Mein ungezähmtes Herz
bemerkt, dass der Mann, der euch angeheuert hat, ziemlich braun war. Er ist erst kürzlich aus Indien gekommen. Und er dient einem Herrn, der ebenfalls in Indien war – einem wahren Teufel, der das Land seit langem terrorisiert. Unter anderem, indem er Engländer foltert und tötet, Soldaten und Zivilisten, ja sogar Frauen und Kinder.«
Deliah hielt den Blick des Gefangenen fest.
»Der Grund, warum dieser Unmensch – der auch als die Schwarze Kobra bekannt ist – seine rechte Hand geschickt hat, um euch anzuwerben, ist dieser Colonel hier.« Mit einer Handbewegung deutete sie auf Del.
»Er und drei andere Männer, die noch nach England unterwegs sind, überbringen Beweise, die in die richtigen Hände gelangen müssen, damit unsere Regierung diesem Scheusal das Handwerk legen kann. Das will die Schwarze Kobra natürlich verhindern – die Sekte möchte auch in Zukunft ungestraft unsere Landsleute in Indien abschlachten können. Daher wäre es schön, wenn ihr euren Freunden sagt, dass sie, falls sie sich von einem Mann anwerben lassen, der kürzlich aus Indien gekommen ist, selbst wenn es sich um einen Gentleman handeln sollte, wahrscheinlich als Kanonenfutter für die Schwarze Kobra missbraucht werden, damit das Morden an Engländern weitergehen kann.«
Bei Deliahs Vortrag waren die fünf Männer am Boden recht nervös geworden. Als sie fertig war, wechselte der Mann in der Mitte einen Blick mit seinen Kumpanen, dann schaute er zu ihr auf und nickte.
»Wir sagen es weiter. Die meisten von uns arbeiten nicht gern für Fremde.«
»Sehr schön.«
»Kennt einer von euch Gallagher?«, fragte Tony.
»So gut, dass er ihm etwas ausrichten könnte?«
Die fünf Angesprochenen schauten misstrauisch, doch nach kurzem Überlegen lenkte ihr Anführer ein.
»Schon möglich, dass ich ihn erreiche.«
»Dann bestell ihm schöne Grüße von Torrington, und dass Dearne – Grantham – auch mit von der Partie ist, nur nicht in London. Erzähl ihm alles, was die Lady euch gesagt hat. Dann weiß Gallagher schon Bescheid.«
Das Verhalten der Männer hatte sich deutlich verändert, aus Gegnern schienen beinah Verbündete geworden zu sein. Der Anführer nickte noch entschlossener.
»Mach ich.«
Er versuchte, auf die Füße zu kommen, hielt dann aber inne und sah Del an.
Der Colonel neigte den Kopf.
»Ihr könnt gehen. Und wenn in euren Adern auch nur ein Tropfen englisches Blut fließt, verbreitet ihr die Nachricht.«
Mit einem Kopfnicken rappelten die Männer sich auf, zögerten, verbeugten sich etwas linkisch vor Deliah und machten sich nach Süden davon, in Richtung der nahe liegenden Armenviertel.
»Tja«, sagte Gervase, »das war wenigstens nicht ganz umsonst.« Dann fiel sein Blick auf Deliah und verhärtete sich.
»Obwohl es in Zukunft sicher hilfreich wäre, wenn Sie die körperlichen Auseinandersetzungen uns überließen. Ein Schirm ist keine wirkungsvolle Waffe.«
Blasiert zog Deliah die Brauen hoch, streckte den Schirm vor, den sie nach wie vor in der Hand hielt, und betrachtete ihn stolz.
»Bei diesem Schirm handelt es sich, wie Sie vielleicht wissen sollten, um einen neuen, patentierten Entwurf. Er hat einen stählernen Schaft, eine stählerne Ummantelung, eine stählerne Mechanik und, was noch wichtiger ist, einen stählernen Stachel.« Sie hob den Schirm etwas höher und ließ die Spitze sehen.
»Als unerwartete Waffe in der Hand einer Lady geradezu ideal – und wenn Sie den Mann mit dem rot gefärbten Halstuch vorhin gefragt hätten, hätte er Ihnen bestimmt verraten, dass er es sich in Zukunft zweimal überlegen wird, ob er sich noch einmal von einer stählernen Schirmspitze piksen lässt.«
» Trotzdem «, unterbrach Tony sie, »es geht darum, dass Sie eine Lady sind, wir dagegen sind Männer, und wenn Sie …«
»… dazwischenhauen?«
»Das wollte ich nicht sagen. Wenn Sie sich einmischen«, formulierte er es vorsichtig, »werden wir ernsthaft abgelenkt.«
»Schade für Sie«, konterte Deliah, »aber für mich ist es undenkbar, mich wie ein hilfloses Kind ängstlich hinter Ihnen zu verkriechen, obwohl ich, wie ich soeben bewiesen habe, einen durchaus wirksamen Beitrag leisten kann.« Ihr Blick verfinsterte sich.
»Ich möchte Sie daran erinnern, Gentlemen, dass ich nolens volens ein Teil dieses Unternehmens geworden bin. Und da dem so ist, sollten Sie nicht glauben, dass ich zu den Frauen gehöre, die sich hinter Ihren Rockschößen verstecken und
Ihnen das Kämpfen überlassen, sonst
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