Und eines Tages war Filene klar, daß sie diese Putzfrau ebenso wie Sheba nie wiedersehen würde.
Als Marsha Kell hörte, was die junge Frau zu sagen hatte, schlug sie die tonbeschmierten Hände zusammen und sagte: »Also, um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich brauche jemanden, der mir hier im Atelier hilft, aber es wäre denkbar, daß Sie die Arbeit denn doch ein wenig zu... nun ja, ein wenig zu körperlich rinden. Ich arbeite gerade an ein paar schweren Stücken –«
»Ja, ich weiß«, unterbrach Paula sie, »ich habe einige Arbeiten von Ihnen im Museum für moderne...« Ihre Blicke waren wie Suchscheinwerfer, als sie jetzt über die Büsten, die lässig zurückgelehnten Frauen aus Stein, die Terrakottafische im tönernen Wasser, die Tonvögel im Flug hinglitten. Sie warf der Bildhauerin ihren wehmütig drängenden Blick zu und sagte: »Ich werde schwer für Sie arbeiten, Mrs. Kell. Ich verspreche Ihnen, daß ich sehr, sehr hart arbeiten werde... «
Lebensentscheidungen
E r verschloß die Ohren vor dem scharfen Zischen des Modems. Als die Verbindung hergestellt war, öffnete er sofort seine Mailbox, aber CandyStripe war nicht aufgeführt. Mark Porter runzelte die Stirn. Warum hatte sie nicht geantwortet? Wußte sie etwa von Heidi? In seiner Kurzbiografie stand nichts, was darauf hätte schließen lassen können, daß er verheiratet war.
Da war jedoch noch ein anderes E-Mail.
Betr.: Nominierung
Datum: Freitag, 1, März, 12:06 Uhr EDT
Von:
[email protected] An:
[email protected] Sie sind als Kandidat für das Ewige Leben nominiert worden.
»Na so was«, sagte Mark laut. Was heißen sollte, daß er aus einer Adressenliste, die die entsprechenden Angaben enthielt, herausgefischt worden war. Er zuckte die Achseln und las den Brief auf dem Monitor weiter.
Das Verfahren ist für Sie kostenlos und erfordert nur vier oder fünf Behandlungen, die alle völlig schmerzlos sind.
Das Wort Behandlung wirkte provozierend.
Bitte lesen Sie die kurze, allgemein verständlich gehaltene Erläuterung zur Bewerbung um ein Ewiges Leben. BITTE VERSUCHEN SIE NICHT, DIESES DOKUMENT AUSZUDRUCKEN. Es ist durch einen Code gesichert, um eine weite Verbreitung des Programms zu verhindern. Diese Nachricht löscht sich selbst, sobald Sie das beigefügte Formular ausgefüllt haben.
Marks erster Gedanke war, DRUCKEN anzuklicken, um zu sehen, ob die Behauptung stimmte, aber dann beschloß er, doch lieber den nächsten Absatz zu lesen.
Die Bezeichnung ›Ewiges Leben ist ein wenig irreführend, weil es keine wissenschaftliche Möglichkeit gibt, die physische Zerstörung lebenswichtiger Organe in Folge eines Unfalls oder einer Verletzung zu verhindern. Der Begriff ist eher auf die menschlichen Zellen anwendbar, die der Ewige-Leben-Prozeß dank einer neuen Gentherapie unzerstörbar macht, welche eine Gruppe von Biochemikern, die als ›Projektgruppe Zellen‹ bekannt geworden ist, entwickelt hat. Die Methode beinhaltet auch eine erzwungene Evolution des Teleomer genannten Mechanismus, eine sich wiederholende DNA-Sequenz, die sich am Ende der Chromosomen findet. Dieses Endstück (gelegentlich mit dem Ende eines Schnürsenkels verglichen) verkürzt sich, wenn sich eine Zelle teilt und sich die DNA reproduziert. Am Ende altert die Zelle und beginnt zu versagen. Die ›Projektgruppe‹ hat nun ein chemisches Verfahren entdeckt, das die Länge des Teleomers ständig beeinflußt, wodurch sich die Lebenserwartung verändert.
Unzerstörbare Zellen? Da versuchte doch jemand, ihn auf den kybernetischen Arm zu nehmen.
Dieses Programm ist nur Personen zugänglich, die bestimmten Normen und Anforderungen genügen. Der Bevölkerung allgemein, die die Ressourcen unseres Planeten bereits überstark beansprucht, kann eine längere Lebensdauer nicht offeriert werden. (Die zusätzliche Lebenszeit, die zu externen Schäden führt, beträgt im allgemeinen zwischen siebzig und einhundert Jahren, in welchem Zeitraum sich kaum Alterungserscheinungen zeigen. In einigen Fällen kann die angegebene Zeitspanne auch erheblich länger sein.) Die ›Projektgruppe‹ hat sich deshalb für ein Auswahlverfahren entschieden, bei dem jeder qualifizierte Kandidat das Privileg zugesprochen bekommt, seinerseits einen weiteren Kandidaten zu benennen. Diese ›Erwählten‹ müssen ebenfalls anonym bleiben.
Also war er von jemandem vorgeschlagen worden. Von Candy Stripe? Nichts in ihrem hocherotischen E-Mail deutete auf die Fähigkeit hin, anderen einen Streich zu spielen.