlich dass Lauren und ich beide auf irgendeine Weise nebeneinander bestanden, dann hatte ich mich bislang in logistischer Hinsicht recht gut geschlagen, da Lauren und ich aufgrund unseres Krankenhausaufenthaltes ohnehin einen seltsamen Tagesrhythmus durchlaufen hatten. Was geschähe – vorausgesetzt, es gab Lauren wirklich –, wenn sie früher zum Aufwachen bereit war als ich dazu, ins Bett zu gehen? Konnten wir beide zur selben Zeit wach sein? Mir war nicht klar, wie das möglich sein sollte, da es mich und mein Bewusstsein doch nur einmal gab – selbst wenn ich mich inzwischen wie ein Wesen aus einem Horrorfilm zwischen zwei Körpern hin und her bewegte.
    Nachdem ich den nach Pappe schmeckenden Shepherd’s Pie gegessen und Frankie ihre Abendmahlzeit verabreicht hatte, lümmelte ich auf meinem Sofa herum und zappte mich ohne großen Erfolg durch die Kanäle. Ich wollte gerade aufgeben und nachsehen, ob ich noch Eis im Kühlfach hatte, als das Telefon klingelte.
    Es war Dan.
    »Wie geht’s dir heute?«, erkundigte er sich fürsorglich. »Fühlst du dich besser?«
    Ich konnte spüren, wie beim Klang seiner Stimme das Adrenalin durch meinen Körper flutete. Mein Brustkorb verengte sich spürbar, und meine Handflächen wurden so feuchtkalt, dass ich befürchtete, gleich werde mir das Telefon aus der Hand rutschen. Meine Stimme klang angestrengt, als ich zum Sprechen ansetzte, folglich räusperte ich mich und probierte es erneut.
    »Viel besser, danke. Ich war heute schon arbeiten. Bin gerade mal etwas über eine Stunde wieder daheim.«
    »Fühlst du dich denn in Form, noch ein Gläschen mit mir trinken zu gehen?«
    Ich wollte gerade zusagen, als mein Blick auf die Uhr fiel. Halb neun war ja für abendliche Verhältnisse noch nicht spät, wenn man allerdings um dieselbe Zeit morgens noch schlief, durchaus. Nachdem ich mir gestattet hatte, mich mit der Theorie der dualen Existenz zu befassen, stellte sich mir unwillkürlich die besorgniserregende Frage, was geschehen würde, wenn Lauren aufwachte?
    Ich war im Begriff abzusagen, als ich mich an Schwester Sallys Stimme vom vorangegangenen Morgen erinnerte, als ich als Lauren aufgewacht war. Sie hatte sich beklagt, dass ich einen unglaublich tiefen Schlaf hätte. Bedeutete das, dass Lauren nicht aufwachen
konnte
, bevor ich nicht einschlief?
    »Ja, gerne!«, hörte ich mich sagen. »Und wo?«
    Er schlug ein nettes kleines Pub vor, das mit dem Auto keine fünf Minuten entfernt lag. Ich willigte ein, mich dort in einer halben Stunde mit ihm zu treffen. Sobald ich jedoch aufgelegt hatte und sich die Euphorie, die ich beim Klang seiner Stimme empfunden hatte, ein wenig gelegt hatte, befielen mich Gewissensbisse.
    Arme Lauren – oder vielmehr, arme Familie Richardson, dachte

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