Mein Traummann die Zicke und ich
in der Küche haben«, antwortet Pippa. »Da kann man mal wieder sehen, was eine halbe Stunde in irgendeiner Kochshow für die Karriere bewirken kann.«
»Dann wollen wir mal hoffen, dass es hier genauso gut schmeckt, wie es aussieht«, sagt Jonathan mit einem Blick auf die große schwarze Tafel an der Wand, die als Speisekarte fungiert.
»Das Essen soll sehr gut sein.«
»Das ist schön, ich hab nämlich …«, setzt Sollie an, hält dann aber inne und runzelt die Stirn. »Warum um alles in der Welt hab ich jetzt schon wieder Hunger? Wenn Essen zur olympischen Disziplin wird, habe ich gute Chancen, mich zu qualifizieren, so viel habe ich in den letzten Tagen gefuttert. Eigentlich hätten wir besser in ein Fitnessstudio gehen sollen, als schon wieder zum Essen!«
Alle lachen, und Pippa lächelt mir zu. Obwohl sie und Fleur nicht blutsverwandt sind, kann ich sehen, dass ihr Lächeln diesmal gleich authentisch ist, und ich entspanne mich augenblicklich so sehr, dass meine Schultern sinken und meine Handtasche davon fast auf den Boden fällt.
Ich ermahne mich, dass es zwischen einem gesunden Selbsterhaltungstrieb und Paranoia nur ein schmaler Grat ist und dass ich aufpassen muss, ihn nicht zu überschreiten. Sei ruhig
wachsam, sage ich mir, aber beäuge nicht alles, was sie tut, mit Argwohn, zumal sie sich solche Mühe gibt, nett zu sein.
Als wir zu unserem Tisch geführt werden, wartet dort eine Flasche Champagner in einem Eiskübel auf uns.
»Champagner?«, fragt Sollie erstaunt.
Philly lächelt. »Ich habe ihn bestellt. Die Verlobung meines kleinen Bruders schreit doch danach, gefeiert zu werden, nicht? Und wie Dad immer sagt: Ohne Champagner kann man nicht feiern. Jonathan, machst du die Flasche auf?«
Jonathan lässt den Korken so fachmännisch knallen wie ein Rennfahrer auf dem Siegerpodest, ohne auch nur einen Tropfen zu verschütten.
»Auf Sollie und Violet, hoch sollen sie leben!«, sagt Pippa und erhebt ihr Glas, während Jonathan uns noch einschenkt.
»Du bist ein glücklicher Mann, Solomon Grainger«, fügt er hinzu und hebt seins.
»Und Violet auch«, ergänzt Pippa mit einem Lächeln in Richtung ihres Bruders.
»Oh, ich kann euch versichern, Violet ist ganz sicher kein Mann«, witzelt Sollie.
»Ganz und gar Frau«, betont Jonathan und zwinkert mir zu.
»Bis auf den Schnurrbart«, kommentiere ich, und wir lachen.
Die Kellnerin, die unsere Bestellung aufnimmt, sieht toll aus. Sie ist jung, blond und schlank mit perfekten Rundungen, ihre Lippen sind rot wie reife Erdbeeren, so verführerisch, dass selbst ich sie am liebsten küssen würde.
Auch Sollie sieht zweimal hin.
Jonathan hat die Nase tief in die Weinkarte gesteckt, während Philly, die die Kellnerin ebenfalls ignoriert, uns erklärt, welch hervorragender Weinkenner er ist. »Wir haben einen
Weinkeller in dem neuen Haus, den er mit seinen Lieblingsweinen füllt. Das ist einer der Vorzüge, wenn man in einer Stadt wie Paris lebt. Man hat Zugriff auf exzellente Weine. Was trinkst du am liebsten, Violet? Rot oder Weiß, oder vielleicht Rosé?«
»Wodka«, sage ich mit einem Grinsen in Sols Richtung, der natürlich weiß, dass ich kein großer Weintrinker bin.
»Oh, von der Rebsorte habe ich noch nie gehört«, nimmt Jonathan den Faden auf. »Ist sie französisch oder kalifornisch?«
»Ehrlich gesagt polnisch. Versteh mich nicht falsch«, sage ich freundlich, »ich trinke gern mal ein Glas Wein, aber ich vertrage ihn nicht besonders gut. Roter geht noch, aber gib mir zwei Gläser Weißwein und ich bin reif fürs Bett.«
Jonathan zieht die Augenbrauen hoch und winkt die Kellnerin heran.
»Wenn das so ist: Zwei Glas Chablis für die junge Dame, bitte«, ergreift er die Gelegenheit für einen Scherz.
»Also wirklich, Jonathan«, blafft Pippa ihn an und nimmt ihm die Weinkarte aus der Hand. »Wir nehmen eine Flasche Barolo und eine von dem Chardonnay Columbard, Jahrgang 2002.« Sie klappt die Weinkarte zu, und ihr düsteres Gesicht verwandelt sich wieder zurück in ein schönes Lächeln. »So, und was wollen wir essen?«
Ich sehe sie überrascht an. Ich glaube, ich habe noch nie jemanden getroffen, dessen Stimmungen so blitzartig umschlagen. Im Bruchteil einer Sekunde ist sie wieder so gutgelaunt und fröhlich wie zuvor und beginnt über die Speisekarte zu reden.
Nachdem wir bestellt haben, wendet sie sich mit einem noch immer engelsgleichen Lächeln an ihren Bruder.
»Habt ihr schon einen Termin für die Hochzeit
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