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Mein Vater der Kater

Mein Vater der Kater

Titel: Mein Vater der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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Als ich mich um die Mitgliedschaft in diesem Klub bemühte, ließ ich ihn unerwähnt.«
    »Und doch«, meinte Holmes ernst, »schreiben Sie in Ihren Notizen zum ersten toten Kanarienvogel, daß Mrs. Moulton, als sie Sie weckte und auf die Pappschachtel aufmerksam machte, Sie mit ›Lord Pertwee‹ angeredet hat. Wie kommt eine Reinemachfrau zu dem Privileg, Ihren Titel zu kennen, den Sie allen anderen verschwiegen haben?«
    »Ja«, sagte ich vewirrt, »wie hat sie ihn wissen können?«
    »Das kann ich Ihnen sagen«, antwortete Holmes, wobei er seinen Mantel auszog und über die Lehne eines Stuhls warf. »Weil Mrs. Moulton Ihren Familiennamen wiedererkannt und dieses Wiedererkennen einen Anfall heftiger Leidenschaft ausgelöst hat, der Sie fast das Leben gekostet hätte.«
    »Wie das?« stieß ich hervor. »Was hat sie gegen mich?«
    »Darüber konnten wir nur spekulieren. Bis heute morgen, da haben wir Mrs. Moultons Kellerwohnung einen Besuch abgestattet. Als wir das handgeschriebene Schild draußen an der Tür sahen, wußten wir sofort, daß wir Ihren mörderischen Witzbold gefunden hatten. Auf dem Schild steht nämlich: ›Ausbildung von Kanarienvögeln‹«
    »Ausbildung? Wozu werden die Vögel denn ausgebildet?«
    »Zum Singen natürlich. Wir kannten auch ihre Methode, sobald uns Mrs. Moulton geöffnet hatte. Ihr Wohnzimmer war mit unzähligen Käfigen vollgestellt, in denen mindestens hundert gelbe Vögel saßen, die sich gegenseitig beibrachten, ihren – in meinen Ohren – mißtönenden Gesang vorzutragen. Es wurde augenfällig, daß die kleinen Teufel der lieben Mrs. Moulton über alles gehen. Natürlich sind gelegentlich auch welche von den Tierchen eingegangen. In einem solchen Falle hat sie den winzigen kleinen Kadaver sorgfältig aufgehoben. Als Instrument der Rache an dem einzigen noch lebenden Angehörigen der Familie Pertwee.«
    »Aber was haben die Pertwees ihr getan?«
    »Das Unrecht ist den Kanarienvögeln zugerügt worden«, antwortete Sherlock Holmes. »Den Hunderten von Vögeln, die Ihre Vorväter in die Kohlengruben hinuntergeschickt haben, um festzustellen, ob dort das vorhanden war, was damals ›Kohlenfeuchte‹ genannt wurde und wir heute als Methangas kennen.«
    »Du lieber Himmel!« rief ich aus. »Aber von dergleichen habe ich ja noch nie gehört. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie in einer Kohlengrube gewesen.«
    »Wissen Sie, den Vögeln sollte dabei eigentlich auch gar kein Unheil geschehen. Im allgemeinen war es den Bergleuten schon Warnung genug, wenn die Piepmätze zu singen aufhörten. Und wenn sie mal ohnmächtig wurden, dann versuchten die Leute, sie wiederzubeleben. Gleichwohl kann ich mir vorstellen, daß doch eine große Zahl umgekommen ist, wenn dieses geruchlose, unsichtbare und tödliche Gas in den Stollen eindrang. Deshalb brannte Mrs. Moulton auf Rache, und als sie uns gegenüber andeutete, im Klub werde es nicht nur tote Kanarienvögel geben, da bin ich hergeeilt, um den Plan der Frau zu vereiteln.«
    Ich starrte ihn an, sprachlos vor ehrfürchtiger Bewunderung. Ein paar Augenblicke später kam Dr. Watson schnaufend zu uns hereingestürmt und berichtete, daß Mrs. Moulton bei der Polizei ein volles Geständnis abgelegt habe. Er bestand darauf, mir den Puls zu fühlen, um sicherzugehen, daß mir nichts fehlte. Bevor ich noch ein Wort des Dankes stammeln konnte, hatte Holmes schon seinen Mantel aufgerafft und den Klubraum verlassen. Watson steckte schnell sein Stethoskop weg und eilte ihm nach. Ich konnte ihm das nicht mehr verübeln. Mir wurde bewußt, daß Sherlock Holmes ein Mann war, dem überall hin zu folgen auch ich bereit gewesen wäre.

Die Anzeige
    D as war wirklich ‚ne verrückte Sache«, sagte die Frau auf der Trage. »Da saßen mein Mann Milton und ich heute morgen so gegen zehn beim Frühstück, weil Milton am Samstag immer gern ausschläft. Und wie immer war er halb Manne, halb Zeitung. Fast die ganze Zeit konnte ich sein häßliches Gesicht nicht sehen. Dann, mit einem Mal, geht er hoch wie ‚ne Bombe. Springt auf, reißt ein Stück aus der Zeitung und steckt‘s in die Tasche. Dann rennt er raus in die Flurgarderobe, schnappt sich Hut und Mantel und schießt aus dem Haus wie ‚ne Rakete. Nicht ein Wort, verstehen Sie. Nicht ein einziges Wort von wegen wohin oder was. Das nächste, was ich weiß, ist, daß es halb zwölf ist und ich die Wohnungstür aufgehen höre. ›Milton?‹ sag ich und geh in den Flur raus. Und da ist er auch, und was meinen

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