Mein Vater der Kater
Grund vorzuenthalten. Wie ich das mit dir und Vicky herausgefunden habe.«
»Das mit mir und Vicky? Bist du verrückt geworden? Ich habe euch beide seit Jahren nicht mehr gesehen. Nein, halt, warte. Ich habe Vicky im letzten Jahr bei unserer Wohltätigkeitsveranstaltung getroffen, aber wir haben kaum zwei Sätze miteinander gesprochen –«
»Es bedurfte nur eines Satzes, Eines Satzes von Vicky, der mir die ganze Geschichte verraten hat.« Die Mündungen wurden gesenkt, aber John blieb wie erstarrt in seinem Lehnstuhl sitzen, denn er wußte, wie schnell sie wieder gehoben werden konnten. »Es ist geschehen, als sie in ihrem Krankenhausbett lag. Sie hatte Schmerzen, große Schmerzen, und deshalb gaben sie ihr was. Ich glaube, Morphium. Sie war nur halb da, aber sie redete und redete. Du weißt ja, wie Vicky reden konnte. Das meiste von dem, was sie sagte, konnte ich nicht verstehen, aber dann öffnete sie plötzlich die Augen, öffnete sie ganz weit, zum ersten Mal seit Tagen, und sie sah mich an und sagte, sagte ganz klar und deutlich...« Er brach ab, schluckte schwer.
»Sprich weiter, verdammt. Was hat sie gesagt?«
»Sie sagte: ›Bitte sag John, daß ich ihnnoch immer liebe.‹«
John Greeley spürte, wie die Farbe aus seinem Gesicht und Hals, vielleicht sogar aus seinem ganzen Körper wich.
»Das kann sie unmöglich gesagt haben, Stan!« Er versuchte, das Beben in seiner Stimme unter Kontrolle zu bringen, aber es gelang ihm nicht. »Du mußt dich verhört haben. Du hast mir eben gesagt, daß sie unter Drogen stand –«
»Sie hat unter Drogen gestanden und deshalb die Wahrheit gesagt«, unterbrach ihn Stan. »Man konnte es in ihren Augen sehen. Ich sollte es vor ihrem Tod erfahren. Sie wollte, daß du es erfährst.«
»Stan, ich schwöre dir –«
»Ich habe immer gewußt, daß sie dich mochte. Schon im College, aber du hattest ja nur Augen für diese niedlichen kleinen Cheerleader. Dann hat dich die, die du geheiratet hast, sitzenlassen, und du hast Vicky wiedergefunden. Oder vielleicht war es auch andersrum.«
John stand auf, und die Läufe der Flinte folgten seiner Bewegung, so daß er wieder erstarrte.
»Du und Vicky, ihr hattet was miteinander«, sagte Stan. »Immer, wenn ich unterwegs war. Es ist schlimm genug, daß du mit ihr geschlafen hast, aber das könnte ich dir zur Not noch verzeihen. Zur Not! Aber nicht, daß sie dich mehr geliebt hat als mich. Du hast alles genommen, was sie zu geben vermochte, John. Alles, was mir etwas bedeutet hat. Deshalb muß ich dich töten.«
Er spannte die Hähne.
»Warte!« rief John. »Du verurteilst mich ohne jeden Beweis!«
»Beweis? Ich habe den Beweis schon erhalten.«
»Nein. Du hast nur die Worte einer sterbenden Frau, die nicht mehr gewußt hat, was sie sagte. Ich schwöre, daß es nicht stimmt, Stan. Ich schwöre es.«
Stans Augen zuckten kurz, aber die Flinte hielt er weiter ganz ruhig. »Du hast Angst«, sagte er ausdruckslos. »Du lügst, weil du Angst hast. Ich verstehe das.« Die Mündungen der Läufe bewegten sich ein kleines Stückchen, und Stans Gesichtsausdruck veränderte sich leicht. »Vielleicht könnte ich es sogar beweisen.«
»Beweisen? Wie denn?«
»Diese Firma, für die ich arbeite, die, die mich immer auf Reisen schickt, die haben eine Produktschiene namens Veritron. Computerisierte Polygraphen. Auf dem neuesten Stand der Technik, das ist es, was wir den potentiellen Käufern sagen.«
»Polygraphen? Du meinst Lügendetektoren?«
»Sie behaupten, die seien so zuverlässig, daß jetzt vielleicht auch in den Bundesstaaten, die die Ergebnisse der Tests mit Lügendetektoren noch nicht als Beweismaterial anerkennen, die Gesetze geändert werden... Hast du schon mal so einen Test gemacht, John?«
»Nein. Möchtest du es?«
»Ich kann mit dir auf der Stelle einen durchführen. Ich habe einen Veritron da, und ich weiß auch, wie es gemacht wird. Die Firma hat es mir beigebracht, bringt es allen bei, die hinaus in die Schlacht ziehen. Bist du bereit dazu, John?«
John versuchte, schnell und positiv zu antworten, weil er kein Zögern erkennen lassen wollte, aber seine Stimmbänder verspannten sich, und er vermochte keinen Ton herauszubringen.
»Wenn du dich keinem unterwirfst«, sagte Stan milde, »erschieße ich dich gleich. Da bleibt dir wohl nicht viel anderes übrig, nicht wahr?«
»Also gut«, sagte John, »führ den verdammten Test mit mir durch.«
Zehn Minuten später saß er am Eßtisch in der Frühstücksnische. Der
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