Mein total genialer Doppelgaenger
mir zum Lernen zu treffen? Ich brauche Hilfe in Chemie und ich könnte dir mit den kniffligeren Stellen bei Shakespeare helfen.«
Ihr warmes, strahlendes Lächeln hatte eine lähmende Wirkung auf Fishers Gehirnfunktionen.
»Lernen? Lernen …« Was bedeutete dieses Wort doch gleich noch mal? »Klar. Ja. Toll!« Er versuchte, zurückzulächeln, und hatte keine Ahnung, ob es ihm gelang.
»Super!«, sagte sie und ihr Lächeln wurde noch breiter. Fisher hätte schwören können, dass es funkelnde Sonnenstrahlen verströmte. »Vielleicht sogar gleich morgen? So um zwei Uhr nachmittags? Ich weiß, es ist Samstag, aber wenn du noch nichts anderes vorhast …«
»Ja«, sagte er. »Shakespeare wäre super. Samstagslernrunde. Ja. Ich könnte bestimmt deine Hilfe gebrauchen mit den Haxen – äh, Haxa – Hexametern.«
Veronica kicherte. »Super. Also bis dann!« Sie drehte sich um und ging. Fisher stand da und sah ihr hinterher und war fast sicher, dass sie sich, wenn sie das Gartentor erreicht hätte, in eine Nebelschwade oder eine Schar Tauben verwandeln würde.
Er schloss die Tür hinter sich, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und rutschte langsam zu Boden.
In seinem Kopf drehte sich alles. Veronica hatte ihm zuvor niemals auch nur ein Fünkchen Aufmerksamkeit geschenkt und jetzt kam sie sogar zu ihm nach Hause .
Dafür gab es bloß eine Erklärung: Zwo. Er musste der Grund dafür sein, dass sie plötzlich Zeit mit ihm verbringen wollte.
Zwo war selbstbewusst und cool. Er hatte Charme.
Wenn Fisher versuchen würde, mit Veronica zu lernen, würde er bloß wieder anfangen, herumzustammeln und sich zum Horst zu machen. Zwo musste ihn vertreten. Wie sehr Fisher sich auch wünschte, einen Nachmittag mit Veronica Rose zu verbringen, er wusste, dass er es niemals schaffen würde, so zu tun, als sei er sein Doppelgänger. Vielleicht wäre er in ein paar Monaten soweit … vielleicht im ersten Highschooljahr.
Fisher kniff entschlossen die Lippen zusammen. Wenn die Wahrheit jetzt herauskäme, wenn Veronica jemals herausfände, dass dieser neue Fisher bloß ein Schwindel war, dann würde sie ihn sicher nicht mehr mögen.
Er musste Zwo finden und ihn geheim halten, koste es, was es wolle.
FÜNFZEHNTES KAPITEL
Dass Menschen Fehler machen, ist die sicherste Sache der Welt. Außer wenn sie auch das vermasseln.
Harold Grampl, » Randnotizen «
Fisher stieß seine Zimmertür mit so viel Schwung auf, dass ein Ständer voller Reagenzgläser auf dem Regal schepperte. Er hätte vor Schreck beinahe seine Tasche in die Luft geschleudert, als er sah, wer da war: Zwo, der sich immer wieder um die eigene Achse drehte, während FF am Fußgelenk des Klons klammerte.
»Au, au … ah, kannst du mir mal helfen, Fisher?«
»Du!«, rief Fisher. »Seit wann bist du hier?«
»Erst sei… – Au! Lass mich los, du dummes Schwein! – Erst seit einer Weile«, sagte Zwo und versuchte, das Ferkel von seinem Hosenaufschlag abzuschütteln. Doch FF klammerte sich knurrend fest, als ginge es um sein Leben.
»Und wie bist du bitte schön an den Sicherheitsvorkehrungen des Hauses vorbeigekommen?«, fragte Fisher und dachte daran, seine Stimme gerade so weit zu senken, dass seine Eltern nicht denken würden, er brülle sich selber an. Auch wenn er das in gewisser Weise ja tat.
»Ich hab eine Spezialleiter zu deinem Zimmerfenster gebastelt«, erklärte Zwo und sein rhythmisches Stampfen wurde schneller. »Für den Fall, dass wir mal einen schnellen Fluchtweg vor den Wachen brauchen. Sie führt direkt über die Mauer.«
Fisher verschränkte die Arme und ließ FF noch ein Weilchen an Zwos Knöchel herumkauen, bevor er laut mit den Fingern schnippte und auf seine Füße hinunterzeigte. »Komm hierher, Kleiner. Das reicht.«
FF schnaubte enttäuscht, trippelte hinüber zu Fisher und sah Zwo mit einem Gesichtsausdruck an, der für ein Schwein erstaunlich nah an einen stechenden Blick herankam.
»Wir müssen uns unterhalten«, verkündete Fisher.
Zwo ließ sich lässig auf Fishers Schreibtischstuhl fallen und drehte sich einmal schwungvoll um sich selbst, bevor er, wie üblich, seine Füße auf dem Tisch ausstreckte. Zwos arrogante, selbstgefällige Art ging Fisher wirklich auf die Nerven. Diesen Ausdruck auf seinem eigenen Gesicht zu sehen, ließ ihn zusammenzucken. Er hoffte, dass er selbst nie so dreinschaute.
»Weißt du eigentlich, was ich gerade über mich ergehen lassen musste?«, fragte Fisher. Sein Doppelgänger schüttelte den Kopf.
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