Mein Traummann die Zicke und ich
ganze Versteckspiel eine Stunde später wieder von vorn los.«
»Genau.« Sie nickt. »Wahrscheinlich könnte man tagelang hier am Küchentisch sitzen bleiben, ohne sich einen Zentimeter wegzubewegen, und kein Mensch würde sich wundern, denn da sitzen ja sowieso immer alle.«
»Könnte etwas schwierig werden, wenn man mal aufs Klo muss.«
»Stimmt, denn alles, was reinkommt …«
»… muss auch wieder raus«, vervollständige ich ihren Satz, und wir fangen an zu lachen.
Und hören wieder auf.
Das ist schon eine seltsame Angelegenheit. Und ihrem Gesichtsausdruck
nach zu urteilen, denkt sie gerade das Gleiche. Wie seltsam, hier zu sitzen und zu plaudern, als wäre nichts gewesen und man verstünde sich blendend.
»Schon komisch, nicht?«, sagt sie schließlich wie zum Beweis, dass ich ihren Ausdruck richtig gedeutet habe. »Komisch, aber richtig nett«, fügt sie hinzu und reicht mir das Knoblauchbrot. »Wäre es noch komischer, wenn ich dich bitte, mir alles zu erzählen, was seit der Schulzeit passiert ist? Sollie hat uns so wenig von dir erzählt, er hat immer nur total verliebt von dir geschwärmt und immer wieder gesagt, wie hübsch du seist, was für ein lieber, netter Mensch du seist und wie glücklich du ihn machst.« Sie rollt künstlich mit den Augen, um sich liebevoll über ihren Bruder zu mokieren, wie er über meine angeblichen Vorzüge monologisiert. »Das einzig Konkrete, was er erzählt hat, war, dass du deine eigene Kuchenfirma hast und deine Wohnung sich über deinem Laden in Battersea befindet.«
»Dann weißt du ja schon so ziemlich alles, was es zu wissen gibt.«
»Mehr gibt es nicht zu erzählen?«
»Mein Leben hat ziemlich lange nur aus Arbeit bestanden«, sage ich achselzuckend.
»Dann arbeitest du viel?«
»Das kann man wohl sagen.«
»Und amüsierst dich viel?«
»Wie meinst du das?«
»Jungs? Ich meine, außer Sollie?«
»Im Moment?«, sage ich und wundere mich, dass ich schon wieder anfange, mit ihr rumzublödeln.
Sie lacht zum Glück. »Ich meinte eigentlich vor Sollie, aber wenn es jetzt auch noch welche gibt, sind wir natürlich alle neugierig, mehr darüber zu erfahren …«
»Nein, nein, keine Angst. Ich würde Sol niemals betrügen. Es gab natürlich ein paar Männer vor ihm. Alle so mehr oder weniger im Vorbeigehen«, sage ich ironisch, und sie grinst mich zustimmend an. »Es war nur eine ernste Beziehung dabei … und die war leider ein Riesenfehler.«
»Oh, von der Sorte hatten wir alle mal einen, nicht wahr?« Sie rollt erneut mit den Augen.
»Unglücklicherweise ja. Du auch?«
»Aber ja. Der Unterschied bei mir ist nur, dass ich noch immer mit ihm verheiratet bin … Das war ein Wiiiitz!«, sagt sie schnell, als ich sie bestürzt ansehe. »Ich habe eine ganze Reihe von Fehlern gemacht in der Hinsicht, bis ich Jonathan getroffen habe.«
»Hiebe statt Liebe«, wirft Mistral ein, die unsere Unterhaltung offenbar verfolgt hat.
Pippa dreht ihr ein bisschen den Rücken zu, um sie von dem Gespräch auszuschließen, und fragt leise: »Und nachdem ich St. Benedict verlassen habe, was hast du da gemacht?«
Wenn ich von der Frage überrascht bin, versuche ich es mir nicht anmerken zu lassen: »Hab mein Leben wieder in Angriff genommen. Mich auf die Prüfungen konzentriert. Neue Freunde gefunden.«
»Dann hast du mich also gar nicht vermisst?«, flüstert sie übermütig.
Ich weiß echt nicht, was ich damit anfangen soll. Macht sie sich über mich lustig? Aber dann gibt sie sich selbst eine Antwort.
»Wie ein Loch im Kopf, stimmt’s?«
»Und was hast du gemacht?« Ich beschließe, dass die beste Reaktion darauf eine Gegenfrage ist, und außerdem bin ich wirklich neugierig, ich würde gerne wissen, wie es ihr danach ergangen ist. Hat sie auf ihrer nächsten Schule jemand anderen
gequält, oder war das Ende ihrer Schreckensherrschaft auch das Ende ihrer Schulzeit?
»Ich musste runter von St. Benedict, weil meine Mutter wieder umgezogen ist. Zurück nach London. Ich bin dann auf das College in St.-John’s-Wood gekommen. Hab irgendwie meinen Abschluss geschafft, allerdings mit grottigen Noten, was keine große Überraschung ist, wenn man immer nur in der Cafeteria sitzt, Kaffee trinkt und total affige französische Zigaretten raucht. Danach bin ich gereist, habe in Rom Jonathan getroffen, was nicht so romantisch war, wie es klingt, ihn in Venedig geheiratet, was auch nicht so romantisch war, wie es klingt, bin nach Frankreich gezogen, wo ich immer noch in Cafés
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