Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Vater der Kater

Mein Vater der Kater

Titel: Mein Vater der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
Vom Netzwerk:
mit und sieh‘s dir wenigstens mal an.«
    Snoo war neugierig und folgte dem Freund. Es war ein weiter Weg – ihnen würde im Lager die Ration entgehen. An diesem Abend wurden Pastinaken ausgeteilt, jedem eine, und schon in wenigen Stunden würde es tote Vagas ohne Pastinake und blutbefleckte mit zweien geben. Aber Jucky und Snoo verzichteten auf ihre Ration und zogen los, um das Haus des Reichen in Augenschein zu nehmen.
    Snoo war enttäuscht. Es handelte sich um ein kleines Holzhaus mit solide vergitterten Fenstern und einem außerhalb des Hauses aufgemauerten Schornstein, aus dem dicker Rauch quoll. Der Gedanke an ein wärmendes Feuer im Inneren erfüllte Snoo mit Traurigkeit und Verlangen, obwohl er so etwas wie einen Kamin noch nie gesehen hatte. Das Haus war in gutem Zustand – der Besitzer mußte zu den Bossen gehören.
    Der elektrische Zaun um das Grundstück war nicht sehr hoch, vielleicht einsachtzig, aber man konnte die kribbelnde Spannung in den kreuz und quer verlaufenden Drähten fast spüren. Es gab einen kleinen Hang, von dem aus sie die Rasenfläche hinter dem Haus gut einsehen konnten (das Gras wuchs nicht sehr üppig, war aber grün), auf der eine kaputte Schaukel stand, die nie wieder repariert werden würde.
    Als sie dort auf ihren Bäuchen lagen und sich das Anwesen genau ansahen, hörten sie – wie konnte es anders sein – gedämpftes Hundegebell. Snoo hatte keinerlei Schwierigkeiten, sich das Tier vorzustellen – die einzigen Hunde, die überlebt hatten, waren klein, rauhhaarig und hatten Zähne wie Tiger.
    »Gehen wir«, sagte Snoo nach einer Weile. »Was bringt uns das hier?«
    »Warte noch«, meinte Jucky. »Du hast noch nicht gesehen, was er da hat.«
    »Es ist mir wurscht, was er da hat.«
    »Warte, bis du es gesehen hast«, sagte Jucky.
    Snoo wußte nicht, was damit gemeint war, bis eine halbe Stunde später eine Tür laut zufiel und ein kleiner, dicker Junge in den Garten gehüpft kam. Er lachte schrill. Er konnte erst sechs oder sieben Jahre alt sein, wog aber mindestens so viel wie Snoo und Jucky. Der Hund tollte mit dem Jungen herum. Es war ein mageres Tier, das nur aus Fell und Zähnen bestand. Wahrscheinlich war er der einzige Spielgefährte, den der Junge hatte, und ging sanft mit ihm um. Aber Jucky und Snoo wußten nur zu gut, daß er sich sofort in eine knurrende, alles zerreißende Todesmaschine verwandeln würde, sobald sie in seine Nähe kämen.
    »Sieh dir den an«, flüsterte Snoo. »Sieh dir bloß mal diesen fetten kleinen Wicht an. Seine Backen! Und diese Beine!«
    »Schuhe«, sagte Jucky. »Hast du bemerkt, daß er sogar Schuhe anhat?«
    Snoo sah seinen Freund an, las in seinem Blick, was ihm vorschwebte, und schüttelte schnell den Kopf. »Nein, Jucky, das geht nicht. Nicht bei dem Zaun und dem Hund. Und sein Alter hat wahrscheinlich auch ein Gewehr.«
    »Natürlich hat er eins«, sagte Jucky. »Das ist ein Reicher, der hat Dollars. Genug davon, um ein Haus zu besitzen, ein Gewehr, einen Hund und einen Garten, in dem sein Kleiner spielen kann. Aber wir werden uns den Kleinen krallen, Snoo.«
    »Und wie?«
    Jucky grinste. »Ich bin schon seit Wochen immer wieder mal hier gewesen und hab mir alles zurechtgelegt.«
    Snoo, pastinakenhungrig, wurde nervös. »Sag mir, was.« »Gut, der Zaun ist abgeschaltet. Der Mann dreht immer den Saft ab, wenn der Junge zum Spielen draußen ist. Das muß er machen, denn sonst könnte der Kleine drangeraten und durchgebraten werden. Ist das nachvollziehbar?«
    Snoo nickte. »Schön, der Zaun ist also abgeschaltet.«
    »Das ist genau der Augenblick, wo wir‘s machen können. Wenn der Junge im Garten, der Hund noch im Haus und der Saft abgedreht ist. Wir klettern über den Zaun, schnappen uns das Kind und machen die Flatter –«
    »Und der Mann? Glaubst du etwa, der hört den Jungen nicht schreien und läßt dann den Hund raus?«
    »Klar hört er was und läßt den Hund raus. Nur wird sich
    der nicht auf mich stürzen, sondern auf dich.«
    »Wie bitte?«
    Jucky grinste wieder. »Du bist außerhalb und ich bin mit dem Jungen innerhalb der Umzäunung. Und du lenkst die Aufmerksamkeit des Hundes auf dich. Du reizt ihn, läßt ihn nach dir schnappen, während ich das Bürschchen über den Zaun bugsiere –«
    »Du bist verrückt, Jucky. Das funktioniert nie.«
    »Es wird«, sagte Jucky verträumt und so, als hätte er das alles schon hundertmal durchexerziert. »Ich schnapp mir den Jungen und zieh ihn über den Zaun, und dann haben wir

Weitere Kostenlose Bücher