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Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben

Titel: Mein Tor ins Leben - Bajramaj, L: Mein Tor ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lira Bajramaj
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ich aus wie ein Schluck Wasser. Damals schieden wir frühzeitig beim Turnier aus, ein paar Jahre später aber gewannen wir den Drumbo-Cup.
    Die Gegner auf dem Platz fragten sich immer, ob ich ein Mädchen oder ein Junge sei. Ich trug meine Haare kurz, war überhaupt sehr burschikos, an Schminke war in diesem Alter nicht zu denken und meine Räuberklamotten taten ihr Übriges. Bei einem Turnier wurde ich allerdings »enttarnt«. Um meiner Mama einen Gefallen zu tun, trug ich neben dem Fußballplatz regelmäßig von ihr ausgesuchte Mädchenklamotten. Als ich also nach der ersten Partie meinen von Mama favorisierten Blümchenpulli überstreifte, wussten alle über mein Geschlecht Bescheid. Der gute Fußballspieler war ein Mädchen!
    Weil das mit dem Schulturnier damals so gut geklappt hatte, wurde ich mutiger. In Mimis Verein FSC Mönchengladbach konnte ich aufgrund der langen Anfahrtsstrecke – ich hätte einen Bus nehmen müssen, und Papa arbeitete ja als Busfahrer – nicht mitspielen. Außerdem wäre er da hellhörig geworden. Er hätte sich dann schon gefragt, warum ich so oft zu Mimi fahre, deren Familie etwa zehn Kilometer von uns entfernt wohnte. Meine Cousine kam schließlich regelmäßig zu uns.
    So suchte ich nach einer Alternative und fand sie auch beim DJK/VfL Giesenkirchen. Dort nahm ich ja schon bei der Freizeittrainingsgruppe teil, also warum sollte ich dort nicht auch regelmäßig im Verein spielen? Schließlich konnte ich zu Fuß hinlaufen – und Papa bekam nichts mit. Nur meine Brüder weihte ich ein, beide hielten dicht. Mama wollte ich damit nicht belasten, aber sie ahnte es natürlich.
    Heimlich, still und leise trat ich also in meinen ersten Fußballklub ein. Da meine Eltern schon einen Beitrag für Flakron überwiesen, lief ich unter Familie und musste nichts mehr weiter zahlen. Das erleichterte die Sache ungemein. Wenn ich zum Training oder Spiel abdampfte, ließ ich mir für Papa immer
wieder irgendwelche Ausreden einfallen. Meist war unser Familienoberhaupt zu meinen Fußballtrainingszeiten auf der Arbeit. Und wenn Papa doch zu Hause herumschwirrte, dann fragte er mich natürlich, wohin ich des Weges ginge, wenn ich das Haus verließ. Ich sagte häufig, dass ich mit den Mädels zum Spielen rausginge.
    Papa gab mir oft eine Zeit vor, wann ich wieder da zu sein hätte. Das war blöd, weil mein Training zu diesem Zeitpunkt dann noch meist in vollem Gange war. Ich musste mir also etwas einfallen lassen, mich plagte ständig das schlechte Gewissen. Ich erzählte ihm etwas von Leichtathletik, dass ich heimlich ein bisschen auf dem Sportplatz für mich üben würde. Das mochte Papa. Ich hatte aber, ehrlich gesagt, nie etwas mit Leichtathletik am Hut. Meinen Papa so anzulügen, war wirklich nicht in Ordnung, ich fühlte mich zu diesem Zeitpunkt nicht wohl in meiner Haut. Aber ich wollte unbedingt Fußball spielen. Irgendwie kam ich aus der Nummer nicht mehr raus. Und das Training und die Spiele bei meinem Verein brachten mir so viel Spaß! Ich wollte das alles nicht aufgeben. Und irgendwie kriegte ich das mit dem Verheimlichen hin.
    Beim DJK/VfL Giesenkirchen spielte ich nur mit Jungs. Ich war damals zehn Jahre alt. Meine weitläufige Freundin Anna organisierte mir meine ersten Fußballschuhe, die ich zwei Jahre lang trug, obwohl sie mir zum Schluss viel zu klein waren. Die Schuhe gehörten einmal Annas Bruder, der die abgewetzten Dinger bereits entsorgen wollte. Für den Spielerpass musste ich erneut Papas Unterschrift fälschen. Aber die Hemmschwelle war nun deutlich niedriger, schließlich hatte ich das mit der nachgemachten Signatur schon mal hinter mir. Damals für die Genehmigung zum Schulturnier übte ich Papas schwungvolle Unterschrift bis zum Abwinken. Der Spielerpass war für mich nur noch ein Kinderspiel.
    Da Flakron und ich im gleichen Verein kickten, musste ich höllisch aufpassen, dass ich keinen Einsatz hatte, wenn auch mein Bruder spielte, denn Papa schaute in der Regel bei seinem Jüngsten zu. Meine beiden Brüder waren ja eingeweiht,
wir sprachen uns also täglich ab. Einmal aber passierte es doch: Ich vergaß, Flakron nach seinem Termin fürs nächste Spiel zu fragen, und prompt liefen wir gleichzeitig auf dem Sportgelände auf. Ich auf Platz A, mein kleiner Bruder auf Platz B. Und, Überraschung, Überraschung: Mein Papa tauchte natürlich auch auf – und sah mich. Kein Wunder, ich war ja das einzige Mädel auf dem Platz. Erst erkannte Papa mich nicht und war nur – so hat er

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