Mein Tag ist deine Nacht
möchte nicht heiraten, Clara. Vielleicht war das ja das Problem, dass Stephen mehr wollte, als ich zu geben bereit war.« Mir war bewusst, dass ich meine Unabhängigkeitsbeteuerungen, seit ich Dan kennengelernt hatte, vielleicht nicht mehr mit derselben Leidenschaft vortrug, aber ich zwang mich doch zu meinem alten Spruch: »Ich möchte eine Karriere, keinen Ehemann. Ich möchte mir schöne Dinge leisten können, was erleben und mich nicht häuslich niederlassen und Kinder bekommen. Noch nicht zumindest.«
»Stephen hätte dir schöne Dinge kaufen können. Der muss doch einen Haufen Geld haben.«
Meine Gedanken wanderten zu Laurens extravaganter Garderobe, ihrem Schmuck, ihren Schuhen und Taschen. »Mir reicht es nicht, ausgehalten zu werden«, erklärte ich. »Ich möchte mir einen guten Job mit einem Topgehalt erarbeiten.«
»Vielleicht war er einfach nicht der Richtige. Aber weißt du, da draußen gibt es noch einige davon. Du musst dein Leben nicht allein verbringen.«
Wieder kam mir Dan in den Sinn, und mich überlief ein Schauer. Da könnte Clara recht haben, überlegte ich, verdrängte den Gedanken jedoch.
»Meine Strategie ist die, niemanden nahe genug an mich heranzulassen, um das herauszufinden, und bis jetzt hat das ganz gut geklappt«, erklärte ich ihr.
Clara schüttelte den Kopf, drang aber nicht weiter in mich, da ihr bei meinem Tempo ansonsten die Puste ausgegangen wäre.
In nicht mal zehn Minuten waren wir bei der Wohnung und wurden von Frankie begrüßt, die in verzücktes Bellen ausgebrochen war, sobald sie den Schlüssel im Schloss gehört hatte.
Als ich die Tür aufdrückte, sprang Frankie an mir hoch und versuchte mir das Gesicht abzuschlecken.
»Was für ein glücklicher Hund«, bemerkte Clara, während Frankie um sie herumsprang.
»Frankie, sitz!«, rief ich aus der Küche, wo ich Wasser in den Kessel laufen ließ. »Und du auch, Clara, bitte, nimm Platz.«
Während das Wasser kochte, aßen wir unsere Brote, und dann brühte ich uns einen Kaffee auf.
»So, und jetzt erzähl mir alles über ihn.« Clara nippte an der heißen Flüssigkeit und spähte über den Becherrand zu mir. »Ich nehme an, es ist Herr Gewitter, der dein Inneres mit Beschlag belegt?«
Ich grinste sie an.
»Clara, du bist so direkt. Und ja, ich habe an Dan gedacht, und ja, er ist hinreißend. Wir sind gestern Abend zusammen etwas trinken gegangen.«
»Trinken? Du? Es überrascht mich, dass du den armen Kerl nicht abgeschreckt hast – du hast dir doch garantiert Mineralwasser bestellt!« Sie sah mich mit verengten Augen an. »Und was habt ihr danach angestellt, dass du heute Morgen vor lauter Erschöpfung zu spät gekommen bist?«
Ich stand auf, nahm ihr den leeren Kaffeebecher ab und stellte ihn in die Küche. Auf die Art hatte ich kurz Zeit, mich zu sammeln. Mit der Wahrheit konnte ich schlecht herausrücken, Clara hätte mich für verrückt erklärt. Ich holte die Hundeleine und befestigte sie an Frankies Halsband, bevor ich antwortete.
»Ich bin früh heimgekommen und zu Bett gegangen – allein. Ich glaube, der Blitzschlag hat mir mehr zugesetzt als gedacht. Ich war todmüde.«
Mit skeptischem Blick ließ Clara sich diese Information durch den Kopf gehen. Anscheinend nahm sie es mir aber ab, denn sie erhob sich und schlüpfte in ihren Mantel.
»Du armes Ding. Hast du denn vor, dich wieder bei ihm zu melden?«
»Er hat gesagt, er ruft in ein, zwei Tagen an.«
»Sag Bescheid, wenn er’s tut, ich brenne darauf, mehr über ihn zu erfahren.«
Die nächsten zwanzig Minuten gingen wir mit Frankie spazieren, kehrten dann zur Arbeit zurück, wo zum Plaudern keine Zeit mehr blieb. Stephen hatte schon auf mich gewartet. Ich hatte mir kaum die Jacke ausgezogen, da rief er mich auch schon in sein Büro.
»Wie lief’s im Gericht?«, fragte ich und setzte mich ihm gegenüber an den Schreibtisch.
»Ach, du weißt schon, das Übliche.«
Er sah mich forschend an und schien sich dann einen Ruck zu geben.
»Jess, ich habe Karten für Samstag in der Albert Hall. Und es würde mich freuen, wenn du Lust hättest, mitzukommen?«
Ich blickte ihn verständnislos an. Seit zwei Jahren war das das erste Mal, dass er mich fragte, ob ich etwas mit ihm unternähme. Ich hatte gedacht, wir hätten den Übergang von Geliebten zu Arbeitskollegen bemerkenswert glatt hinter uns gebracht, und ich war glücklich mit dem Status quo.
»Tut mir leid, Stephen«, stotterte ich. »Aber ich halte das nicht unbedingt für eine gute
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